Die schöne Parfümhändlerin
vornehmen Mailänder Familie stammt, zieht sie es vor, als Ladenbesitzerin zu leben. Wir gaben ihr die Erlaubnis, hier ihren Wohnsitz zu nehmen, zum einen aus Höflichkeit gegenüber der Familie ihres verstorbenen Gatten und zum anderen, weil sie uns mit ihrem Geschäft wertvolle Dienste leistet. Jetzt jedoch ergeben sich neue Entwicklungen, gewisse Kenntnisse kommen plötzlich ans Tageslicht.“
Langsam senkte Marcos seine Hände und umklammerte mit den Fingern die Armlehne. „Neue Entwicklungen, Kenntnisse?“
„Ja.“ Ermano schlug die Pergamentrolle leicht gegen seine Handfläche. „Signora Bassanos Eltern waren bedeutende Leute in Mailand, sie standen lange im Dienste der Sforzas. Signora Bassanos Großmutter mütterlicherseits war allerdings Französin und stammte aus einer weniger bedeutenden Linie der königlichen Familie. Signora Bassanos Vater starb kurz nach ihrer Eheschließung mit Giovanno Bassano, während ihre halb französische Mutter schon lange zuvor aus dem Leben geschieden war. Sie starb eines natürlichen Todes, so wurde jedenfalls vermutet.“
Marcos sah sein Gegenüber erstaunt an. „Und das war nicht so?“
„Vielleicht. Nun, bei neuerlichen Nachforschungen stellte sich heraus, dass Signora Bassanos Familie sehr daran gelegen war, gewisse Tatsachen zu vertuschen. Ihre Mutter stand unter dem Verdacht der Hexerei. Obwohl man sie nach einigen Tagen aus dem Arrest entlassen hat, verstarb sie nur wenig später in einem der Landhäuser der Familie. Es hieß, der Teufel hätte sich schließlich doch geholt, was ihm gehörte.“
Marcos lief es eiskalt über den Rücken. Hexerei? Er hatte sofort bemerkt, dass Julietta anders als andere Frauen war. Aber … im Bund mit dem Teufel? Nein! Nicht Julietta. Nie und nimmer. Dafür legte er seine Hand ins Feuer. Aber selbst das leiseste Gerücht von Hexerei konnte ihr Todesurteil bedeuten. Konnte ihrer beider Ende sein.
„Was wirft man Signora Bassano vor?“, erkundigte er sich.
Ermano schwieg lange. Sein Mund war eine schmale Linie. „Ihr habt ja bereits von den Todesfällen durch Gift gehört, die in letzter Zeit einige Berater des Dogen ereilt haben?“
Marcos nickte. „Ihr wart anwesend, als ich davon erfuhr.“
„Nach unseren Ermittlungen verbindet die Toten neben ihrer Arbeit noch etwas: Sowohl ihre Gattinnen als auch ihre Mätressen sind alle treue Kundinnen von Signora Bassano.“
Marcos atmete laut ein. „Auch das ist mir bereits bekannt.
Ein unbekannter Schreiber hat den Dogen auf diesen Zusammenhang hingewiesen. Aber ist in der Art der Arbeit der Toten, die vom Dogen so geschätzt und für die Stadt so lebenswichtig war, nicht eher der Grund für die Morde zu suchen als in den Einkaufsgewohnheiten ihrer Gattinnen?“
„Signor Landuccis Mutter glaubt das nicht.“
„Seine Mutter?“
„Ich glaube, Ihr seid ihr bei Eurem letzten Besuch im Dogenpalast begegnet. Sie ist äußerst hartnäckig, und ihr Wort ist von nicht geringer Bedeutung. Ihr verstorbener Gatte gehörte der Quarantia Criminale an, das heißt, er war einer der vierzig Mitglieder im Rat für Kriminalfälle. Sie behauptet, ihr Sohn sei von seiner Frau mittels eines Parfüms von Signora Bassano vergiftet worden.“
„Und die Ehefrau, was sagt die?“
„Na ja, wir konnten sie bislang nicht befragen. Die Familie der jungen Signora Landucci ist nämlich auch nicht ganz ohne Einfluss. Ihr Vater hat sie aufs Festland geschickt … damit sie ihren Kummer vergisst. Man munkelt aber, dass er bereits eine neue Ehe für sie anbahnen würde, mit einem Mitglied einer sehr angesehenen römischen Familie.“
Marcos sah ihn zweifelnd an und lehnte sich lässig in seinem Sessel zurück, als interessiere ihn eigentlich die ganze Angelegenheit nur wenig. „Verdächtigungen einer trauernden Mutter sind eine dürftige Basis für eine Anschuldigung wegen Vergiftung und Hexerei. Ebenso wie Briefe von Unbekannten. Zwar wird in Spanien …“
„Wir sind nicht in Spanien“, unterbrach Ermano barsch. „Wir sind hier in Venedig. Und wir haben unsere eigene Art, mit den Dingen fertig zu werden, wie Ihr sicherlich während Eures Aufenthalts in dieser Republik bereits festgestellt haben dürftet. Der Laden der Signora wird durchsucht werden, und falls das entsprechende Gift bei ihr gefunden wird, wird man sich um sie kümmern.“
Marcos umklammerte die Armlehne so fest, dass das geschnitzte Holz zu krachen begann. Am liebsten wäre er Ermano an die Gurgel gegangen, hätte dem Conte
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