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Die Schmetterlingsinsel

Die Schmetterlingsinsel

Titel: Die Schmetterlingsinsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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gewidmet, weil sie wusste, dass sie zu der Lektüre von Cahills Aufzeichnungen Ruhe brauchte – und Jonathans Nähe.
    Das schmale schwarze Büchlein verströmte schon beim Betrachten eine bösartige Aura. Diana wollte nicht wissen, was das für Flecken waren, die auf der Hülle eingetrocknet waren und sie dabei ein wenig verzogen hatten.
    Als sie die Hand darauf legte, bereit, es aufzuschlagen, erschien ihr das Zimmer auf einmal ungemütlich – und das, obwohl Jonathan nahe bei ihr war und beruhigend über ihren Rücken strich.
    Mit einem Knoten im Magen strich sie über das Büchlein. Enthielt es womöglich die letzten Puzzleteile? Den Grund, warum Vikrama niemals zu Grace reisen konnte? Warum ihr Vater sie aus der Familienbibel gelöscht hatte? »Ob ich es wirklich lesen soll?«
    »Wenn du keine Angst vor dem Bericht eines Irren hast?«
    »Wer weiß, was er da niedergeschrieben hat.«
    »Das wirst du nur erfahren, wenn du es liest.« Jonathan legte einen Arm um ihre Taille, den anderen um ihre Schultern, dann legte er seine Wange an ihren Hals. »Ich bin bei dir, für den Fall, dass es zu schlimm wird. Die Gedanken eines Verrückten können manchmal wie ein Strudel sein, der einen mitreißt.«
    »Genau das befürchte ich«, entgegnete Diana. »Glaubst du wirklich, er hat es nicht gelesen?«
    »Wozu hätte er lügen sollen? Manche Leute sind eben nicht scharf darauf, die dunklen Geheimnisse der Vergangenheit zu lüften. Besonders, wenn es ein Geheimnis wie das ist, das ich vermute.«
    Seufzend betrachtete Diana das Büchlein, dann gab sie sich einen Ruck und schlug es auf.

Die bemerkenswerte
Geschichte des John Cahill,
Vannattuppucci, 1887
    Die Ankunft des neuen Herrn auf Vannattupp u cci hatte Lucy Cahill in helle Aufregung versetzt. Als würde Queen Victoria persönlich erscheinen, spottete ihre älteste Tochter Megan gegenüber ihren jüngeren Geschwistern, in der Hoffnung, dass ihre Mutter es nicht mitbekam. Lucy bekam es mit, sah aber darüber hinweg. Die Ankunft einer neuen Herrin würde ihr ganz neue Möglichkeiten eröffnen.
    »Ich habe gehört, dass die Tremaynes zwei ganz reizende Töchter haben. Sorgst du dafür, dass ich sie irgendwann einmal kennenlerne?«, bat sie ihren Mann. Vielleicht gelang es ihr, Megan in den Freundeskreis der beiden Mädchen zu schleusen. Dann würden ihre Aussichten, einen gutsituierten Ehemann zu finden, bedeutend ansteigen.
    »Irgendwann sicher«, brummte Cahill vor sich hin, während sein Blick auf die Zeitung gerichtet blieb und die Kaffeetasse in seiner Hand über der Tischplatte schwebte.
    Kein Artikel war es, der ihn fesselte. Wie so oft in den vergangenen Wochen hatte er sich hinter seiner Zeitung in Gedanken verloren. Was sollte er Henry Tremayne sagen? Der Tod seines Bruders musste ihn furchtbar erschüttert haben. Bestand vielleicht die Aussicht, dass er die Plantage verkaufte? Oder dass er deren Verwaltung wohlwollend in seine Hände legte?
    »Irgendwann?«, schnitt Lucys Stimme durch seine Ge­danken. »Sorgst du dich denn nicht um die Zukunft unserer Kinder?«
    »Ich wüsste nicht, dass die Zukunft unserer Kinder von den Tremaynes abhängt.«
    »Und ob sie das tut!«, beharrte seine Frau. »Wenn du es richtig anstellen würdest, könnten Megan und Sophia in bessere Kreise aufsteigen.«
    Da sich der Streit wie ein Monsungewitter anschlich und sich ebenso heftig entladen konnte, hielt es Cahill für besser, die Zeitung wegzulegen und die Kaffeetasse, deren Inhalt längst erkaltet war, abzustellen.
    »Liebes«, sagte er, denn er wusste, dass es nichts brachte, sich gegen seine Frau querzustellen. Außerdem hatte er keine Lust, innerlich aufgewühlt nach Colombo zu fahren, um die Herrschaften zu begrüßen. »Wenn sich eine Möglichkeit ergibt, werde ich natürlich dafür sorgen, dass ihr den Tre­maynes vorgestellt werdet. Doch wäre es nicht erst einmal besser, wenn ich mir diese Leute anschaue? Wenn sie nett und umgänglich sind, und damit meine ich auch die Töchter, werden wir unsere Kinder schon mit ihnen bekannt machen können.«
    Lucy presste die Lippen zusammen und nickte. Zufrieden war sie mit seiner Antwort nicht, aber sie wusste, dass es keinen Zweck hatte, etwas übers Knie zu brechen. Dafür war Cahill nicht der richtige Mann.
    Auf dem Weg nach Colombo fragte sich Cahill immer wieder, wie viel von den Geheimnissen seines früheren Herrn er preisgeben sollte. Die ganze Wahrheit würde wohl kaum von Bedeutung sein, da er der Einzige war, der sie

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