Die schöne Rächerin
Simon.«
Rose nahm dankend ihr Schultertuch vom Sergeant entgegen. Collis nahm ihm grinsend Hut und Handschuhe ab und versetzte dem eleganten Ex-Soldaten einen Knuff an den Arm; eine Respektlosigkeit, die der Sergeant mit einem tiefen Seufzer quittierte. Rose verstand ihn nur zu gut. Sie legte den Kopf schief. »Ich bin am Verzweifeln«, flüsterte sie dem Sergeant zu, der nicht größer war als sie.
»Ja, Miss«, erwiderte er. »Und ich fürchte, das ist ansteckend.«
Collis hatte von oben offenkundig registriert, dass sie über ihn herzogen. »He, da!«
»Keine Sorge, Collis«, sagte Rose. »Also, was haben wir als Erstes zu tun …«
»Planen«, sagte Collis entschieden.
Rose verschränkte die Arme. »Aufräumen.«
Collis äffte ihre Haltung nach. »Planen«, sagte er noch entschiedener.
Rose zog die Augen zusammen. »Ich bekomme langsam das Gefühl, dass das ein sehr langer Einsatz werden wird.«
Hinter ihnen standen Simon und Dalton unter der Tür des Salons und sahen zu, wie ihre beiden besten Schüler schon in der Sackgasse steckten, bevor die Mission überhaupt angefangen hatte. Simon schlug die Hände vor das Gesicht. Dalton lehnte eine breite Schulter an den Türstock und seufzte tief und resigniert.
»Glauben Sie, dass die beiden je zu einer Zusammenarbeit fähig sein werden?«, fragte Simon.
Dalton betrachtete die Streithähne stirnrunzelnd. »Nicht die Spur einer Chance, verdammt.«
6
Rose kochte auf dem Weg zur Schule vor Wut, hielt sich aber im Zaum. Collis hatte wie ein starrsinniger Esel darauf beharrt, zuerst die Mission zu planen, bis Rose sich einfach umgedreht und ihn stehen gelassen hatte. Als sie die Liar’s Academy betraten, starrten die anderen Schüler sie neugierig an.
Der Keller war ein verkohltes Schmorgericht aus moderigem Stroh und Wasser. Rose übernahm hastig das Kommando über ihre Mitschüler, und sie arbeiteten angestrengt daran, die Dinge wieder in Ordnung zu bringen.
Die zerstörte Arena aufzuräumen, war eine überwältigende Aufgabe. Rose rollte die Ärmel auf und raffte den Rock ihres ältesten Kleides in den Taillenbund. Dann packten sie und ihre Mitschüler an. Es war einfach zu viel!
Nach zwei zermürbenden Stunden lag in der Mitte des Raumes immer noch ein Haufen Unrat, und das wasserdurchtränkte Stroh sowie das Segeltuch, das einst die Matte gebildet hatten, waren nur zum Teil angehoben.
Rose wischte in der einen Ecke der Arena, wo der unebene Boden sich am weitesten absenkte und sich das meiste Wasser angesammelt hatte. In dieser Ecke hatte das Regal mit den Strohpuppen gestanden, die sie gerade nach draußen getragen hatte. Man würde sie in einen Randbezirk Londons karren und dort verbrennen. Um sie herum mühten sich die anderen Schüler, die Matte wegzuziehen, riefen einander widersprüchliche Kommandos zu und kamen nicht vom Fleck. Dann ertönte eine vertraute tiefe Stimme, und Rose drehte sich um.
Collis betrat in seinem eleganten Anzug und mit königlicher Aura die verschmutzte Arena und übernahm das Kommando. Die Leichtigkeit, mit der er sich Autorität verschaffte, hätte Rose irritieren sollen, aber sie war über seine Hilfe so froh, dass es sie nicht kümmerte.
Innerhalb kürzester Zeit hatte er die Schüler zu einer Reihe aufgestellt, die sich die ganze Wendeltreppe hinaufwand, die die Kellertreppe bildete, und die Überreste des geborstenen Kerzenleuchters wanderten in wenigen Minuten von Hand zu Hand auf die Gasse hinter der Schule.
Rose sah mit widerwilliger Bewunderung zu, wie er die jüngeren Männer dirigierte. Er erteilte nicht einfach nur Befehle, sondern streifte Jackett und Weste ab und beschmutzte sein elegantes Hemd, während er mit einer Hand die rußigen, verkohlten Trümmer weiterreichte. Es dauerte nicht lange, und er war genauso dreckig wie alle anderen.
Es machte ihn nur noch attraktiver, verdammt. Das dicke dunkle Haar hing ihm zerzaust in die Stirn und ließ Rose sich danach sehnen, ihm mit den Fingern durch die Haare zu fahren. Das feine Hemd war fleckig und nass und schmiegte sich wie die Hand einer Geliebten an die Muskeln und die breiten Schultern.
Vom Aufwischen abgelenkt, sah Rose ihm zu, wie er die Trümmer weiterreichte und seine Muskeln sich dehnten und aufpumpten. Ihr Mund wurde trocken. Er sah nicht wie ein Lord aus … und andererseits mehr denn je.
Sie konnte sich ihn auf den Etheridge-Besitzungen vorstellen. Auf dem Feld, zusammen mit den Bauern, oder beim hochherrschaftlichen, eleganten Umgang mit
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