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Die schöne Parfümhändlerin

Die schöne Parfümhändlerin

Titel: Die schöne Parfümhändlerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A MCCABE
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den Dolch ins Herz gestochen und zugesehen, wie das Blut auf den weißen Marmorboden rann und dieser Kerl langsam verblutete. Aber solch eine kopflose Handlung würde Julietta auch nicht helfen. Ihr Untergang war geplant, dahinter steckte eiskalte Berechnung. Nur mit kühlem Kopf und einem ebenso wohlüberlegten Plan ließ sich ihr Ruf wiederherstellen.
    „Um sie kümmern?“, fragte Marcos schließlich gedehnt.
    „Ja. Bekanntlich gibt es auch in Spanien solche störenden Personen, die Probleme schaffen, die unsere christlichen Werte mit Füßen treten. Man muss ihnen entschieden entgegentreten. Signora Bassano besitzt in Mailand immer noch entfernte Verwandte. Falls man die Signora festnähme und öffentlich anklagte, könnten die Mailänder erfolgreich widersprechen und ihre Rückkehr verlangen. Dann wäre der Gerechtigkeit nicht Genüge getan. Und das ist der Punkt, wo Ihr ins Spiel kommt, Il leone.“
    „Ich?“ Marcos sah den Conte erstaunt an.
    „Oh ja. Ihr werdet uns helfen, diese Morde zu sühnen. Ihr werdet Signora Bassano töten.“ Ermano hielt seine Pergamentrolle in die Höhe. „Auf Befehl des Dogen. Und falls Ihr unserer Bitte nicht nachkommen wollt … nun ja … Euer Schiff steht unter strenger Bewachung. Außerdem ist Euer Erster Steuermann unser Gast in den Bleikammern.“
    Die Sonne stand hoch am Himmel und blendete ihn, als Marcos aus dem Palast auf die belebte Piazza trat. Einen Moment lang schloss er die Augen, dann zog er sich das Barett tief ins Gesicht.
    Händler riefen, Bettler jammerten, Kinder lachten, irgendwo wurde eine Weise auf der Laute gespielt. Es war der ganz alltägliche, vertraute Lärm einer jeden großen Stadt. Doch die vertrauten Geräusche steigerten sich für Marcos zu einem ohrenbetäubenden Getöse, plötzlich klang alles um ihn herum fremd und misstönend.
    Er sollte Julietta töten.
    Wie ein fernes Donnern aus Dantes Inferno hörte er immer wieder Ermanos Worte. Eine „störende Person“ war sie für Venedigs Regierung. Auslöschen müsse man die Signora … aber unauffällig und hinterhältig, als wäre es ein Streit unter Liebenden. Auf keinen Fall wolle man unnötige Aufmerksamkeit aus Mailand auf sich ziehen. Das war Marcos’ Auftrag, eine Aufgabe, die er erfüllen musste, um der Stadt seine Treue zu beweisen, nachdem sie ihn mit Lob und Reichtümern überschüttet hatte. Sein Auftrag war aber auch das einzige Mittel, um sein Schiff, seine Mannschaft und letztendlich sich selbst zu retten.
    Wie schon einmal vor Tagen blickte Marcos zu dem Steinlöwen auf, der hoch über der Menge kauerte. Seine Tatze lag fest auf dem aufgeschlagenen Buch. Vielleicht war es ein Buch des Schicksals, in dem das Ende aller Menschen verzeichnet war. Ein Buch, in dem ein einziger Strich in blutroter Tinte das Ende eines kurzen, unerwarteten Glücks besiegeln konnte.
    Ein Passant, der zur Basilika eilte, streifte Marcos’Arm. Aus seinen grüblerischen Gedanken gerissen, ging Marcos los, obwohl er nicht recht wusste, wohin er seine Schritte lenken sollte. Wohin sollte er vor den unheilvollen Fängen der Machthaber flüchten?
    Er verließ die Piazza und bog in einen schmalen Gang, der zunächst am Kanal entlangführte und schließlich in eine einsame Gasse mündete. Hier war der Lärm von der Piazza schwächer und hallte nur noch seltsam verzerrt als leises Echo an den hohen Hauswänden wider. Weit in die Gasse reichende Balkone hielten das grelle Sonnenlicht zurück, die Luft war kühl. In der Höhe balancierte eine einsame Katze über einen Balken. Der dunkle menschenleere Ort war so unwirtlich wie die kalte Wut in Marcos’ Herzen.
    Ein Rascheln, Stiefelschritte auf den Steinplatten waren vom Eingang zur Gasse zu hören. Marcos duckte sich hinter ein großes Weinfass. Die Männer gingen vorbei. Sie trugen schwarze Umhänge über ihrer weiß-goldenen Livree, aber Marcos erkannte sie trotzdem. Es waren die Wachen, die ihn von seiner Kammer zum Palast geführt hatten. Die Männer blieben kurz stehen und blinzelten forschend in die düstere Gasse. Marcos hielt den Atem an und langte vorsichtig unter seinen Umhang, wo sein Dolch versteckt war. Doch noch war kein Blutvergießen nötig. Die Soldaten gingen kopfschüttelnd ihres Weges und hielten vermutlich anderswo nach ihm Ausschau. Aber Marcos wusste nur allzu gut, dass nicht nur diese Männer auf ihn angesetzt waren. In Venedig wimmelte es von Spitzeln. Einer von denen hatte auch seine Liebschaft mit Julietta an Ermano

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