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Die schoene Helena

Titel: Die schoene Helena Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacqueline Navin
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sein kostspieliges Leben in der Stadt zu finanzieren. In ein paar Monaten würde er zurückkehren, um ihr einen Pflichtbesuch abzustatten - so wie es jene unselige Vereinbarung erforderte. Davon hatte der Vater ihr erzählt. Bei dieser Erinnerung fühlte sie sich zutiefst gedemütigt -Rathford musste den Schwiegersohn zwingen, hin und wieder ein paar Wochen bei seiner Frau zu verbringen.
    Glücklicherweise ahnte sie nichts von dem Bonus, den Adam in diesem Augenblick entgegennahm.
    Schuldbewusst steckte Adam die Banknoten in die Innentasche seines Jacketts, verabschiedete sich mit einer knappen Verbeugung von Rathford und eilte zum Stall hinaus. Dort setzte er sich neben Kain ins Heu und erklärte seinem Freund, der seelenvoll zu ihm aufschaute, warum er abreisen musste.
    „Bald komme ich zurück“, versprach er und las unverhohlene Skepsis in den dunklen Hundeaugen. „Das schwöre ich.“ Nur zu gut kannte er das unangenehme Gefühl in seiner Magengrube - brennende und durchaus berechtigte Scham.
    Beklommen ging er wieder ins Haus. In London erwartete ihn ein neues Leben - und ein Vermögen. Viel zu lange war er hiergeblieben. Jeden Tag entgingen ihm fabelhafte Chancen, die sich in Northumberland niemals bieten würden. Wenn er es in der Welt zu irgendetwas bringen wollte, musste er nach London zurückkehren.
    Nur an der Börse konnte er erreichen, was ihm vorschwebte. In den Spielsalons und auf der Rennbahn war er von der Gunst der Glücksgöttin abhängig gewesen. Nun würde er seine Fähigkeit nutzen, die komplexe Welt des Handels und der aufblühenden Industrie zu analysieren. Danach hatte er sich die ganze Zeit gesehnt. Eigentlich müsste er sich freuen, weil er das unheimliche alte Gemäuer endlich verlassen und seine Pläne verwirklichen konnte.
    „Sir, Ihr Koffer wurde bereits in die Kutsche geladen“, verkündete Mrs Kent. „Haben Sie nur ein einziges Gepäckstück?“
    „Ja, danke.“
    Nun musste er sich von Helena verabschieden. Wehmütig dachte er an die letzte Nacht, in der er mit ihr geschlafen und seine Freiheit gewonnen - und etwas Wundervolles verloren hatte.
    Aber er ignorierte seine Gewissensbisse und stieg die Treppe hinauf. Im Flur kam sie ihm entgegen, strahlend schön in einem violetten, mit gelben und rosa Blumen bestickten Kleid, das Haar schlicht und elegant frisiert. Dieses seidige Haar hatte er während der Nacht auf seiner nackten Haut gespürt... Hastig verdrängte er diesen Gedanken, der ein neues Verlangen weckte.
    „Wie ich höre, reist du ab“, sagte sie kühl.
    „Ja, ich muss Geschäftliches in London erledigen.“
    „Ich verstehe.“ Unnahbar und frostig - ganz die Helena, die er auf dem Porträt in dem kleinen Salon gesehen hatte. Nur ihr Blick verriet, wie tief gekränkt sie war. Mit Recht.
    Plötzlich überwältigte ihn die Erkenntnis, dass sie ihn für einen erbärmlichen Schurken halten musste. „Ich war schon viel zu lange hier. Nun muss ich mit meinem Anwalt reden - meinem Finanzberater. Wir werden gemeinsam eine Strategie planen.“
    „Ja, ich verstehe.“
    „Warum kommst du nicht mit?“, platzte er heraus.
    „Was?“ Das Eis in ihren blauen Augen begann zu tauen.
    Wieso hatte er nicht früher daran gedacht? „Begleite mich!
    Sicher wirst du meine Wohnung schäbig finden. Aber hier bist du nichts Besseres gewohnt. Immerhin liegt sie in einem respektablen Stadtteil. Und meine Freunde werden sich freuen, dich kennenzulernen, obwohl ...“ Beim Anblick ihrer Miene verstummte er.
    „Unmöglich. Ich kann Rathford Manor nicht verlassen. Das weißt du.“
    „Schon gut...“ Verlegen senkte er den Kopf und bereute seinen spontanen Enthusiasmus. „Eine dumme Idee ... Dann muss ich mich eben damit begnügen, dir zu schreiben.“
    „Mach dir meinetwegen keine Umstände.“
    Er wollte sie küssen. Aber in diesem Moment eilte Mrs Kent auf ihn zu. Mit einem mütterlichen Lächeln überreichte sie ihm einen Korb, über dem eine leinene Serviette lag. „Darauf hat Maddie bestanden. Sie behauptet, auf den langen Strecken zwischen den Gasthöfen würden Sie verhungern, wenn Sie keinen Proviant mitnehmen, Sir.“
    „Vielen Dank, Mrs Kent.“ Er spähte unter die Serviette, die verschiedene Köstlichkeiten verhüllte. „Danken Sie auch Maddie in meinem Namen. Ein paar von diesen Delikatessen werde ich verwahren. Wenn meine Londoner Freunde davon kosten, werden sie vor Neid erblassen.“
    „Tun Sie das, Sir“, erwiderte die Haushälterin und schenkte ihm ein fast

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