Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die schoene und der Lord

Titel: Die schoene und der Lord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaclyn Reding
Vom Netzwerk:
die alte Valeria Gorrie zu besuchen. Du weißt doch, wie er sich ständig nach ihr erkundigt.« Mary lächelte. »Allmählich glaube ich fast, daß er sich in sie verguckt hat.«
    Catriona aber war noch immer nicht ganz wohl zumute. Vielleicht hatte ihre Mutter ja recht, aber was hatte es mit der Karte auf sich? Es sei denn natürlich, der Colonel hätte sie mitgenommen, um nicht das Risiko einzugehen, daß jemand sie in seiner Abwesenheit im Haus aufspürte. Aber was, wenn er gar nicht irgendwo auf Besuch wäre? Was, wenn derselbe Mensch von der Bildkarte des Colonels erfahren hatte, der schon Kenntnis von Roberts Vater und seinem Journal erhalten hatte?
    Mary hatte Catriona die Besorgnis wohl vom Gesicht abgelesen, denn sie sagte: »Gräme dich nicht, Catriona. Ich werde gleich morgen früh deinen Dad losschicken, um nach dem Colonel zu suchen. Er wird ihn bestimmt finden.«
    Catriona nickte, denn sie wußte, daß sie an diesem Abend nichts mehr ausrichten konnte. Sie würden bis morgen früh warten müssen. Dann legte sie ihr braunes Wollcape ab und hängte es an den Kleiderhaken hoch oben an der Wand. »Wann ist Dad denn heimgekommen?«
    »Kurz nach Einbruch der Dunkelheit«, sagte Mary und kniff die Augen zusammen, um ihre Stiche weiter zu prüfen. »Hat nicht mal sein Abendbrot gegessen, so müde war er.« Just in dem Moment war vom Schlafzimmer her ein lautes Schnarchen zu vernehmen. »Sägt wie ein Holzfäller und riecht außerdem wie ein altes Bierfaß. Da habe ich mir gedacht, daß ich
    heute nacht ohnehin kein Auge zubekomme und die Zeit ebensogut nutzen kann, um diese Stopfarbeit zu erledigen.« Catriona setzte sich vor ihrer Mutter auf den Boden und stützte das Kinn auf ihre angezogenen Knie. »Dein Kleid ist wirklich schön, Mam.«
    »Tja, Mairead versteht sich auf einen feineren Stich als ich.« Dann deutete sie an die Wand, wo das für Catriona bestimmte Kleid hing, das noch nicht ganz fertig war. »Mairead sagt, du sollst das Kleid erst einmal anprobieren, um zu sehen, ob es dir auch wirklich gut paßt. Sie will es erst dann fertignähen.« Catriona stand auf und entkleidete sich bis auf die Unterwäsche, um dann das Kleid überzustreifen. Angus hatte ihnen einst einen Spiegel mitgebracht, der Teil einer Schiffsladung gewesen war. Während des Transports war er beschädigt worden, die rechte obere Ecke des Glases fehlte, aber Catriona konnte immer noch jede Einzelheit des wunderschönen hellblauen Kleides erkennen, das Mairead ihr genäht hatte.
    Es paßte ihr wie angegossen, schmiegte sich knapp an ihre Taille und sprang auf gefällige Weise von der Hüfte aus in einen weiten Rock auf, der in bauschigen Falten bis zu den Knöcheln fiel. Die bis zum Ellbogen reichenden Ärmel waren mit ein wenig schneeweißer Spitze verziert, die Angus gleichfalls bei einem seiner Abstecher erbeutet hatte. Ein Besatz aus etwas hellerem Seidenband verschönte den eckigen Halsausschnitt, der sich vorteilhaft um ihren Busen schmiegte, und Mairead hatte aus etwas Karostoff eine Art Überrock gefertigt, der sorgsam um ihre Taille drapiert war. Den Karostoff hatte Mairead eigenhändig gewebt, und er wies die traditionellen Farben der MacBryans auf: Dunkelgrün und Marineblau, durch die ein weißer Streifen lief. Das Blau des Kleides kam dadurch wunderschön zur Geltung.
    »Es ist absolut perfekt«, sagte Catriona und drehte sich herum, um auch die Rückseite bewundern zu können, wo sich die Röcke anmutig um ihre Knöchel bauschten.
    »Mairead ist die begabteste Näherin, die ich kenne.« Mary schwieg ein Weilchen und bemerkte schließlich, während sie lächelnd weiternähte: »Und morgen nacht wird dein junger Gutsherr glauben, du seist eine Seejungfrau, die zu menschlichem Leben erwacht ist.«
    Catriona drehte sich wieder um und betrachtete kritisch ihr Spiegelbild. Ihr Haar hatte sich aus dem Kopftuch gelöst und ringelte sich ihr ums Gesicht, eine üppige Strähne reichte ihr sogar bis über die Schulter. Schmutz haftete ihr an der Wange, und ihre Finger waren ganz schwarz, weil sie am Nachmittag Briefe für Robert geschrieben hatte. Außerdem kam es ihr so vor, als röche sie ein wenig nach Bayard.
    Falls Robert sie jetzt so sähe, und dies der erste Anblick wäre, den er seit dem Verlust seines Augenlichts zu sehen bekäme -er würde sich bestimmt wünschen, wieder blind zu sein.
    »Eher würde er mich wohl für ein Seeungeheuer halten«, sagte sie verdrießlich und zog ihr neues Kleid wieder aus, um es an den

Weitere Kostenlose Bücher