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Die Schmetterlingsinsel

Die Schmetterlingsinsel

Titel: Die Schmetterlingsinsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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unter den Schläuchen für Luft und künstliche Ernährung kaum auszumachen, ihre Augen waren in die Höhlen zurückgefallen, und ihre Brust hob und senkte sich mechanisch unter den Stößen der Beatmungsmaschine. In diesem Augenblick tat sie ihr so furchtbar leid, dass sie gar nicht anders konnte als weinen. Ein furchtbarer Krampf zog durch ihre Brust; nicht einmal bei der Entdeckung von Phi­lipps Untreue hatte sie einen derartigen Schmerz empfunden.
    Sie ließ sich auf den kleinen Hocker neben dem Bett sinken und weinte für einige Augenblicke still vor sich hin. Glücklicherweise ließ sich niemand blicken, der fragte, was los sei, oder ihr Hilfe anbot. In diesem Augenblick konnte ihr niemand helfen.
    Als nach einer Viertelstunde die Tränen wieder verebbten, stellte sie sich neben das Bett und strich Emmely übers Haar. Noch immer schluchzte sie hin und wieder, doch auf einmal war es ihr, als würde ihre Tante neben ihr stehen und ihr tröstend die Hand auf den Arm legen.
    Ach Kindchen, für jeden kommt früher oder später der Abschied … Wieder hatte sie die Hoffnung in Emmelys Augen vor sich, als sie davon sprach, vielleicht ihre Ahnen im Jenseits wiederzutreffen. Und sie dachte an die Berichte von komatösen Patienten, die glaubten, die Stimmen ihrer Angehörigen vernommen zu haben, während sie reglos dalagen.
    »Ich habe das Telegramm gefunden«, sagte sie leise, als sie ihre Scheu überwunden hatte, zu einer Bewusstlosen zu sprechen. »Ich weiß nicht genau, ob du es in den Dickens getan hast, aber wenn, dann danke ich dir.« Es verwirrte sie zwar ein wenig, aber Diana war davon überzeugt, dass dieses Stück ­Papier, das sie Emmely nun leider nicht zeigen konnte, Teil des Geheimnisses war.
    »Und ich habe auch die Geheimtür gefunden. Abgeschlossen, wie du es gesagt hast. Aber noch heute werde ich den Schlüsseldienst rufen. Ich verspreche dir, ich finde es.«
    Als sie Schritte hörte, blickte sie ertappt auf. Eine Schwester in Vollmontur bog um die Ecke. Hatte sie ihre Worte gehört und hielt sie nun für verrückt? Wenn ja, ließ sie sich das nicht anmerken.
    »Sie wissen, dass Sie nur eine halbe Stunde hier sein dürfen, nicht wahr?«, fragte sie, worauf Diana nickte.
    »Ja, ich wollte ohnehin gleich wieder gehen.«
    Den Zusatz, dass sie morgen wiederkommen würde, ersparte sie sich diesmal. Sie wollte nichts heraufbeschwören und schon gar nicht wieder am Tresen gestoppt werden, weil dort ein Arzt auf sie wartete.
    Sie verabschiedete sich von Emmely, indem sie ihr durch den Mundschutz einen Kuss auf die Stirn gab, dann verließ sie das Krankenzimmer und riss sich die Schutzkleidung vom Leib.
    Noch bevor sie im Foyer angekommen war, summte ihr Handy. Eigentlich hätte sie es abstellen sollen, doch das Pflichtbewusstsein gegenüber ihrer Kanzlei hatte sie davon ­abgehalten. Während sie es aus der Tasche kramte, um die eingegangene Nachricht zu lesen, schoss ihr die Frage durch den Kopf, wie lange sie hier eigentlich bleiben wollte. Eva hatte sie mitgeteilt, nur zwei, drei Tage wegzubleiben, doch Emmelys Zustand, die Nachforschungen und die Tatsache, dass jemand da sein musste, wenn es zum Schlimmsten kam, ließen sie allmählich bezweifeln, bald wieder nach Berlin zurückzukehren.
    Würde sie sich eine so lange Abwesenheit leisten können? Sicher, ihr Team war äußerst zuverlässig und Eva eine sehr gute Anwältin, doch hin und wieder wollten Mandanten mit ihr persönlich sprechen …
    Der gehetzte Blick aufs Handy zeigte ihr eine Nachricht von Phi­lipp.
    Habe dich im Haus nicht vorgefunden. Melde dich doch bitte bei mir und gib durch, wo du bist. Wir müssen reden. Philipp
    Reden, dachte Diana bitter, als sie die Nachricht ohne Zögern löschte. Worüber denn reden? Über deinen Betrug? Oder dass es dir leidtut? Nein, mein Lieber, du kannst noch ein Weilchen schmoren.
    Philipps Nachricht verhalf ihr immerhin zu einer Entscheidung. Wenn sie zurück in Tremayne House war, würde sie Eva eine Mail schicken, dass sie für zwei Wochen erst mal nicht mit ihr rechnen und ihr alle wichtigen Dinge per Mail weiterleiten sollte.
    Wie bereits am Tag zuvor wartete auch diesmal Mr Green im Foyer des Krankenhauses auf sie. Er unterhielt sich gerade mit einem älteren Mann, unter seinem Arm klemmte ein kleines Päckchen.
    Warum hat er es nicht im Auto gelassen?, fragte sich ­Diana, während sie ihm kurz zuwinkte und dann durch die Glastür trat.
    »Wie geht es Mrs Woodhouse?«, fragte er, nachdem er sich von

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