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Die schöne Rächerin

Die schöne Rächerin

Titel: Die schöne Rächerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celeste Bradley
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automatisch um und folgte Lord Etheridge in ein kleines Morgenzimmer. Der anheimelnde Raum und das knisternde Feuer hätten ihr gefallen müssen. Aber sie stand nur blind da, nahm ihre Umgebung kaum wahr. Sohn.
    Wie das Stanzwerk in Louis’ Fabrik hämmerte die Erkenntniss mit betäubender Wucht auf sie ein.
    Die Anstrengungen, die man unternommen hatte, um aus Collis Tremayne den Erben eines Lords zu machen, nicht den eines einfachen Oberstleutnants.
    »Gretchen, die mehr mein Kindermädchen war, als die Gesellschafterin meiner Mutter -«
    Lady Gretchen, vom Hofe des Königs. Welche hochwohlgeborene Lady hätte sich wohl als Kindermädchen verdingt?
    Ein königliches Kindermädchen … nun, das war etwas ganz anderes.
    » Natürlich haben sie ihn eher wie einen königlichen Erben behandelt, nicht nur wie den Etheridge-Erben.«
    » Rose.«
    Lord Etheridges Stimme riss sie aus ihren faszinierenden Überlegungen. Ach ja, der Bericht. Sie stotterte ein wenig, in ihrem Kopf drehte sich noch alles. Dann erzählte sie Seiner Lordschaft detailliert, wie sie in Wadsworths Haus geraten war.
    Sie stand vor ihm wie ein Schulkind, das den Unterrichtsstoff herunterbetete. Was sie in gewisser Weise ja auch tat. Sie schonte sich nicht. Vom ersten dummen Irrtum bis zu dem abschließenden Fehler, es nicht sofort berichtet zu haben, sagte sie dem Spionagechef alles. Er betrachtete sie kühl, nickte gelegentlich aber aufmunternd.
    Als sie schließlich fertig war, wies er auf einen Stuhl und setzte sich auf den gegenüber. »Miss Lacey, Sie hatten außerordentliches Glück, aber möglicherweise ist doch weniger Glück involviert, als Ihnen klar ist. Sie haben immer wieder gezeigt, welches Talent zur Informationsanalyse Sie besitzen. Hinweise zu entschlüsseln, ist eine Sache. Sie auf der Flucht zu entschlüsseln, eine ganz andere. Die Fähigkeit, im Laufen zu denken, ist eine seltene, schöne Gabe. Auch wenn das bei jemandem, der in Edward Wadsworths Diensten stand, vielleicht nicht überrascht.«
    Ihr stockte der Atem, und sie wollte ihn fragen, was er damit meinte, hielt aber inne. Er zog eine Braue hoch, als sie verwirrt seufzte. »Wird von Dienstboten nicht verlangt, dass sie, um zu überleben, die Wünsche anderer vorausahnen? In Ihrem Fall meine ich das wortwörtlich. In konstanter Gefahr zu sein, ist ein wunderbares Training für das Spionagegewerbe.«
    Konnte das sein? All die Jahre, in denen sie im Schatten existiert und ihre Zunge gehütet hatte? »Sie glauben, ich hätte davon profitiert, Mylord?«
    »Warum nicht? Es sind die harten Hammerschläge, die das Eisen formen. Die Frage, die sich jeder stellen muss, ist: Wie soll ich das nutzen, was das Leben mir gegeben hat? Sie hätten eine geschickte Diebin abgegeben. Oder eine effiziente Haushälterin.« Er lächelte. »Aber so verführerisch der Gedanke auch ist, Sie für Etheridge House anzuheuern, ich lasse es lieber bleiben.«
    Er scherzte natürlich, insbesondere was die Bemerkung mit der Diebin anging. Hielt er sie etwa nicht für vertrauenswürdig?
    »Ich habe wirklich einen Fehler gemacht, Mylord«, versicherte sie ihm. »Ich dachte, ich hätte das Wentworth-Dossier geholt.«
    »Ich bin da nicht sicher. Simon glaubt an Instinkt, wie er das nennt. Ich vermute, was er meint, ist Intuition, auch wenn er behauptet, der Verstand würde ständig Informationen verarbeiten, auch wenn wir es gar nicht bemerken. Er würde vermutlich schlussfolgern, dass ein Teil von Ihnen wusste, dass Sie die falsche Akte genommen haben.«
    Intuition. Das hörte sich für sie wie Hokuspokus an. »Von so etwas weiß ich nichts, Mylord.«
    Er lächelte nicht, auch wenn seine Augenwinkel sich ein wenig fältelten. »Ich auch nicht. Ich ziehe es vor, mit Fakten zu arbeiten. Etwas, das Sie sich merken sollten, jetzt, wo Sie nicht länger Simons Schülerin sind.«
    Oh nein. Er warf sie tatsächlich hinaus. »Mylord?«
    »Willkommen im Liar’s Club, Miss Lacey.«
    Sie konnte nicht sprechen. Schließlich holte sie Luft. »Danke, Mylord«, sagte sie matt. Dann fiel ihr etwas ein … Collis … was passierte jetzt mit Collis? Wenn sie richtig lag, wusste Lord Etheridge das genau.
    »Und Collis, Mylord?« Sie betrachtete ihn eingehend. »Wird er auch in den Liar’s Club aufgenommen?«
    »Das bleibt abzuwarten.« Lord Etheridge tippte sich mit den Fingerspitzen ans Kinn. »Rose«, sagte er schließlich, »zu den Dingen, die eine gute Einsatzkraft ausmachen, gehört auch die Fähigkeit zu wissen, wann man

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