Die Schöne des Herrn (German Edition)
Gottlose nicht mehr‹. Sprüche, Kapitel zehn, Vers fünfundzwanzig. Kurz, du siehst, dass man den Juden nie trauen soll.«
»Aber die Apostel waren immerhin auch Juden. Und auch …«
»Ja, aber das ist lange her«, fiel ihm Frau Deume ins Wort. »Übrigens solltest du in deine Kartei mit den praktischen Ratschlägen den Hinweis aufnehmen, den mir die liebe Emmeline Ventradour neulich gegeben hat. Mit meinen ständigen Kopfschmerzen könnte ich es vergessen. (Neugierig geworden, beugte Herr Deume sich mit gezücktem Bleistift über seinen Notizblock.) Bevor man Feinwäsche wie Untertaillen mit Spitzenbesatz oder Zierdeckchen oder Batisttaschentücher oder empfindliche Schals in die Waschmaschine tut, soll man sie in einen Kopfkissenbezug stecken, um sie vor den Bewegungen der Trommel zu schützen. Nett von ihr, nicht wahr? Schließlich war sie nicht gezwungen, mir ihr Geheimnis zu verraten. Zum Dank habe ich ihr meins gegeben, für die an den Knien abgewetzten wollenen Unterhosen, die ich im Winter trage.«
»Das Geheimnis kenne ich noch gar nicht!«, rief Herr Deume, stets auf neue Ratschläge erpicht.
»Also, aus dem oberen Teil, der noch in tadellosem Zustand ist, mache ich mir kurze Unterhosen für die Zwischensaison, Frühling oder Herbst, und dann ziehe ich die abgewetzten Kniepartien auf und wickle daraus ein Knäuel für eine meiner Armen, aber natürlich behalte ich den ganzen unteren Teil der Unterhose, der ja auch noch in gutem Zustand ist, stricke oben einen Rand dran und unten einen Fuß aus einer farblich ähnlichen Wolle, und das gibt dann Socken für dich. Du hast schon drei Paar davon.«
»Das wusste ich gar nicht«, sagte Herr Deume entzückt.
Er wollte diese beiden neuen Verfahrensweisen gerade aufschreiben, als Ariane mit einem strahlenden Lächeln eintrat, das Frau Deume beunruhigte und ihren Mann erfreute.
»Guten Tag, Madame, guten Tag, Papeli. Ich hoffe, Sie haben gut geschlafen, Madame.«
»Mittelmäßig«, antwortete Frau Deume kühl.
»Ich auch mittelmäßig«, sagte der kleine Höfling, bestrebt, auf der Seite der Macht zu sein.
»Ich habe mich gestern Abend nicht wohl gefühlt«, sagte Ariane. »Und um meine Migräne zu beruhigen, habe ich ein bisschen Musik gemacht, ich fürchte, das könnte Sie gestört haben, Madame. Ich entschuldige mich dafür.«
»Jede Sünde findet ihre Vergebung«, sagte Frau Deume unbeeindruckt.
Darauf erzählte Ariane, sie sei früh aufgestanden und habe Martha ein wenig in der Küche geholfen. Sie würde es auch morgen tun, was Martha Zeit ließe, alle Anzüge Adriens auszubürsten. Sie entschuldigte sich, schon wieder gehen zu müssen, aber sie wolle noch einen
cake
für Adrien backen, dessen Rezept sie in einer religiösen Zeitung gefunden habe und das folglich sehr gut sein müsse. Sie entfernte sich mit dem gleichen Lächeln, mit dem sie gekommen war, und Frau Deume hüstelte und betastete schweigend ihre Fleischkugel.
***
Eine Stunde später war die junge Mustergattin in den Salon zurückgekehrt und nähte in Gesellschaft der Deumes, die ihre nach Posten geordneten Haushaltskonten nachrechneten, wobei Madame ihrer Schwiegertochter von Zeit zu Zeit einen scharfen Blick zuwarf.
»Ariane, was sagen Sie denn nun zu dieser Sache von gestern Abend, ich meine, dass dieser Herr nicht gekommen ist, wie sollen wir das auffassen?«, fragte Herr Deume, während seine Gattin ein undurchdringliches und gleichgültiges Gesicht machte.
»Vielleicht ist er plötzlich krank geworden.«
»Hoffen wir es«, sagte Frau Deume.
Dann unterhielt man sich über allerlei erbauliche Dinge, wie über die Wirkung von Tetrachlorid auf Fettflecke und die des Gebetes auf Warzen. Ariane stimmte allem aus vollem Herzen zu und fragte dann Frau Deume um Rat. wie sie es anstellen solle, eine ganz feine, aber trotzdem elastische Strickarbeit zu fertigen.
»Da rate ich Ihnen das Perlmuster«, sagte Frau Deume, »eine Masche rechts, eine Masche links, und in der nächsten Reihe eine Masche links und eine Masche rechts, und nach diesem Prinzip auch alle anderen Kombinationen, zum Beispiel können Sie statt nach jeder Reihe auch nach jeder zweiten Reihe wechseln.«
»Herzlichen Dank, Madame, dieser Rat wird mir sehr nützlich sein, ich habe so lange nicht mehr gestrickt. Wenn Sie noch weitere Ratschläge für mich haben, wäre ich Ihnen sehr verbunden.«
»Nun, wenn Sie schon lange aus der Übung sind, würde ich Ihnen raten, mit einer kleinen Strickarbeit zu beginnen, damit
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