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Die Schöne des Herrn (German Edition)

Die Schöne des Herrn (German Edition)

Titel: Die Schöne des Herrn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Cohen
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wäre wieder alles gut. Abgemacht, Versöhnung. Er klopfte leise an die Verbindungstür. Ja, sobald sie erschiene, würde er ihr versprechen, ihr unverzüglich schriftlich zu bestätigen, dass er ihr gegenüber nie mehr diesen Mann erwähnen würde. Liebling, es ist vorbei, nie wieder. Und du hast ja recht, du kanntest mich damals noch gar nicht. Er klopfte noch einmal und räusperte sich.
    Sie kam und stellte sich vor ihn hin, würdig und schwach, ein tapferes Opfer. Er bewunderte sie. Edel, ja. Ehrlich, ja. Aber warum hatte sie dann ständig ihren Mann angelogen? Oh, diese Boygne, diese altersschwache Großmutter, die selbst keine Karpfensprünge mehr machen konnte und sich damit tröstete, der Jüngeren die ihrigen zu erleichtern! Und wenn der arme Deume am Morgen bei ihr anrief, um mit seiner Frau zu sprechen, dann sagte ihm diese lügnerische Vettel mit honigsüßer Stimme, dass Ariane noch schlafe, und dann rief sie schnell bei Dietsch an! O dieses so romantische, abwechslungsreiche Leben mit Dietsch, wie sie es mit ihm nie erleben würde! Und außerdem war dieser Dietsch mit seinen weißen Haaren bestimmt schön. Und was war er mit seinem schwarzen Haar, schwarz, wie jeder es hatte?
    »So«, sagte sie. »Da bin ich.«
    Mit welchem Recht machte sie ein so ehrliches Gesicht? Eine Provokation dieses Gesicht.
    »Gib zu, dass du eine Prostituierte bist.«
    »Das ist nicht wahr, du weißt es«, sagte sie ruhig.
    »Du hast ihm Geld gegeben, du hast es selbst gesagt!«
    »Ich habe dir nur gesagt, dass ich ihm Geld geliehen habe, um ihm zu helfen.«
    »Hat er es dir zurückgegeben?«
    »Ich habe ihn nicht daran erinnert. Er muss es vergessen haben.«
    Empört über diese weibliche Nachsicht gegenüber dem ehemaligen Begatter, packte er sie an den Haaren. Dass diese Idiotin sich übers Ohr hatte hauen lassen, machte ihn rasend. Ja, das nächste Flugzeug nehmen und mit dem musikalischen Zuhälter auf Heller und Pfennig abrechnen!
    »Sag, dass du eine Nutte bist.«
    »Das ist nicht wahr, ich bin eine anständige Frau. Lass mich los.«
    Er zog sie an den Haaren, aber nicht zu stark, denn er hatte Mitleid mit ihr, wollte ihr nicht weh tun, schwenkte den schönen Kopf hin und her, wütend darüber, dass sie sich aus sexueller Dankbarkeit hatte prellen lassen, wütend auch, dass er außerstande war, ihr klarzumachen, dass dieser Kerl ein Betrüger war. Nie würde sie das zugeben! O diese wohlbekannte Nachsicht. O diese Idiotinnen, die sich von jedem gut ausgestatteten und potenten männlichen Wesen betrügen lassen! »Ich bin eine anständige Frau, und er war ebenfalls anständig«, wiederholte sie, während ihr Kopf hin und her gezerrt wurde, mit irrem Blick, klappernden Zähnen, schön. Sie verteidigte seinen Rivalen, zog ihm seinen Rivalen vor! Er hielt sie an den Haaren gepackt und schlug ihr in das schöne Gesicht. »Ich verbiete es dir«, sagte sie mit ihrer wunderschönen Kinderstimme. »Ich verbiete es dir! Schlag mich nicht mehr! Um deinetwillen, um unserer Liebe willen, schlag mich nicht mehr!« Um seine Schmach durch eine noch größere Schmach zu verdecken, schlug er erneut zu. »Sol, Geliebter!« schrie sie. Er ließ ihr Haar los, bis in die Tiefen seiner Seele erschüttert von diesem Ruf. »Mein Liebster, nein, tu es nicht wieder«, sagte sie schluchzend, »tu mir das nie mehr an, Liebster, um deinetwillen, nicht um meinetwillen, Liebster! Lass mich nicht den Respekt vor dir verlieren, Liebster«, sagte sie schluchzend.
    Noch einmal nahm er sie in seine Arme, noch einmal drückte er sie an sich. Nie mehr, nie mehr. Die beiden nassen Gesichter klebten aneinander. Ein gemeiner Schurke war er, ein gemeiner Schurke, dass er sich an dieser Schwäche, an dieser heiligen Schwäche vergangen hatte. »Hilf mir, hilf mir«, flehte er sie an, »ich will dir nicht mehr weh tun, du bist mein Liebstes, hilf mir.«
    Er löste sich von ihr, und sie hatte Angst vor seinen Augen, die sahen. Ein anderer hatte sie noch viel schlimmer entehrt, und doch achtete sie ihn noch immer, erklärte, er sei ehrlich! Dietsch hatte ihr noch viel gemeinere Schläge versetzt, und sie hatte nicht geweint, sie hatte Dietsch nicht angefleht aufzuhören, hatte ihm nicht gesagt, »ich verbiete es dir, schlag mich nicht mehr«! So viele Monate zusammen, sie und er, und sie hatte es so geschickt vor ihm zu verbergen gewusst! Und vor allem, vor allem diese jungfräulichen Unbeholfenheiten der ersten Nächte in Genf, sie, die es mit Dietsch getrieben

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