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Die schöne Diebin

Die schöne Diebin

Titel: Die schöne Diebin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: BRONWYN SCOTT
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Aschenputtel.“
    Noch immer verärgert zuckte sie die Schultern. „Wollen Sie sich mit mir über Mode unterhalten?“
    „Nein. Ich will meinen Ring zurück.“
    „Im Tausch gegen dreihundert Pfund, so war die Vereinbarung, nicht wahr? Inzwischen aber habe ich mich entschlossen, die Bedingungen zu ändern.“
    „Was?“ Er wollte seinen Ohren nicht trauen. „Sie können unsere Abmachung nicht einfach aufkündigen!“
    „Warum nicht? Sie haben Ihr Wort doch auch gebrochen. Glauben Sie, ich hätte die vier Männer nicht bemerkt, die nur auf einen Wink von Ihnen warten, um mich festzunehmen?“
    „Ich könnte sie jetzt rufen.“
    „Damit sie sehen, wie der Earl of Stockport der naiven Adelaide Cooper den Hof macht?“ Sie lachte.
    Er stieß einen Fluch aus.
    Unterdessen überlegte Nora, wie sie die Situation am besten zu ihrem Vorteil nutzen konnte. Natürlich brauchte sie das Geld dringend, das sie im Tausch gegen den Ring erhalten sollte. Andererseits lag ihr überraschend viel daran, Stockport zu beweisen, dass die Katze wirklich nicht stahl, um sich selbst zu bereichern.
    „Hören Sie sich meine Bedingungen an!“, forderte sie ihn auf. „Also: Treffen Sie mich morgen früh um zehn da, wo Stockport Road und Hyde Road zusammenstoßen. Kommen Sie zu Pferd und allein. Begleiten Sie mich nach Manchester, und lernen Sie einige der Menschen kennen, für die ich sorge. Übermorgen werde ich Ihnen den Ring zurückgeben.“
    Er überlegte nur kurz. „Einverstanden.“
    Sie öffnete die Tür zum Ballsaal, warf dem Earl eine Kusshand zu und verschwand.
    Erst als ein kalter Windstoß ihn erschauern ließ, wurde Brandon bewusst, dass sie mitsamt seinem Frackrock und den dreihundert Pfund in der Innentasche verschwunden war.

6. KAPITEL

    Es war kalt im Zimmer, als Nora aufwachte. Auf nackten Füßen lief sie zum Fenster und zog den Vorhang beiseite. Ein trüber Tag. Keine weiße Weihnacht. Sie fröstelte.
    Einen Moment lang wünschte sie mit aller Kraft, dass wenigstens der Weihnachtsmorgen anders sein möge als all die anderen Wintertage. Nicht so leer, nicht so trostlos. Wie deprimierend die kahlen Bäume wirkten, die ihre knorrigen Äste in den grauen Himmel streckten. Die Erde war schmutzigbraun. Nichts wuchs. Für viele war der Dezember ein Monat der Verzweiflung.
    Während Nora den Blick über die öde Landschaft schweifen ließ, sagte sie sich, dass es bald Frühling werden würde. Trotzdem fiel es ihr schwer, sich vorzustellen, dass die Sonne die Welt jemals wieder wärmen, dass frisches Gras sprießen und Blumen blühen würden. Vielleicht feierten die Menschen deshalb von alters her das Weihnachtsfest beziehungsweise die Wintersonnenwende mit großen Feuern und Geschenken. Das hob die Stimmung. Ja, man musste einfach für ein paar Farbtupfer, gutes Essen und etwas Fröhlichkeit sorgen, wenn man den Winter überstehen wollte.
    Als sie vor Kälte zu zittern begann, wandte Nora sich vom Fenster ab und öffnete die Türen ihres Kleiderschranks. Ihr Zimmer war nur mit dem Nötigsten möbliert. Außer dem Schrank gab es einen Waschtisch, über dem ein kleiner Spiegel angebracht war, eine Kommode und ein eisernes Bettgestell. Der Lebensstil der Katze verlangte, dass sie innerhalb kürzester Zeit ihr Heim aufgeben konnte, um sich einen anderen Unterschlupf zu suchen. Das aber wurde umso schwieriger, je mehr Dinge man besaß, an denen man hing.
    Einsamkeit hatte ihren Lebensweg über weite Strecken geprägt. Schon früh hatte sie sich entschieden, alle Hoffnung, die sie in der Welt finden konnte, anderen zu schenken. Was ihre eigene Zukunft betraf, so machte sie sich keine Illusionen. Sie war froh über die Freundschaft mit Hattie und die Unterstützung, die Alfred ihr zuteil werden ließ. Und sie war glücklich, wenn sie anderen helfen konnte.
    Deshalb hatte sie für heute eine Fahrt nach Manchester geplant. Die Menschen, die Tag für Tag ums Überleben in einer grauen Welt kämpften, waren dankbar für jede Kleinigkeit, mit der sie der Trostlosigkeit ihres Daseins entfliehen konnten. Sie hatten eine Weihnachtsüberraschung verdient. Deshalb hatte Miss Habersham Mrs. Bradleys Einladung für den Nachmittag ablehnen müssen. Unmöglich, vor dem prasselnden Kamin zu sitzen, zu stricken, zu plaudern oder den jungen Leuten bei fröhlichen Gesellschaftsspielen zuzuschauen, wenn ihre Gedanken ständig bei den Ärmsten der Armen weilten.
    Allerdings konnte Eleanor auch nicht nach Manchester fahren und die Elendsviertel

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