Die schöne Philippine Welserin: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)
herabsanken, sehnte Philippine sich nach Ferdinand, der die Feiertage dem höfischen Zeremoniell in der Hauptstadt schuldete.
So mussten sie das Weihnachtsfest still und im kleinsten Kreis begehen, doch kaum war der Januar angebrochen, kam Ferdinand nach Schloss Bresnitz. Jaroslav von Pernstein hatte er aus gutem Grund in Prag zurückgelassen. Stattdessen begleiteten ihn Johann de Cavalieri, sein Beichtvater, ein kugelrunder Geistlicher, zusammen mit Ladislaus von Sternberg.
Philippine konnte sein freudiges Begrüßungslächeln kaum erwidern, so angespannt war sie. Auf einmal war alles so ernst. Keine Liebesgeschichte mehr, die nur sie und ihn anging, sondern eine folgenreiche Staatsaffäre, sollte auch nur irgendjemand von ihrem Vorhaben erfahren.
Mit versteinerter Miene überflog sie das Schriftstück, das Ferdinand vor ihr im kleinen Speisesaal ausrollte. Das klang ganz anders als Onkel Bartholomés Geschäftsbriefe, die ihr bestens vertraut waren.
»Du störst dich am schnörkellosen Kanzleideutsch?«, sagte Ferdinand, dem ihr Zögern nicht entgangen war. »Kein Wunder, dass du dich erst daran gewöhnen musst! Ich habe die ersten fünfzehn Jahre meines Lebens dafür gebraucht.«
Doch die Sprache war es nicht allein. Diese Zeilen widersprachen allem, wonach sie sich immer gesehnt hatte.
Sollte der Bund der Ehe nicht vor Gott und den Menschen geschlossen werden? Gehörte nicht ein fröhliches, öffentliches Fest dazu, bei dem die Familie und Freunde die Freude des Brautpaares teilten?
Von ihrer Familie würde lediglich Katharina anwesend sein, von seiner Familie nicht eine Menschenseele. Beinahe, als täten sie etwas Verbrecherisches, das das Licht scheuen müsse. Sie musste sich verpflichten, für immer Stillschweigen zu bewahren, während ihr Herz sich doch danach sehnte, den Bund mit ihm in die ganze Welt hinaus zu schreien.
Philippine griff sich an den Kopf.
Seit gestern schon hatte sie das Gefühl, als läge ein eiserner Reif um ihre Stirn, der ihr die Schläfen zusammendrückte.
Ferdinand musterte sie besorgt, Katharina nicht minder.
»Ich kann es so nicht unterschreiben«, hörte Philippine sich zu ihrer Verwunderung murmeln. »Nicht heute. Nicht in dieser Verfassung – verzeih, aber ich kann es einfach nicht!«
Sie wollte hinauslaufen, Ferdinand aber hinderte sie daran, indem er ihren Arm festhielt.
»Du sollst nichts tun müssen, was du nicht willst«, sagte er beschwörend. »Nicht heute. Und auch nicht zukünftig. Darauf gebe ich dir mein Wort.«
Ihr Blick war voller Zweifel.
»Und du versprich nichts, was du nicht halten kannst, Ferdinand von Habsburg«, sagte sie. »Weder heute, noch zukünftig.« Sie machte sich los.
Den ganzen Abend verbrachte sie in ihrem Zimmer, wartend, betend, grübelnd. Lenka kam ab und an herein, brachte heißen Würzwein und Mandelgebäck, legte frische Scheite nach und warf nachdenkliche Blicke auf ihre Herrin.
»Soll ich ihn holen gehen?«, fragte sie, als die Nacht schon hereingebrochen war. »Die gnädige Frau ist auch noch auf … «
»Untersteh dich!«, fuhr Philippine auf. »Und ebenso kein Wort zu meiner Tante, sonst wirst du mich kennenlernen!«
Lenka knickste und ging zur Tür, als sie plötzlich noch einmal stehen blieb.
»Dann wollt Ihr auch nicht den Gruß, den die Dienerschaft für Euch vorbereitet hat?«
»Welchen Gruß?«, sagte Philippine.
»Den weißen Becher und den roten. So ist es Brauch bei uns in Böhmen.«
Ein unwilliges Kopfschütteln.
Lenka runzelte die Stirn, dann begann sie zu lächeln.
»Ich werde ihn Euch trotzdem bringen. Vielleicht überlegt Ihr es Euch ja noch einmal anders.«
Wenig später erschien sie mit einem Tablett, auf dem zwei Pokale aus böhmischem Glas standen, der eine mit einer hellen Flüssigkeit, der andere mit einer roten.
»Nelkenwein«, sagte Lenka strahlend. »Hält Dämonen ab, macht fröhlich und fruchtbar. Die Frau trinkt den roten Becher, der Mann den weißen. So kommen die Gegensätze zusammen.«
»Und ich wäre dir jetzt ungemein dankbar, wenn du mich allein ließest«, sagte Philippine, die den Pokalen kaum Aufmerksamkeit schenkte.
Sie ging zum Fenster.
Draußen war die Welt weiß und kalt und still. Eine Schneelandschaft unter einem schwarzen Himmel, frostig, unberührt.
Sie lief zurück, zog die Schuhe aus, hielt die Füße an den Ofen.
»Willst du mich das nicht machen lassen?«
Ferdinand hatte sich leise hereingeschlichen. Er nahm ihren Fuß. Sie zog ihn nicht weg, sondern sah ihn
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