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Die schöne Rächerin

Die schöne Rächerin

Titel: Die schöne Rächerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celeste Bradley
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Liars.
    Der beißende Geruch von Ölfarbe drang unter der Tür hindurch und bescherte ihm schönere Gedanken. Clara malte. Oder versuchte es zumindest. Sie war eine derart fähige Zeichnerin, dass Dalton immer wieder vergaß, wie ungeschickt sie mit Ölfarben war. Dennoch übte sie geduldig weiter.
    So geduldig, dass Dalton schon den Verdacht hegte, sie versenke sich nur deshalb so in ihre Kunst, um andere, weniger erfreuliche Gedanken zu verdrängen.
    Er wünschte, sie hätte sich nicht so nach einem Kind gesehnt. Auch wenn es ihrer beider innigster Wunsch war, er hätte sie nicht weniger lieben können, wäre sie wirklich unfruchtbar gewesen, wie sie es befürchtete. Außerdem konnte es ebenso an ihm liegen. Er war vor seiner Heirat höchst vorsichtig gewesen - ja, hatte beinahe wie ein Mönch gelebt. Wie auch immer, er hatte nie irgendwelche unehelichen Kinder gezeugt. Womöglich weil er nicht dazu fähig war.
    Nicht, dass sie es nicht versucht hätten. Und sie waren ja erst wenige Monate verheiratet. Sich so zu grämen, nur weil sie in ihrer ersten kurzen Ehe gleichfalls nicht schwanger geworden war und inzwischen fast dreißig Jahre alt war - nun, das war doch absurd. Sie würden die große Familie, die sie sich erträumten, schon noch bekommen.
    Trotzdem war es gut, dass er in Collis einen Erben hatte.
    Collis. Das nächste Drama im ersten Akt. Dalton rieb sich den Nacken. Wenn Collis nur endlich auftauchte; wenn Collis es nur endlich schaffte, seine Talente mit Roses zu verbinden …
    Dalton hoffte wirklich, dass Simons verrückte Testmission funktionierte. Was ihn selbst betraf, ihm gingen langsam die Ideen aus.
    Es klopfte an der Tür, und Stubbs trat ein, ohne die Antwort abzuwarten. Dalton verkniff sich einen Seufzer. Er vermisste die Tage, in denen das Büro geheim und nur ein paar ausgesuchten Personen bekannt gewesen war. Jetzt schien es ihm, als höre die Tür niemals zu schwingen auf.
    Stubbs keuchte. Zu dumm aber auch. Dalton weigerte sich, einen Klingelzug installieren zu lassen, damit man nicht, wie nach einem Butler, nach ihm läuten konnte.
    »Mylord … Sir … er ist da!«
    »Oh du meine Güte, Stubbs. Wer, bitte, ist gekommen und lässt dich dermaßen keuchen?«
    »Ich.« Ein Mann, der so sehnig wie ein Windhund war, betrat das Büro. Lord Liverpool, der englische Premierminister, war kein großer Mann, schaffte es aber dennoch, jeden Raum mit seiner Präsenz zu erfüllen und insbesondere einen, der so klein war wie Daltons nicht wirklich geheimes Geheimbüro.
    Dalton erhob sich und verneigte sich. Sein Rang und seine Liegenschaften entsprachen denen Liverpools, aber er beugte sich dem Alter und der großen Erfahrung seines Mentors. Wenn auch vielleicht nicht immer, dachte er, als eine neuerliche Brise Farbgeruch in den Raum wehte.
    Der Gedanke an Clara gab ihm neuen Schwung, und er bot Liverpool interessiert einen Platz an. »Was führt Sie so früh am Tag zu mir, Mylord?« Oder ganz generell? Liverpool konnte die egalitäre Gesinnung, die den Liar’s Club auszeichnete, nicht leiden und hatte schon oft damit gedroht, den Club aufzulösen, sobald er seinen hohen Anforderungen nicht ganz gerecht wurde. Auf dem Territorium der Liars ließ er sich üblicherweise nur sehen, wenn Gefahr im Verzug war.
    »Oh verdammt«, murmelte Dalton. »Um welchen von beiden geht es? George oder Napoleon?« Er strich sich mit der Hand über das Gesicht. »Bitte, sagen Sie, dass es um Napoleon geht.«
    »Ich fürchte, der erste Tipp war der richtige.« Liverpool saß auf dem Stuhl wie auf einem Thron. Oder vielleicht auch auf einem Streitwagen. Sein Rücken krümmte sich keine Spur.
    »Was hat er jetzt wieder angestellt?« Der Prinzregent hatte einen so gefestigten Eindruck gemacht, seit er die Regentschaft von seinem Vater, dem wahnsinnigen George III., übernommen hatte. Aber vielleicht hatte er sich auch nur eine Weile Zeit gelassen. George hatte bereits heimlich geheiratet, den Revolutionär gespielt und sich oft genug außerhalb des Palasts herumgetrieben. Dalton erschauderte bei der Vorstellung, was sein widerwilliger Regent jetzt wieder getan haben mochte.
    »Seine Königliche Hoheit ist verschwunden. Offenbar freiwillig.«
    »Oh zur Hölle«, sagte Dalton matt.
    »Aber das ist noch nicht alles.« Liverpool verschränkte die Hände auf dem silbernen Knauf seines Gehstocks und bedachte Dalton mit einem überaus säuerlichen Blick. »Die letzte Person, die in seiner Gesellschaft gesehen wurde, ist niemand

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