Die schöne Diebin
Erfahrung bringen kann.“
„Sie täuschen sich, Mylord. Sie haben bereits alles Wissenswerte über mich herausgefunden.“
„Da bin ich anderer Meinung“, widersprach er galant. „Ah, wir nähern uns der Veranda. Haben Sie auch das Gefühl, etwas frische Luft brauchen zu können, meine Liebe?“
Ihre Kopfhaut begann zu prickeln. Es war gefährlich, mit ihm allein zu sein. Aber was konnte sie sagen, ohne sich eine Blöße zu geben? Sie war mit ihrem Einfallsreichtum am Ende.
Genau das hatte Brandon beabsichtigt. Ja, er war sehr mit sich zufrieden. Jetzt, da sie allein waren, konnte er die seltsame Miss Habersham mit seinem Verdacht konfrontieren. Nur deshalb hatte er diesen schrecklichen Abend über sich ergehen lassen. Er hasste Whist. Und noch mehr hasste er den Dorfklatsch, den er sich stundenlang hatte anhören müssen.
Allerdings war es sehr aufschlussreich gewesen, die alte Jungfer beim Kartenspiel zu erleben. Sie war taktisch so geschickt, hatte ein so gutes Gedächtnis und vermochte ihre Gegner so hervorragend zu täuschen, dass Brandon sich inzwischen beinahe sicher war: Sie kannte die Katze nicht nur, sie war die Katze.
Warum hatte bisher niemand bemerkt, wie wenig die verschiedenen Facetten von Eleanor Habershams Charakter zusammenpassten? Einerseits gab sie sich unsicher, lebensfremd, manchmal geradezu albern und Männern gegenüber schüchtern. Altjüngferlich eben. Andererseits war sie beim Spiel risikobereit und voller Energie. Ihr oberflächliches Geplapper schien hauptsächlich dazu zu dienen, die Menschen von ihrem wahren Wesen abzulenken. Wenn es darauf ankam, erwies sie sich jedenfalls als scharfsinnig und scharfzüngig. Genau wie die Katze.
Es gab noch andere Gemeinsamkeiten zwischen den beiden auf den ersten Blick so verschiedenen Frauen. Da waren zum Beispiel diese ungewöhnlichen grünen Augen. Oder auch die weiblich attraktive Figur, die unter Miss Habershams altmodischen Kleidern nur einem aufmerksamen Beobachter auffiel, wohingegen sie in der Männerkleidung, die The Cat zu tragen pflegte, überaus provozierend wirkte.
Ein Lächeln spielte um seine Lippen. Er würde die Katze enttarnen.
Er hielt ihr die Tür auf. „Nun, meine Liebe, es gibt da etwas, das ich mit Ihnen besprechen muss. Ich denke, auch Ihnen ist es recht, wenn wir dabei ungestört sind.“
Sie schob ihre Brille auf der Nase ein Stück nach oben und sah aus, als sei es nur die ungewohnte männliche Aufmerksamkeit, die ihr Unbehagen bereitete. Begriff sie nicht, dass ihr Spiel gleich vorbei sein würde?
„Wenn Sie mich noch einmal darauf hinweisen wollen, dass ich nicht genügend Sicherheitsvorkehrungen getroffen habe, dann kann ich nur wiederholen, was ich Ihnen bereits gesagt habe. Ich habe keine Angst und möchte nicht, dass in Old Grange irgendetwas verändert wird.“
Wie rasch und logisch sie denken kann! Ihr ist gleich eingefallen, dass das einzige Gespräch, das ich mit Eleanor Habersham geführt habe, sich auf die Gefahr bezog, ausgeraubt zu werden. Während ich gestern, als ich mit der Katze unterwegs war, über ganz andere Proble me gesprochen habe.
„Tatsächlich möchte ich ein Thema anschneiden. Ich bin sehr daran interessiert, alles zu erfahren, was Sie mir über The Cat erzählen können.“
„Was sollte ich Ihnen erzählen können? Ich weiß natürlich, was in Stockport-on-the-Medlock geredet wird. Und ich weiß von einem Waisenhaus und von einigen Familien, die The Cat unterstützt.“
„Und das ist alles?“ Er hob zweifelnd die Augenbrauen. „Sehen Sie, ich finde es doch sehr merkwürdig, dass gerade Sie bisher nicht bestohlen worden sind.“
Scheinbar schockiert schlug sie die Hände vor den Mund. Die grünen Augen hinter den dicken Brillengläsern funkelten. „Soweit ich mich erinnern kann, hat es auch noch keinen Einbruch in Stockport Hall gegeben. Vielleicht sollte ich Sie jetzt fragen, was Sie mir über The Cat erzählen können.“
Er lächelte und beugte sich so weit zu ihr hinunter, dass sie einen Schritt zurücktrat. „Tatsächlich weiß ich eine ganze Menge über die Katze und denke, dass die Zeit reif ist für einen Austausch von Informationen, Miss Habersham .“
Wenn er gehofft hatte, sie aus dem Gleichgewicht zu bringen, so hatte er sich getäuscht. Was er andeutete, schien sie nicht zu verunsichern, sondern zu verärgern.
„Wollen Sie mir etwa zu verstehen geben, dass ich einem Verbrecher Unterschlupf gewähre?“, fragte sie entrüstet. „Diese Unterhaltung
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