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Die schöne Diebin

Die schöne Diebin

Titel: Die schöne Diebin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: BRONWYN SCOTT
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hatte sie so anregende Diskussionen geführt wie mit ihm. Sie respektierte ihn. Das war erlaubt. Es gab kein Gesetz, das einer Diebin verbot, ihr Opfer zu achten. Sie wollte ihn besiegen. Gut! Denn das war etwas, das keine ihrer Bekannten in den Gesprächen über die Liebe erwähnt hatte.
    Beruhigt begann sie sich auszukleiden. Sie war nicht im Begriff war, sich in Brandon zu verlieben.
    In Brandon? Wie komme ich dazu, seinen Vornamen zu benutzen? Er ist ein Earl und mein Feind. Er ist es, der unbedingt diese Fabrik errichten möchte. Ich muss ihn stoppen!
    Sie wusch sich und schlüpfte ins Bett. Die Hände hinter dem Kopf verschränkt, dachte sie über ihren Lebensweg, ihre Ängste, Sorgen und Hoffnungen nach. Es war die Industrialisierung gewesen, die ihre Familie ins Unglück gestürzt hatte. Deshalb war sie gegen diesen sogenannten Fortschritt. Stockport hingegen war dafür. Das allein genügte, um alle tieferen Gefühle für ihn zu ersticken. Ihre Bemerkung, dies sei ihr letztes Treffen, war vollkommen ernst gemeint gewesen. Sie hatte Wichtigeres zu tun, als sich Wortgefechte mit ihm zu liefern – so amüsant diese auch sein mochten.
    Plötzlich fiel ihr etwas ein. Sie stand noch einmal auf und holte sich den kleinen Stapel Post, der auf dem Waschtisch lag. Rasch musterte sie die Umschläge, wählte schließlich einen und öffnete ihn. Perfekt! Es war die Einladung, auf die sie gehofft hatte. Da Stockport-on-the-Medlock ein kleiner Ort mit einem recht bescheidenen gesellschaftlichen Leben war, hatte Mr. Flack, einer der Investoren, sich entschlossen, Miss Habersham zu seinem Silvesterball einzuladen. Natürlich würde sie an dem Fest teilnehmen. Gewiss würde sie eine Menge nützlicher Informationen erhalten, die es ihr erleichterten, ihre weiteren Pläne auszuführen.
    Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht. Niemand erwartete, dass eine alte Jungfer über einen wachen Verstand verfügte. Deshalb wurde in ihrer Gegenwart gelegentlich über Dinge gesprochen, die eigentlich nicht für ihre Ohren bestimmt waren. Das konnte sehr hilfreich sein.
    Außerdem, dachte sie, kann ich bei der Gelegenheit überprüfen, wie viel Stockport tatsächlich über The Cat weiß.
    „Wie erträgst du dieses verschlafene Dorf, nachdem du so lange in London gelebt und spannende Parlamentsarbeit geleistet hast?“, fragte Jack Hanley. Mit seinem aufwendig verzierten Spazierstock deutete er auf die Häuser von Stockport-on-the-Medlock, die er von seinem Standort aus gut überblicken konnte. Dann fuhr er kopfschüttelnd fort: „Weißt du, dass ich in größter Eile aufgebrochen bin, weil du in deinem Brief angedeutet hast, die Angelegenheit sei dringend? Himmel, hier gibt es nichts Dringendes, sondern nur Langeweile!“
    Brandon trat neben seinen Freund und versuchte, den kleinen Ort mit Jacks Augen zu sehen. Nun ja, auf einen Mann, der an das schnelle Leben in der Hauptstadt gewöhnt war, mochte die scheinbar so friedliche Ansammlung von Häusern langweilig wirken. Niemand würde vermuten, dass hier Menschen lebten, die alles andere als harmlos waren.
    Der äußere Schein trog. Das war ihm während der vergangenen Tage klar geworden. Er betrachtete die Kirche mit dem weißen Turm, die ordentlich gepflasterten Straßen, die Geschäfte, die den Eindruck von Wohlstand vermittelten. Tatsächlich lebten hier viele, die nicht von materiellen Sorgen geplagt wurden. Aber es gab auch eine erschreckend große Anzahl von Menschen, die täglich ums Überleben kämpften. Bauern, die trotz aller Anstrengung kaum noch ihre Familien ernähren konnten, und Landarbeiter, die auf den Höfen keine Anstellung mehr fanden und deshalb ihre Heimat verließen, um sich in den Fabriken zu verdingen.
    Stockport-on-the-Medlock – das hatte Brandon inzwischen begriffen – war eine Stadt, in der ein heimlicher Krieg tobte. Da gab es auf der einen Seite die, die den Bau der neuen Tuchfabrik befürworteten. Auf der anderen Seite standen The Cat und ihre Helfer, Menschen, die bereit waren, das Gesetz zu übertreten, um die Industrialisierung aufzuhalten.
    „Wenn hier alles so friedlich wäre, wie es auf den ersten Blick scheint, hätte ich dich nicht gebeten, herzukommen, Jack.“ Er klopfte seinem Freund auf die Schulter. „Lass uns ein wenig durch die Straßen schlendern. Später können wir im Gasthaus Cart and Bull zu Abend essen. Dort erfährt man stets alle interessanten Neuigkeiten.“
    Viscount Wainsbridge schluckte den letzten Bissen seines

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