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Die schöne Diva von Saint-Jacques

Die schöne Diva von Saint-Jacques

Titel: Die schöne Diva von Saint-Jacques Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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Warum suchen Sie?«
    »Unser Beruf«, antwortete Lucien.
    »Sind Sie Detektive?« fragte Simeonidis.
    »Historiker«, antwortete Lucien.
    »Wo ist der Zusammenhang mit Sophia?«
    Lucien wies mit dem Finger auf Marc.
    »Er da«, sagte er. »Er will nicht, daß Alexandra Haufman angeklagt wird. Er ist bereit, jeden beliebigen anderen an ihrer Stelle auszuliefern, selbst einen Unschuldigen.«
    »Ausgezeichnet«, sagte Simeonidis. »Wenn Ihnen das nützlich sein kann: Dompierre war nicht lange hier. Ich glaube, er hat nur ein einziges Dossier eingesehen, ohne groß zu zögern. Wie Sie sehen, sind die Kästen nach Jahren geordnet.«
    »Wissen Sie, welchen er durchgesehen hat?« fragte Marc. »Sind Sie bei ihm geblieben?«
    »Nein. Er war sehr darauf bedacht, allein zu sein. Ich bin einmal zu ihm gegangen, um ihm Kaffee zu bringen. Ich glaube, er hat sich den Kasten von 1982 angesehen, bin aber nicht sicher. Ich laß Sie jetzt allein, Sie haben keine Zeit zu verlieren.«
    »Noch eine Frage«, sagte Marc. »Wie nimmt Ihre Frau die ganze Sache auf?«
    Simeonidis verzog mehrdeutig das Gesicht.
    »Jacqueline hat nicht geweint. Sie ist nicht boshaft, aber sehr entschieden und immer bemüht, einer Sache ›die Stirn zu bieten‹, wie sie sagt. Für meine Frau ist ›die Stirn bieten‹ ein höchstes Qualitätsmerkmal. Das ist bei ihr so zur Gewohnheit geworden, daß man nichts dagegen machen kann. Vor allem schützt sie ihren Sohn.«
    »Was gibt es über ihn zu sagen?«
    »Über Julien? Er ist zu nicht sehr viel imstande. Ein Mord übersteigt bei weitem seine Fähigkeiten. Vor allem, weil Sophia ihm geholfen hat, als er nicht mehr weiterwußte. Sie hat ihm hier und da ein paar Statistenrollen besorgt. Er war nicht in der Lage, mehr daraus zu machen. Im Gegensatz zu seiner Mutter hat er Sophia ein bißchen beweint. Er hat sie früher gern gemocht. In seinem Jugendzimmer hat er Fotos von ihr aufgehängt. Früher hat er auch ihre Schallplatten gehört. Jetzt nicht mehr.«
    Simeonidis wurde müde.
    »Ich lasse Sie jetzt allein«, wiederholte er. »Für mich ist eine Siesta vor dem Abendessen keine Schande. Diese Schwäche gefällt meiner Frau übrigens. Machen Sie sich an die Arbeit, Sie haben nicht viel Zeit. Vielleicht findet der Bulle am Ende doch noch irgendein Mittel, um die Benutzung meines Archivs zu verbieten.«
    Simeonidis ging, und man hörte, wie er am Ende des Ganges eine Tür öffnete.
    »Was hältst du von ihm?« fragte Marc.
    »Eine schöne Stimme, die er seiner Tochter vererbt hat. Eine Kämpfernatur, autoritär, intelligent, unterhaltsam und gefährlich.«
    »Und seine Frau?«
    »Eine Idiotin«, antwortete Lucien.
    »Du sortierst schnell aus.«
    »Idioten können morden, das ist kein Widerspruch. Vor allem diejenigen, die wie sie eine stupide, vordergründige Tapferkeit an den Tag legen. Ich habe zugehört, wie sie mit dem Bullen geredet hat. Sie verfügt über keinerlei Fähigkeit zu Nuancen und ist befriedigt über ihre Leistungen. Selbstzufriedene Idioten können morden.«
    Marc nickte, während er im Raum umherging. Er blieb vor dem Karton des Jahrgangs 1982 stehen, sah ihn an, ohne ihn zu berühren, und fuhr mit der Inspizierung der Regale fort. Lucien kramte in seiner Tasche.
    »Hol den 82er Karton raus«, sagte er. »Der Alte hat recht: Wir haben vielleicht nicht viel Zeit, bevor das Gesetz sein Fallgitter vor uns herunterläßt.«
    »Dompierre hat nicht den 82er durchgesehen. Entweder hat der Alte sich getäuscht, oder er hat gelogen. Es war der von 1978.«
    »Ist da kein Staub mehr davor?« fragte Lucien.
    »Genau«, erwiderte Marc. »Von den anderen ist seit langem keiner mehr herausgezogen worden. Die Bullen haben noch keine Zeit gehabt, ihre Nase da reinzustecken.«
    Er zog den Karton von 1978 heraus und breitete den Inhalt säuberlich auf dem Tisch aus. Lucien blätterte ihn rasch durch.
    »Es geht um eine einzige Oper«, sagte er. »Elektra inToulouse. Uns sagt das nichts. Aber Dompierre hat offenbar etwas im Zusammenhang mit dieser Inszenierung gesucht.«
    »Also los«, sagte Marc. leicht entmutigt von der Masse an alten Zeitungsausschnitten, hier und da hinzugefügten handschriftlichen Kommentaren, vermutlich von Simeonidis, Fotos und Interviews. Die Zeitungsausschnitte waren säuberlich mit Büroklammern zusammengeheftet.
    »Such nach Büroklammern, die verschoben sind«, sagte Lucien. »Der Raum ist nicht ganz trocken, sie müssen eine Rostspur oder einen kleinen Abdruck hinterlassen haben. So

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