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Die Schlucht

Titel: Die Schlucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Forbes
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kämpft jeder gegen jeden.« Sie hielt inne und sah Tweed herausfordernd an. »Und das liegt einzig und allein an unserem Vater. Er ist launisch, herrisch und ungerecht. Einmal hat er sogar gesagt, dass er wünschte, wir wären nie geboren worden …«
    »Du übertreibst«, protestierte Sable.
    »Ich war noch nicht fertig!«, herrschte Margot sie an. »Gewissen Personen gegenüber ist er dann wieder unglaublich großzügig.« Sie sah auf die teure Diamantbrosche, die Sable an ihrer Bluse trug, und warf ihrer Schwester einen verächtlichen Blick zu.
    »Ich würde trotzdem sagen, dass wir eine ganz normale Familie sind«, beharrte Sable auf ihrem Standpunkt. »Auch wenn wir uns manchmal in den Haaren liegen.«
    »Was redest du bloß für einen Bockmist!«, platzte Margot heraus.
    »Könntest du dich vielleicht etwas mäßigen?«, zischte Sable. »Unsere Gäste sind mit Sicherheit einen gepflegteren Umgangston gewohnt.«
    »Ist ja schon gut!«, schrie Margot, beruhigte sich dann aber wieder. »Es tut mir leid, wenn ich in meiner Wortwahl etwas unflätig war«, sagte sie und fügte mit einem Seitenblick auf Sable noch an: »Aber Gott sei Dank habe ich ja meine jüngere Schwester, die mich immer wieder zur Ordnung ruft.«
    »Ich bin ein Jahr jünger als Margot«, erklärte Sable.
    »Und wie denken Sie über Ihren Bruder Lance?«, fragte Tweed.
    »Der ist eine einzige Landplage«, erklärte Sable seufzend.
    »Was redest du da?«, fuhr Margot ihr heftig in die Parade. »Lance ist vielleicht ein wenig extrovertiert, was aber kein Wunder ist, schließlich ist er mit lauter größeren Schwestern aufgewachsen.«
    »Fährt er eigentlich oft nach London?«, fragte Tweed unvermittelt. Er wollte den Schwestern keine Zeit geben, über ihre Antworten nachzudenken.
    »Häufig«, antwortete Margot.
    »Und wenn er hier ist, benimmt er sich völlig verantwortungslos«, bemerkte Sable ungehalten.
    »Stimmt es, dass er den Titel Ihres Vaters nicht haben will?«, fragte Tweed.
    »Das posaunt er bloß hier in der Familie herum«, antwortete Sable. »Aber im Dorf, in Gunners Gorge und in der gesamten Gegend lässt er davon kein Sterbenswörtchen verlauten.«
    »Um warum macht er das?«, fragte Tweed.
    »Weil die Mädchen, die er so gern abschleppt, sonst nicht mehr auf ihn stehen würden.« Margot grinste und warf ihrer Schwester einen bösartigen Blick zu.
    »Diese Landpomeranzen kriegen sich nicht mehr ein, wenn sie eine oder zwei Nächte mit dem künftigen Lord Bullerton verbringen dürfen.«
    »Was sind das denn für Mädchen?«, hakte Tweed nach.
    »Sie meint die Töchter des hiesigen Landadels. Mit einigen bin ich befreundet. Deshalb weiß ich auch, was hier los ist und was so geredet wird. Im Gegensatz zu Margot, die zu den Partys hier nie eingeladen wird«, antwortete Sable rasch.
    »Ich will diese dummen Puten gar nicht kennen«, bemerkte Margot hitzig. »Die haben doch bloß Pferde und Ländereien im Kopf.«
    »Dann passt ja alles«, sagte Sable und spitzte die Lippen. »Du willst sie nicht kennen, und sie würden nicht einmal im Traum daran denken, dich einzuladen.«
    »Wissen Sie, woher Mrs Shipton stammt?«, wechselte Tweed plötzlich das Thema. Das war eine alte Taktik von ihm, die Paula nur zu gut kannte.
    »Mrs Shipton?«, fragte Sable.
    »Ja, Mrs Shipton«, wiederholte Tweed. »Ich denke, ich habe meine Frage klar und deutlich formuliert.« Er wandte sich an Margot, die nickte, bevor sie antwortete.
    »Wir wissen es nicht. Sie war plötzlich da, als Vater jemanden brauchte, der sich um den Haushalt kümmert.«
    »Für ein irrsinnig hohes Gehalt«, ergänzte Sable missbilligend. »Dafür hätte er ein halbes Dutzend andere Haushälterinnen anstellen können. Aber jetzt muss ich Sie bitten, mich allein zu lassen, ich habe noch furchtbar viel zu tun.«
    »Wir wollten sowieso gerade gehen«, erklärte Tweed und erhob sich. »Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für meine Fragen genommen haben, Sie haben mir sehr geholfen. Paula und ich fahren morgen nach London und kommen erst in ein paar Tagen wieder zurück.«
    Als Margot ebenfalls aufstand, um sie zur Tür zu begleiten, stellte Tweed seine letzte Frage. »Ist Ihr Vater oft in London?«
    »Sehr oft«, sagte Margot, bevor Sable auch nur antworten konnte. »Er sagt dann immer, dass er dort geschäftlich zu tun hat.« Sie grinste anzüglich. »Ich habe ihn dort mal überrascht und dabei sein sogenanntes ›Geschäft‹ gesehen. Es war eine ausgesprochen attraktive Dame in einem

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