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Die Schöne des Herrn (German Edition)

Die Schöne des Herrn (German Edition)

Titel: Die Schöne des Herrn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Cohen
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Glück entgegen, folgte gehorsam dem Ruf des Glücks, schritt dem Liebesglück entgegen.
    »Stillgestanden!«, befahl er, und ließ einen Wind fahren, um seinen Geist zu befreien, sich in Form zu fühlen und ohne jede körperliche Bedrängnis seiner Beredsamkeit freien Lauf lassen zu können.
    Mattathias, der nicht die geringste Lust hatte, sich mit der ehebrecherischen Teufelin einzulassen, entfernte sich, während Salomon bleich vor Schüchternheit, aber dem Befehl gehorchend, in militärischer Haltung verharrte. Als sie vor ihnen stand, Statue der Jugend, wurde der kleine Mann puterrot, verlor den Kopf und machte eine tiefe Verbeugung. »Sehr erfreut, Hochwohlgeboren«, wagte er zu murmeln. Eisenbeißer indessen trat in edler Haltung vor, wohlwollenden Blicks und die Hand auf dem Herzen, und bereits den Wert des Hermelinmantels, den sie über dem Arm trug, abschätzend.
    »Sir Pinhas Wolfgang Amadeus Solal«, stellte er sich vor und zog seinen Hut, »mit Künstlernamen Eisenbeißer genannt, Gentleman in allen Lebenslagen, mich häufig mit Seife waschend, Freund der Menschheit und bescheidener Verwandter des Herrn Solal, den ich am achten Tag seines Lebens bei der Beschneidung auf den Knien hielt, was ich ohne jede unschickliche Andeutung sagen darf, die überaus unangebracht wäre, und in dessen Namen und mit dessen unausgesprochener oder stillschweigender Bevollmächtigung ich Sie, wenn Sie gestatten, mit den Worten des Hohelieds Salomos, Kapitel sechs, Vers zehn, willkommen heiße, nämlich: ›Wer ist sie, die hervorbricht wie die Morgenröte, schön wie der Mond, klar wie die Sonne, gewaltig wie ein Heer?‹, kurz,
how do you do?
Sir Pinhas, wiederhole ich, ehrenwerter Gentleman und denkbegabtes Schilfrohr, Edler in Israel, gewöhnlich im mondänen Frack, heute Abend jedoch nur im Gehrock, da ich mich in der kalten Natur befinde, ehemaliger Rektor und seit frühester Kindheit von galoppierender Schwindsucht heimgesucht! (Er improvisierte einen dramatischen Hustenanfall und bestätigte lächelnd:) Hier haben Sie den Beweis für die Richtigkeit meiner Behauptungen! Nachträglich sei noch erwähnt, dass ich zwölf kleine Kinder habe, die seit vielen Jahren in aller Bescheidenheit verhungern! Kurz, unglücklicher Vater und zum Leiden verdammter Ehrenmann!«
    Nach diesen Worten verneigte er sich erneut und lüpfte den Zylinder mit ausholender Geste. Verzaubert betrachtete sie nacheinander die beiden komischen Käuze, den großen finsteren Mann mit den bloßen Füßen und den kleinen rundlichen, der reglos in seiner Verbeugung verharrte, als suchte er Würmer im Gras, und wohl glaubte, diese Stellung würde ihm eine gewisse Sicherheit geben.
    »Friede sei mit Ihnen, anbetungswürdige Hoheit«, fuhr Eisenbeißer fort, »und seien Sie, was Ihr teures, jedoch ehrenwertes Stelldichein an jenem bezaubernden Ort des Tanzes betrifft, gänzlich unbesorgt. Denn der schnurrbärtige Untergebene holt für Ihro Gnaden bereits ein zum Reiten bestimmtes Fortbewegungsmittel oder vielmehr ein Mittel reitender Fortbewegung, um Sie zu geleiten, wohin Ihre Seele es wünscht, und seien Sie ganz beruhigt, denn bald stehen Ihnen Tänze und Sorbets in Hülle und Fülle zur Verfügung! Es besteht also kein Grund zur Eile, da es im Leben nur auf eines ankommt, nämlich auf Wohltätigkeit, auf Mildtätigkeit für die Armen, welch trauriger Menschengattung ich den Schmerz und die Ehre habe anzugehören«, schloss er mit einem bedauernden Lächeln seiner langen Zähne und hielt ihr den umgedrehten Zylinder als Bettelschale hin.
    In dieser züchtigen, jedoch würdigen Wartestellung verharrte er schweigend, während Salomon, der sich heimlich davongemacht hatte, über das Gras gebeugt einer geheimnisvollen Tätigkeit nachging. Da Eisenbeißer nichts kommen sah und kein Geld in seinen Hut fiel, versuchte er es mit einer anderen Taktik, um das Herz dieser entschieden begriffsstutzigen Heidentochter zu erweichen.
    »Eine schöne Nacht, nicht wahr, liebe gnädige Frau?«, fuhr er fort. »Wahrlich eine samtene und zu Herzensergüssen geeignete Nacht, was mich nicht ohne Takt und mit aller Ihnen gebührenden Verehrung veranlasst, Ihnen meine aufrichtigen Wünsche für köstliche Sorbets und angenehme Tänze auszusprechen, kurz, für alle Freuden, die ihr Herz mit vollem Recht begehrt. (Er seufzte gefühlvoll.) Jugend muss sich eben amüsieren, ob auf legale Weise oder nicht, und ich bin tolerant und verständnisvoll, das sage ich mit einem väterlichen

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