Die schöne Parfümhändlerin
er glaubte, ihn nie wieder vergessen zu können.
Vorsichtig ging Marcos im Dunkeln hinüber zum Ladentisch. Die blank polierte Marmorfläche glänzte im Mondlicht, das durch eine Spalte im Fensterladen schien. Am Rand des Tisches standen ein paar einfache Glasfläschchen in Reih und Glied. Die kostbaren geschliffenen, bunten Flakons mit den Stöpseln aus Edelstein, die auf Marcos’ eigenen Schiffen nach Venedig gebracht worden waren, waren weggeschlossen. Auf den hohen Regalen glänzten Gefäße mit Salben, und in den Ecken standen die Ölbrenner. Alles wirkte ordentlich und ruhig, nichts erklärte den Verdacht auf Giftmischerei oder gar Hexerei. Er blickte zur Treppe und hörte weibliche Stimmen, aber er war immer noch alleine. Was waren Juliettas Geheimnisse? Wo waren sie verborgen …?
Das herauszufinden, blieb ihm keine Zeit. Oben wurde die Kammertür geöffnet. Lachen drang zu ihm herunter. Als Julietta, in einen dicken schwarzen Umhang gehüllt, wieder unten erschien, stand Marcos ganz lässig am Ladentisch.
„Da bin ich, Signore. Bereit für ein Abenteuer“, meldete sie sich zurück.
Kichernd und seufzend drückte sich die Kurtisane an Balthazar. Sie wand sich vor Glück, als er seine Hand durch ihren geschlitzten roten Satinrock schob. Die beiden standen vor der rau verputzten Seitenmauer von Julietta Bassanos Laden. Sie standen halb im Schatten, konnten aber den Platz, der vor Menschen wimmelte, übersehen.
An ein solches Stelldichein hatte Ermano sicherlich nicht gedacht, als er seinem Sohn befohlen hatte, das Haus der Witwe zu beobachten. Aber etwas Freude musste ein Mann schließlich haben, fand Balthazar. Julietta Bassano schien ihm eine seltsame, geheimnisvolle Frau zu sein. Aber sie schien auch ein äußerst langweiliges Leben zu führen. Seit sich sein Vater entfernt hatte, war der Laden dunkel und fest verschlossen. Balthazar war sich ganz sicher, dass ihm nichts entgangen war. Auch nicht in dem kurzen Moment, in dem er dieser süßen Kleinen in den schmalen Durchgang gefolgt war, um ihr die Röcke zu heben.
„Ah, Signore“, keuchte sie und spreizte die Beine weit für Balthazars suchende Hand. Eine Halbmaske verdeckte die Augen der Dirne, ihre karminroten Lippen waren voll und ihre Zähne weiß und gerade. Hellrotes Haar fiel ihr in langen Locken über den Rücken. Sie war sicherlich keine gewöhnliche Straßendirne. Schließlich stellte Balthazar doch gewisse Ansprüche, auch wenn sein Vater nicht viel von ihm hielt.
Balthazar packte die Dirne um die schmalen Hüften, hob sie gegen die Wand, und während sie ihn mit den Beinen umklammert hielt, drängte er gegen sie. Er hörte ihr leises, keuchendes Stöhnen. Es waren möglicherweise im Freudenhaus eingeübte Laute, aber die drallen Brüste, die er unter ihren Gewändern spürte, waren ihm echt genug. Er wollte gerade seinen Hosenlatz öffnen, um seiner wollüstigen Manneskraft Erleichterung zu verschaffen, als plötzlich die Tür von Julietta Bassanos Laden aufgestoßen wurde.
Die nächtliche Brise trug Flüstern und leises Lachen herüber, und dann sah Balthazar die Parfümhändlerin. Sie war zwar in einen dunklen Umhang gehüllt, aber Balthazar wusste, dass nur sie es sein konnte. Für die kleine türkische Dienerin war die Gestalt zu groß und zu schlank. Die Bassano war in Begleitung eines Mannes, der ebenfalls einen Umhang und eine Maske trug.
„ Maledetto!“, fluchte Balthazar, während er jäh zurücktrat. Jammernd wie ein verlassenes Kätzchen glitt das Mädchen zu Boden.
Der Mann musste ins Haus geschlüpft sein, als Balthazar nicht aufgepasst hatte. Dafür würde ihm der Vater das Leben zur Hölle machen. Balthazar zog sich die Kapuze ins Gesicht und verfolgte, wie das Paar Hand in Hand über den Platz schlenderte. Am Brunnen blieb es stehen, um einen Becher Wein zu holen, und als der Mann trank, fiel ihm kurz die Kapuze vom Kopf. Trotz der Halbmaske erkannte Balthazar ihn an dem glatten dunklen Haar und der glänzenden Perle im Ohr.
Marcos Velazquez! Die Witwe, die Auserwählte seines Vaters, hatte sich also mit Il leone eingelassen.
Wahrhaftig eine bemerkenswerte Neuigkeit. Ein Wissen, das Balthazar auf jeden Fall zu seinem Vorteil nutzen wollte. Vielleicht brachte es ihm endlich die Anerkennung seines Vaters – und den Besitz dessen Reichtums.
„Signore!“ Jammernd streckte die Dirne ihre weißen Hände nach ihrem Kunden aus.
„Ich muss gehen“, sagte er barsch und beendete ihr Klagen mit einer Handvoll
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