Die schöne Diva von Saint-Jacques
hatten.
»Du scheinst dich wieder ganz gut erholt zu haben«, sagte Marc.
»Nicht ganz«, erwiderte Lucien und verzog das Gesicht. »Ich habe einen Granatenschädel.«
»Wunderbar«, bemerkte Mathias, »das muß dir ja Spaß machen.«
»Sehr lustig«, sagte Lucien. »Deine Langusten sind vorzüglich, Marc. Du hast das Fischgeschäft gut ausgesucht. Klau doch das nächste Mal einen Lachs.«
»Was war mit deinem Veteranen? Ist was dabei rausgekommen?« fragte Mathias.
»Phantastisch. Ich bin Mittwoch in einer Woche mit ihm verabredet. Ansonsten erinnere ich mich nicht mehr so genau.«
»Ruhe jetzt«, sagte Marc. »Ich möchte die Nachrichten hören.«
»Was willst du wissen?«
»Was mit dem Sturm in der Bretagne los ist.«
Marc hatte Ehrfurcht vor Stürmen, was wenig originell war, aber das wußte er. Schon mal eine Übereinstimmung mit Alexandra. Immer noch besser als nichts. Sie hatte gesagt, daß sie Wind mochte. Er stellte ein kleines, über und über mit weißer Farbe verschmiertes Radio auf den Tisch.
»Wenn wir groß sind, kaufen wir uns einen Fernseher«, sagte Lucien.
»Jetzt seid doch endlich mal still!«
Marc stellte das Radio lauter. Beim Aufbrechen seiner Langusten machte Lucien einen Höllenlärm.
Die Morgennachrichten wurden abgespult. Der Premierminister erwartete den Besuch des deutschen Bundeskanzlers. Die Börse zeigte sich verhalten. Der Sturm über der Bretagne beruhigte sich und zog mit nachlassender Heftigkeit langsam Richtung Paris. Schade, dachte Marc. Nach Informationen der Nachrichtenagentur AFP war am Morgen ein Mann auf dem Parkplatz seines Hotels in Paris ermordet aufgefunden worden. Ein gewisser Christophe Dompierre, dreiundvierzig Jahre alt, ledig und kinderlos, Delegierter bei der europäischen Mission. Ein politisches Verbrechen? Es seien bislang keine weiteren Einzelheiten bekannt.
Marc schlug heftig mit der Hand auf das Radio und sah Mathias erschrocken an.
»Was ist denn los?« fragte Lucien.
»Das ist doch der Typ, der gestern hier war!« rief Marc. »Politisches Verbrechen, von wegen!«
»Du hattest mir seinen Namen nicht gesagt«, bemerkte Lucien.
In großen Sprüngen rannte Marc die Treppe hinauf bis ins Dachgeschoß. Vandoosler, der seit langem wach war, saß an seinem Tisch und las.
»Sie haben Dompierre ermordet!« keuchte Marc außer Atem.
Vandoosler drehte sich langsam um.
»Setz dich«, sagte er. »Erzähl.«
»Ich weiß auch nicht mehr«, rief Marc, noch immer außer Atem. »Es kam gerade im Radio. Er ist umgebracht worden, mehr kam nicht! Umgebracht! Er ist heute auf dem Parkplatz seines Hotels gefunden worden.«
»Dieser Idiot!« Vandoosler hieb mit der Faust auf den Tisch. »Das kommt davon, daß er sein Spiel ganz allein spielen wollte! Der arme Typ hat sich ja schnell schnappen lassen. Was für ein Idiot!«
Marc schüttelte betrübt den Kopf. Er spürte, wie seine Hände zitterten.
»Vielleicht war er ein Idiot«, sagte er. »Aber er ist auf etwas Wichtiges gestoßen, das steht nunmehr fest. Du mußt deinem Leguennec Bescheid geben, denn wenn wir sie nicht informieren, kommen sie nie auf den Zusammenhang mit dem Tod von Sophia Simeonidis. Sie suchen sicher Richtung Genf oder wer weiß wo.«
»Ja, ich muß Leguennec informieren. Wir werden ohnehin was zu hören kriegen, weil wir ihn nicht schon gestern alarmiert haben. Er wird sagen, daß das einen Mord verhindert hätte, und vielleicht hat er sogar recht.«
Marc jammerte.
»Aber wir hatten Dompierre versprochen, nicht darüber zu reden. Was hätten wir deiner Meinung nach sonst machen sollen?«
»Ich weiß, ich weiß«, sagte Vandoosler. »Also einigen wir uns auf dies: Erstens, nicht du bist hinter Dompierre hergerannt, sondern er hat bei dir als dem Nachbarn von Relivaux angeklopft. Zum anderen wußtet nur ihr drei, du, der heilige Matthäus und der heilige Lukas, von seinem Besuch. Ich hatte davon keine Ahnung, ihr hattet mir nichts gesagt. Erst heute morgen habt ihr mir die ganze Geschichte erzählt. Geht das so?«
»Hervorragend!« rief Marc. »Verdrück du dich nur! Wir sind die einzigen, die in die Sache verwickelt sind, die sich von Leguennec runtermachen lassen, und du hast deine Schäfchen im trockenen!«
»Vandoosler Junior, kapierst du denn nicht? Mir ist doch völlig egal, ob ich meine Schäfchen im trockenen habe! Eine Strafpredigt von Leguennec läßt mich völlig kalt! Was zählt, ist, daß er mir weiter halbwegs vertraut, kapierst du? Um Informationen zu bekommen, alle
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