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Die schöne Kunst des Mordens

Titel: Die schöne Kunst des Mordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Lindsay
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Kopf passiert war. Ich erzählte ihr all die entsetzlichen Einzelheiten – ließ allerdings ein oder zwei irrelevante Details aus, wie zum Beispiel, was ich bei dem Haus zu suchen hatte, das in dem Versuch, mich zu ermorden, in die Luft gejagt worden war –, und während ich redete, registrierte ich bestürzt, wie ihre Augen groß und feucht wurden, bis sie überflossen, und Tränen ihre Wangen hinunter- und über ihr Gesicht rannen. Zwar fand ich die Vorstellung wirklich schmeichelhaft, dass die geringfügige Beschädigung meines Schädels eine solche Zurschaustellung von Hydrotechnik provozierte, doch gleichzeitig ergriff mich leichtes Unbehagen bei der Frage, wie ich nun darauf reagieren musste.
    Zum Glück für meinen Ruf als Method Actor ließ Rita mich keinen Moment im Ungewissen, was von mir erwartet wurde. »Du bleibst hier liegen und ruhst dich aus«, verkündete sie. »Ruhe ist wichtig, wenn man einen Schlag auf den Kopf bekommen hat. Ich koche dir eine Suppe.«
    Ich hatte gar nicht gewusst, dass Suppe gut gegen Gehirnerschütterung ist, doch Rita schien sich sehr sicher zu sein, und nach einem zärtlichen Streicheln und einem gehauchten Kuss nahe der Beule glitt sie vom Sofa in die Küche, wo unverzüglich ein gedämpftes Klappern einsetzte, das schon sehr bald nach Knoblauch, Zwiebel und dann Huhn duftete, und ich versank in einer Art Halbschlaf, in dem selbst das leichte Pochen meines Kopfes aus weiter Ferne zu dringen schien, gemütlich und fast angenehm. Ich fragte mich, ob Rita mir Suppe bringen würde, wenn man mich verhaftete. Ich fragte mich, ob Weiss jemanden hatte, der ihm Suppe brachte. Ich hoffte nicht – er begann mir zu missfallen, und Suppe verdiente er gewisslich nicht.
    Plötzlich tauchte Astor neben dem Sofa auf und unterbrach meine Träumereien. »Mom sagt, du hast einen Schlag auf den Kopf gekriegt.«
    »Ja, das stimmt.«
    »Kann ich mal sehen?«, fragte sie, und ich war so tief gerührt ob ihrer Sorge, dass ich den Kopf senkte, um die Beule und das von Blut verfilzte Haar zu präsentieren. »Sieht gar nicht so schlimm aus«, bemerkte sie. Sie klang ein wenig enttäuscht.
    »Ist es auch nicht.«
    »Dann stirbst du gar nicht, oder?«, fragte sie höflich.
    »Noch nicht«, erwiderte ich. »Nicht, bevor du deine Hausaufgaben gemacht hast.«
    Sie nickte, warf einen Blick zur Küche und gestand: »Ich hasse Mathe.« Damit verschwand sie den Flur hinunter, vermutlich, um ihre Matheaufgaben aus größerer Nähe zu hassen.
    Ich döste noch eine Weile. Schließlich kam die Suppe, und obwohl ich nicht unbedingt darauf bestehen würde, dass sie gut für meinen Kopf war, schadete sie ihm gewiss nicht. Wie ich vielleicht schon einmal erwähnt habe, kann Rita in der Küche Dinge bewirken, die jenseits menschlichen Begreifens liegen, und nach einer großen Portion ihrer Hühnersuppe begann ich zu glauben, dass die Welt im Großen und Ganzen vielleicht doch eine letzte Chance verdiente. Sie machte die ganze Zeit großen Wirbel um mich, was ich eigentlich nicht besonders schätze, doch momentan schien es irgendwie tröstlich, und so ließ ich sie die Kissen aufschütteln, meine Stirn mit einem kühlen Tuch abwischen und meinen Nacken massieren, nachdem die Suppe gegessen war.
    Nicht lange, und der Abend war vorüber, und Cody und Astor kamen herein, um gedämpft gute Nacht zu wünschen. Rita trieb sie hinaus und steckte sie ins Bett, und ich schwankte den Flur hinunter ins Bad, um Zähne zu putzen. Gerade als die Zahnbürste sich in einem zufriedenstellenden Rhythmus bewegte, wurde ich meines Anblicks im Spiegel über dem Waschbecken gewahr. Mein Haar stand in alle Richtungen ab, ein Bluterguss zierte meine Wange, und die normalerweise lebhafte Leere meiner Augen wirkte hohl. Ich sah aus wie ein sehr unschmeichelhaftes Polizeifoto, die Art, auf denen der vor kurzem Verhaftete gerade ausnüchtert und herauszufinden versucht, was er getan und wie man ihn geschnappt hat. Ich hoffte, dass es sich um kein Vorzeichen künftiger Ereignisse handelte.
    Obwohl ich an diesem Abend nichts Anstrengenderes getan hatte, als auf dem Sofa zu liegen und zu dösen, wurde ich von Müdigkeit überwältigt, und das Zähneputzen hatte den Rest meiner Energie geraubt. Ich schaffte es gerade noch aus eigener Kraft ins Bett und ließ mich mit dem Gedanken in die Kissen fallen, dass ich sofort einschlafen und mir über alles andere erst am nächsten Morgen Sorgen machen würde. Doch leider hatte Rita andere Pläne.
    Nachdem

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