Die schoene Helena
daran denke ich!“
„Wenn sich die Leute das Maul zerreißen, weil Sie unbekleidet durch den Wald rannten ...“ Als sie ihm stöhnend den Rücken kehrte und es kaum ertrug, dass ihre Schmach erneut erwähnt wurde, hielt er kurz inne. „... dann werden sich ihre bösartigen Spatzenhirne nicht mit den wahren Hintergründen unserer Heirat befassen.“
Langsam drehte sie sich zu ihm um und musterte ihn nachdenklich.
„Aha! Jetzt merken Sie, wie klug ich bin.“
„Soll ich etwa glauben, Sie hätten so schamlos gelogen, um mich zu schützen?“
„Nun, ich dachte, die Leute sollten nicht erfahren, dass Ihr Vater Sie zu dieser Ehe zwingt - und dass ich Sie kein einziges Mal gesehen habe, bevor ich einen Fuß über die Schwelle von Rathford Manor setzte.“
Ihre Augen verengten sich. „Und vielleicht wollen Sie verheimlichen, dass Sie eine völlig fremde Frau wegen ihres Geldes heiraten.“
„Vielleicht“, stimmte er mit gepresster Stimme zu. „Jedenfalls haben wir beide gute Gründe, die Wahrheit zu verschweigen. Wenn sich die Klatschbasen mit meiner bizarren Lügengeschichte beschäftigen, werden sie keine weitere Nachforschungen anstellen.“
„Von diesem Plan hätten Sie mir vorher erzählen sollen“, meinte Helena.
„Plan? Oh, das war nicht geplant. Es fiel mir einfach ein.“ „Wie glücklich muss ich mich schätzen - mit einem Verlobten, der so spontane Geistesblitze aus dem Ärmel zaubert.“ Adam trat einen Schritt näher zu ihr. Anscheinend überwand sie ihren Groll, obwohl sie es gar nicht wollte. Was sie dachte und fühlte, konnte er mittlerweile erraten. Und wenn sie die Kinnmuskeln anspannte, wusste er, dass sie ein Lächeln unterdrückte. „Ich besitze viele Talente, Helena. Oder haben Sie das noch nicht bemerkt?“
„Eigentlich weiß ich nur wenig über Sie“, antwortete sie. In ihren Augen spiegelte sich funkelndes Kerzenlicht. „Zum Beispiel bezweifle ich, dass Sie in Ihrer frühen Kindheit nach Afrika zogen, wo Sie bei einem Eingeborenenstamm aufwuchsen, während Ihre Eltern für zwei Jahre im Dschungel verschwanden.“ Seufzend schnitt er eine Grimasse. „War das übertrieben?“
„Und die vierjährige Expedition in den Fernen Osten, im Gefolge eines Radscha ... Auch das erscheint mir fragwürdig, und ...“
Um sie zu unterbrechen, hob er einen Finger. „An dieser Geschichte stimmt jedes Wort.“
„Nein, das glaube ich Ihnen nicht.“
„Nun ja, mir selber ist’s nicht passiert. Aber einem Mann, den ich in einer Taverne kennenlernte, und der schwor mir, er hätte das alles wirklich erlebt.“
„Hm ...“
Inzwischen war er noch näher zu ihr getreten und roch ihren süßen Duft - irgendetwas Mysteriöses, Exotisches und sehr Feminines. „Ihr Kleid gefällt mir.“ Schweigend senkte er den Kopf. „Und Ihre Frisur. Sehr hübsch.“
Da hob sie den Blick und schaute ihn argwöhnisch an. „Wenn Sie das Thema nicht so offensichtlich gewechselt hätten, würde ich mich geschmeichelt fühlen.“
Welch ein kluges Mädchen ... Der Duft erregte ihn, und es fiel ihm schwer, klar zu denken.
„Soeben sprachen wir über Ihre Vergangenheit.“ Nach einer kurzen Pause fragte sie: „Woher kommen Sie wirklich, Adam Mannion?“
„Aus London.“
„Bitte!“ Jetzt beendete sie das Geplänkel, und ihre Stimme nahm einen ernsten Klang an. „Ich will es wissen. Sicher habe ich was Besseres verdient als Sansibar und Wilde, die Sie entführt haben.“
„Leider sind die Tatsachen längst nicht so interessant. Um die schlichte Wahrheit zu gestehen ... mein Vater war ein Tabakhändler mit einem Faible für Pferde, die er aber nicht ritt. Stattdessen schloss er hohe Wetten auf gewisse Rennpferde ab. Im Grunde war er ein herzensguter Mann. Bedauerlicherweise hatte er kein Glück.“
„Auch Sie mögen Pferde. Also geraten Sie nach Ihrem Vater.“ „Teilweise. Ich schwärme auch noch für Karten- und Würfelspiele.“
„Was ich ebenso verwerflich finde wie Pferdewetten. Erzählen Sie mir von Ihrer Mutter. “
„Sie hat uns schon vor langer Zeit verlassen, zusammen mit meiner Schwester. Seither habe ich die beiden nicht mehr gesehen. Ich glaube, es ging um einen anderen Mann. Nach dem Tod meines Vaters fand ich eine Scheidungsurkunde. Darüber hat er nie gesprochen. “
„Oh ...“ Mehr wusste sie nicht zu sagen. Offenbar hatte die Erwähnung seiner Mutter einen wunden Punkt berührt. In diesem Augenblick wirkte er völlig verändert. Der heitere Unterton in seiner Stimme war
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