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Die schoene Muenchnerin

Die schoene Muenchnerin

Titel: Die schoene Muenchnerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kaemmerer Harry
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entgeistert an. »Wir hatten eine Präsentation in so einem Undergroundschuppen, hier ums Eck«, erklärte sie, »Street Fashion: Sneakers, Shirts, Hoodies, so Hip-Hop-Zeugs. Der Kunde wollte unbedingt, dass ich dabei bin.Das nächste Mal nehme ich dich mit, Soulman«, sagte sie und zwinkerte. »Jetzt tanke ich nur schnell einen Kaffee, und dann muss ich weiter zur Oper.«
    »Zur Oper?«
    »Ja, ganz eilig. Die brauchen für so ’ne moderne Inszenierung meine Models, und ich soll mit den Leuten vom Kostümfundus sprechen. Sofort und gleich oder gar nicht. Diese Künstler!« Sie stürzte den Kaffee runter. »Und du, was machst du hier? Ganz allein? Du wartest doch nicht etwa auf eine Frau?«
    »Ich, äh, nein …«
    Sie lachte. »Ich muss los. Sag ihr einen schönen Gruß, Süßer.« Sie drückte ihm einen Kuss auf die Wange und verschwand.
    Hummel wusste nicht, wie ihm geschah. Süßer! Soulman! Er seufzte und winkte dem Kellner. »Ich nehm jetzt doch ein Bier.«
    Das dritte Bier hatte er bis zum Letzten ausgereizt, als Sandy Möller wieder im Hauseingang auftauchte. Er sah auf die Uhr. Zwanzig vor zwölf. Er wartete, bis oben das Licht anging, dann zahlte er und trat vors Café. Er zögerte kurz – Isabellastraße, das war nicht weit zur Kurfürstenstraße. Zur Blackbox .
    DISCOTIME
    Dosi sog den letzten Rest Cola aus ihrem XXL-Becher von Burger King . S ie räumte raschelndes Papier auf den Beifahrersitz ihres verbeulten Fiesta. Das Wageninnere roch säuerlich nach Zwiebeln und Gurken. Sie ließ den Wagen an, denn Dr. Nos Maserati röchelte gerade vom Parkplatz des Gewerbegebäudes an der Rosenheimer Straße. Nose war zwei Stunden zuvor mit einer Sporttasche in dem Gebäude verschwunden. Im ersten Stock über dem dunklen Küchenstudio drehte sich immer noch die Disco­kugel der Tanzschule Circulo . P aare drehten sich dort jetzt nicht mehr. Es war halb eins. ›Tanzschule! Ein Mann mit vielen Gesichtern‹, dachte Dosi. Jetzt folgte sie den Rücklichtern des Maserati über den Altstadtring Richtung Bahnhof, Bayerstraße, Donnersberger Brücke bis hinaus nach Pasing ins Villenviertel. Sie achtete auf genügend Abstand, denn ihr kaputter Auspuff röhrte bedenklich. Der Maserati verschwand schließlich hinter dem Elek­tro­tor der Villeneinfahrt. Sie wartete noch eine Viertelstunde, dann erklärte sie die Aktion für beendet. Als sie den Motor startete und die Kupplung kommen ließ, roch es streng. »Wehe, du machst jetzt schlapp!«, zischte Dosi ihren Fiesta an.
    KÜCHENSCHWAMM
    Zankl war um Mitternacht todmüde in die Federn gesunken, nachdem sie die Kreißsäle im Dritten Orden besichtigt und hinterher alle Vor- und Nachteile fein säuberlich abgewogen hatten. Und jetzt konnte er nicht einschlafen. Eins wusste er jetzt jedenfalls: Sie waren nicht die Einzigen in München, die ein Kind erwarteten. Ein elendes Geschubse und Gedränge. Die Atmosphäre war explosiv gewesen: Hormone aller Couleur – Stress, Panik, Glück – wetteiferten miteinander. Alle anderen Eltern in spe wussten so viel mehr als Zankl, hatten Fragen gestellt nach Periduralanästhesie, nach Babynotfallstation, nach Wassergeburt oder Klangschalentherapie. Conny hatte jede auch noch so abseitige Frage und Antwort aufgesogen wie ein vertrockneter Küchenschwamm. Zankl war sich sicher, dass all diese Informationen morgen wieder aus ihr heraussprudeln würden und nach sofortiger Überprüfung verlangten: Ist ein Dammriss einem Dammschnitt wirklich vorzuziehen? Beschleunigt die Schwerkraft tatsächlich die Geburt bei hockender Gebärstellung? Klassische Musik, Popmusik oder gar keine Musik bei der Geburt? Ist es vertretbar, als Mann das Ergebnis in angemessener Distanz abzuwarten? Das war Medizin, Physik, Psychologie und Philosophie zugleich. Kurz: die Hölle!
    Endlich schlief er ein. Und träumte, dass bei ihrer Geburt die ganzen Menschen vom heutigen Abend während ihrer Entbindung um sie herumstanden, ihm Fragen stellten, die er nicht beantworten konnte, oder ihn lauthals beschimpften: »Seht ihn an, den ahnungs­losen Trottel!«
    KEIN STERN
    Halb drei. Hummel putzmunter. Hormone in Wallung. Und ganz nüchtern war er auch nicht mehr.
    Liebes Tagebuch,
    dieser Tag mit all seinen Windungen und Verwirrungen nimmt einfach kein Ende. Jetzt dachte ich, in der Blackbox ein bisschen nachdenken zu können, wie das mit meinem Herzen ist. Alles so schicksalhaft. Ich mein, es kann doch kein Zufall sein, dass ich Chris vorhin im Café getroffen habe. In einer

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