Die Schoene und der Milliardaer
misstraue dieser Frau.â
âMerkwürdig. Ich mag sie. Sehr sogar.â
âDas kann ich verstehen. Aber wer ist sie? Sie hat eine Vergangenheit.â
Rowena nickte. âNatürlich. Das spürt jeder, der kein Holzkopf ist. Sie ist gebildet und kann bei jedem Thema mitreden. Einmal habe ich ihr auf Französisch ein Kompliment für ein besonders schönes Lilien-Gesteck gemacht. Sie hat auf Französisch geantwortet. Ganz ohne Schwierigkeiten und flüssig. Fast ohne Akzent. Du weiÃt, wie gut mein Französisch ist. Sonyas ist besser. Was mich irritiert: Sie spricht nie von sich. Doch ich spüre, dass sie schrecklich einsam ist und eine tiefe Traurigkeit in sich trägt. Was meinst du?â
âVielleicht gehört das zu ihrer Rolle als geheimnisvolle Frau. Auf mich wirkt sie wie eine vollendete Schauspielerin.â
Rowena schüttelte energisch den Kopf. âIch halte sie für glaubhaft.â
âGlaubhaft als was? Rowena, ich habe Erkundigungen eingezogen. Dabei ist nichts herausgekommen. Vielleicht lässt sich über Interpol etwas in Erfahrung bringenâ, scherzte er.
âSie ist erst seit fünf Jahren in Australien.â
âSo viel weià ich inzwischen auch. Aber woher kommt sie? Aus Frankreich doch wohl nicht.â
âAus Ungarnâ, behauptete Rowena.
âUngarn?â Er setzte das Weinglas ab und schaute sie nachdenklich an. Rowena und ihr Mann hatten viele Jahre in Europa gelebt. âDas Land von Liszt, Bela Bartok, Kodály und Lehár? Auch die Gabor-Schwestern und ihre Mutter kommen daher. Du weiÃt, dass ich noch nie in Budapest war, obwohl du es für eine der schönsten Städte Europas hältst und dich oft dort aufgehalten hast. WeiÃt du es von ihr selbst, dass sie aus Ungarn kommt? Hast du sie gefragt?â
âNein, mein Lieber, das musste ich nicht. Ich kann mich auf mein Ohr verlassen. AuÃerdem ist Sonya eine verschwiegene junge Frau. Ihre Vorsicht, ihre Unsicherheit, wenn du so willst, sitzt tief und stammt aus ihrem früheren Leben. Irgendwie hat sie gelernt â¦â
â⦠eine Maske zu tragenâ, beendete er ihren Satz. âAber was verbirgt sie dahinter?â
Rowena seufzte. âAm nächsten Sonntag gebe ich wieder einen Lunch und habe Sonya einladen. Hast du nicht Lust, auch zu kommen?â
Holt entschied sofort zuzusagen und sich erst später um die Schäden zu sorgen, die daraus entstehen könnten. âWie ist es mit Marcus?â
âZuerst wollte ich mit dir sprechen, bevor ich ihn anrufe. Wenn ihn die anderen Gäste interessieren, wird er kommen.â
âUm Himmels willen, Rowenaâ, stöhnte Holt. âWir müssen sehr vorsichtig sein. Ich befürchte, die schöne Sonya wird ihre Trickkiste öffnen.â
âSchon möglich. Aber ich mag sie, und ich liebe Geheimnisse. Du doch auch.â Sie zwinkerte ihm zu.
âWenn sie nur älter wäre! Passenderâ, klagte er.
âNein, nein. Versuch nicht, Marcus mit Tara Bradford zu verkuppeln!â Seine GroÃtante hob abwehrend die Hände.
âTara würde ihm wenigstens nicht das Herz brechen.â
âDas wäre ja noch schöner! Seien wir froh, dass Marcus keinerlei romantische Gefühle für die gute arme Tara hegt. Ich will nichts gegen sie gesagt haben. Sie ist in vielerlei Hinsicht eine groÃartige Frau, aber sie hat nun mal Beine wie Kartoffelstampfer.â
âIch wünschte, Sonya Erickson hätte die auchâ, murmelte Holt. âSie trug ein langes Abendkleid, deshalb kann ich ihre Beine nicht beurteilen.â
âAber ichâ, triumphierte Rowena. âSie sind perfekt.â
Am nächsten Tag fuhr Holt zu Hause bei Marcus vorbei. Er hatte in den letzten Tagen besonders viel gearbeitet, denn seit seine Eltern in den Staaten waren, übernahm er auch Aufgaben, die normalerweise sein Vater erledigte. Noch leitete er Wainwright Enterprise, doch er begann sich allmählich zurückzuziehen und mehr und mehr Verantwortung in die Hände seines einzigen Sohnes zu legen. Deshalb hatte Holt keine Gelegenheit gefunden, bei seinem Onkel in der Firma vorbeizuschauen. Marcus leitete die Immobilien-Abteilung. Da Wainwright Enterprise viele Liegenschaften besaÃ, war das ein anspruchsvoller Job. Sowohl Marcus als auch er hatten Jura und Wirtschaftswissenschaften studiert, hervorragende Abschlüsse gemacht und sahen sich
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