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Die schoene Tote im alten Schlachthof

Die schoene Tote im alten Schlachthof

Titel: Die schoene Tote im alten Schlachthof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Schneider , Stephan Brakensiek
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reichte Ferschweiler einen der beiden Kopfhörer, den anderen
steckte er sich selbst ins Ohr. Dann betätigte er die Abspieltaste auf seinem
Handy.
    Zunächst war nur ein Rauschen zu vernehmen. Dann hörte man im
Hintergrund Kirchenglocken, die zwei Mal schlugen.
    »Das Band wurde mitten in der Nacht, gegen zwei Uhr aufgezeichnet«,
sagte de Boer. »Erkennst du die Glocken?«
    »Nein«, antwortete Ferschweiler, »mein Kopf ist noch nicht wieder so
weit, dass ich Feinheiten der Trierer Geläute erkennen könnte.«
    »Entschuldige, Rudi. Daran habe ich nicht gedacht. Macht aber nichts,
du wirst es gleich ohnehin erfahren.«
    De Boer ließ die Aufnahme weiterlaufen. Nun konnte man das Schlagen
einer Fahrzeugtür vernehmen.
    »Hallo, Ulrike«, hörte Ferschweiler eine männliche Stimme sagen.
    »Das ist ja Kafka«, entfuhr es ihm erstaunt.
    »Na, habe ich dir zu viel versprochen?«, fragte de Boer. »Aber wart
ab, es wird noch besser.«
    Ferschweiler hörte, wie Kafka sagte: »Es tut mir leid, dass du
warten musstest. Heute ist ein schrecklicher Tag, das kannst du dir sicher
vorstellen. Rolf hat mich angerufen und mir erzählt, was passiert ist. Du hast
ihn tatsächlich als Erstes informiert? Und mich hast du nicht angerufen, um es
mir zu sagen? Das überlässt du also deinem Mann, na wunderbar. Also, was gibt
es so Dringendes, was du mir nicht am Telefon sagen kannst? Und warum treffen
wir uns vor St.   Matthias, noch dazu mitten in der Nacht?«
    Eine weibliche Stimme antwortete: »Hallo, Laszlo, ist nicht so schlimm,
dass du mich so lange hast warten lassen.« Dann trat eine kurze Pause ein.
»Aber ich weiß ja sowieso«, fuhr sie fort, »dass ich in deinem Leben keine
Rolle mehr spiele. Ich kann also nicht sagen, dass ich Melanie nachtrauere,
aber das kannst du dir denken, oder?«
    »Das ist die Stimme von Ulrike Kinzig«, sagte Ferschweiler.
    »Richtig«, meinte de Boer.
    Ulrike Kinzig sagte: »Weißt du, Laszlo, niemand hat von meinen
Gefühlen für dich etwas geahnt. Selbst Rolf, der Idiot, nicht. Erst als er uns
miteinander in meinem Bett ertappt hat, ist ihm so einiges klar geworden. Aber
egal. Er ist ja von dir abhängig, nicht du von ihm. Was sollte er also machen?
Ich hatte ja schon längst meine Ruhe vor ihm, und er hat im Gegenzug damit
angefangen, nur noch mehr zu saufen und ständig diese blöden Pornos zu schauen.
Aber ich, ich habe dich wirklich geliebt. Und du hast mich nur ausgenutzt und
bist Melanie verfallen. Als ich euch beide vor ein paar Wochen im Turmzimmer
erwischt habe, da konnte ich es einfach nicht fassen. Ihr seid echte Schweine.
Schon von unten habe ich Melanies Stöhnen gehört. Ich bin leise die Holztreppe
hochgestiegen und habe euch beide gesehen. Melanie hat zwischen all den
ausgestopften Viechern auf dem Boden gelegen, und du hattest deinen Kopf zwischen
ihren Schenkeln. Es war furchtbar, Laszlo. Dass du mir das antun konntest!«
    Dann war wieder Kafka zu hören: »Bist du fertig, Ulrike, meine
Kleine? Was willst du eigentlich von mir? Ich habe mich in Melanie verliebt. So
ist es eben. Wenn ich mit ihr geschlafen habe, dann war das für mich wie der
Himmel auf Erden. Sie war die wunderbarste und phantastischste Frau, der ich je
begegnet bin.«
    Für einen Moment trat auf dem Band Stille ein. Nur das schwere Atmen
von Ulrike Kinzig und Laszlo Kafka war zu hören.
    »Ich weiß«, sagte Kafka dann, »dass ich dich verletzt habe. Aber was
hast du denn von mir erwartet? Dass ich dich heirate? Dein Mann ist immerhin
mein Freund und Geschäftspartner.«
    Ferschweiler schaute de Boer an und wollte etwas sagen, aber sein
Assistent schüttelte den Kopf und forderte ihn damit auf, still zu sein und
weiter zuzuhören.
    »Du hast mich nur ausgenutzt, von Anfang an«, sagte Ulrike Kinzig.
»Ich war bloß ein Spielzeug für dich. So wie alle anderen Frauen auch nur
Spielzeuge für dich sind. Und die Rosskämper, die hast du auch nur gevögelt
wegen ihren guten Beziehungen. Gib es zumindest zu!« Den letzten Satz hatte sie
mit lauter, schluchzender Stimme ausgestoßen.
    »Geht das vielleicht auch noch etwas lauter?«, entgegnete Kafka
hörbar erregt.
    »Ach, soll man uns doch hören!«, schrie Ulrike Kinzig nun wieder mit
fester Stimme. »Du benutzt die Menschen nur. Du bist ein solcher Egoist, in
deinem Leben dreht sich alles immer nur um dich. Liebe, Mitgefühl, das kennst
du doch gar nicht. Also hör auf, hier den Trauernden zu spielen. Das nimmt dir
keiner ab.«
    »Was willst du von mir,

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