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Die schöne Diva von Saint-Jacques

Die schöne Diva von Saint-Jacques

Titel: Die schöne Diva von Saint-Jacques Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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verschwinde jetzt. Das ist klüger für dich. Geh das Risiko nicht ein, mich deswegen zu benachrichtigen«, sagte Vandoosler und deutete auf das Loch unter dem Baum. »Ich kann alles sehen, was passiert, ich wohne nebenan. Dort unterm Himmel.«
    Vandoosler machte eine kurze Handbewegung in Richtung Wolken und verschwand.
     
    »Sie buddeln wieder zu!« sagte Mathias. »Es war nichts drunter.«
    Marc stieß einen Seufzer tiefer Erleichterung aus.
    »Vorhang«, sagte Lucien.
    Er rieb sich Arme und Beine, die ganz steif geworden waren von der langen Zeit am Fenster, wo er zwischen dem Jäger und Sammler und dem Mediävisten eingeklemmt gestanden hatte. Marc schloß das Fenster.
    »Ich sag’s Juliette«, sagte Mathias.
    »Kann das nicht warten?« fragte Marc. »Du arbeitest doch heute abend dort?«
    »Nein, heute ist Montag. Montags ist zu.«
    »Ach, stimmt. Na, mach, was du willst.«
    »Es erscheint mir doch angemessen«, sagte Mathias, »sie darüber zu informieren, daß ihre Freundin nicht unter dem Baum liegt, oder? Wir haben uns so schon genug Sorgen gemacht. Es ist angenehmer zu wissen, daß sie irgendwo herumbummelt.«
    »Ja. Mach, was du willst.«
    Mathias verschwand.
    »Was denkst du?« fragte Marc Lucien.
    »Ich denke, daß Sophia eine Karte von diesem Stelyos bekommen hat, daß sie den Typ wiedergesehen und sich entschlossen hat, mit dem Griechen abzuhauen, weil sie von ihrem Mann enttäuscht ist und sich in Paris langweilt und nach ihrer Heimat sehnt. Ein guter Entschluß. Ich ginge auch nicht gern mit Relivaux ins Bett. In zwei Monaten, wenn die erste Aufregung sich gelegt hat, wird sie sich melden. Eine kleine Postkarte aus Athen.«
    »Nein, ich rede von Mathias. Mathias und Juliette, was denkst du darüber? Hast du nichts bemerkt?«
    »Nichts Besonderes.«
    »Aber so Kleinigkeiten? Hast du nicht so Kleinigkeiten bemerkt?«
    »Doch, Kleinigkeiten schon. Weißt du, so Kleinigkeiten gibt es überall. Kein Grund zur Aufregung. Stört dich das? Wolltest du sie haben?«
    »Ach, was«, entgegnete Marc. »In Wirklichkeit denke ich gar nichts darüber. Ich rede dummes Zeug. Vergiß es.«
    Sie hörten, wie der Kommissar die Treppe heraufkam. Im Vorbeigehen rief er, er habe nichts zu melden.
    »Einstellung der Kampfhandlungen«, sagte Lucien.
    Bevor er ging, beobachtete er Marc, der immer noch vor seinem Fenster stand. Der Tag neigte sich.
    »Du tätest besser daran, dich wieder an deinen Dorfhandel zu machen«, sagte er. »Es gibt nichts mehr zu sehen. Sie ist auf einer griechischen Insel. Sie spielt. Die Griechen sind sehr spielerisch veranlagt.«
    »Woher hast du diese Information?«
    »Ich habe sie gerade erfunden.«
    »Du hast sicher recht. Sie ist bestimmt abgehauen.«
    »Gingest du gern mit Relivaux ins Bett?«
    »Erbarmen«, erwiderte Marc.
    »Na also, da siehst du’s. Sie ist abgehauen.«

 
     
15
     
    Lucien heftete die Angelegenheit im Fegefeuer seines Geistes ab. Alles, was einmal sein Fegefeuer durchlaufen hatte, fiel schließlich nach ziemlich kurzer Zeit in die unzugänglichen Schubladen seines Gedächtnisses. Er machte sich wieder an sein Kapitel über die Propaganda im Krieg, das unter den Aufregungen der vergangenen vierzehn Tage gelitten hatte. Marc und Mathias nahmen die Arbeit an Werken wieder auf, die kein Verleger je von ihnen verlangt hatte. Sie sahen sich in diesen Tagen nur bei den Mahlzeiten, und Mathias, der nachts vom Dienst im Tonneau zurückkam, begrüßte seine Freunde wortkarg und stattete dem Kommissar einen kurzen Besuch ab. Unverändert stellte Vandoosler ihm jedesmal die Frage:
    »Was Neues?«
    Und Mathias schüttelte den Kopf, bevor er wieder in seinen ersten Stock hinunterstieg.
    Vandoosler ging nicht schlafen, bevor Mathias zurück war. Er war wahrscheinlich der einzige, der weiter wartete, ebenso wie Juliette, die vor allem am Donnerstag immer wieder besorgt zur Restauranttür sah. Aber Sophia kam nicht zurück.
    Tags darauf strahlte eine erfreuliche Maisonne vom Himmel. Nach all dem, was seit einem Monat an Regen heruntergekommen war, wirkte das belebend auf Juliette. Um drei machte sie wie gewöhnlich das Restaurant zu, während Mathias sein Kellnerhemd auszog und mit nacktem Oberkörper hinter einem Tisch seinen Pullover suchte. Juliette war nicht unempfänglich für dieses tägliche Ritual. Sie gehörte nicht zu der Art Frauen, die sich langweilen, aber seitdem Mathias im Restaurant servierte, war es besser. Mit ihrem anderen Kellner und ihrem Koch hatte sie wenig

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