Die schoenen Hyaenen
Röntgenaufnahmen.
»Ja.« Mary Jane meinte, ihre Brust werde zusammengepreßt, so ergriff sie diese Antwort. »Die Aufgabe stellt mich vor eine Herausforderung und fasziniert mich.« Er kam ganz dicht zu ihr. »Haben Sie je geraucht?«
»Nein.«
»Gut. Sie dürfen damit auch nie anfangen. Sonne ist verboten. Absolut verboten. Immer Sonnenschutz.«
Sie blickte hinaus zu den tiefhängenden Wolken, dem strömenden Regen. »Immer, Doktor?«
Er lächelte. »Nachts nicht. Auch keinen Alkohol.«
»Nicht einmal Wein?«
»Auch kein Bier. Lassen Sie es mich so ausdrücken: Irgendwann trinkt man doch einmal einen Schluck. Sie müssen nur sehr zurückhaltend sein, denn auch der Alkohol tut Ihrer Haut nicht gut. Bisher hat die Sonne noch keinen Schaden an Ihrer Haut angerichtet.«
»Weil ich mir nie einen Urlaub leisten konnte und ein ölverschmutzter Strand mich nicht lockte.«
»Ein glücklicher Umstand.« Er machte eine Pause, nahm ihre Hand, und sie dachte schon, er werde persönlich werden, ihr Trost spenden. Statt dessen zog er mit Daumen und Zeigefinger die Haut auf ihrem Handrücken hoch und beobachtete, wie der kleine Hauthügel niedriger wurde, bis er verschwand. »Für eine Frau Ihres Alters ist die Elastizität Ihrer Haut bemerkenswert. Das wird uns helfen. Was essen Sie so den ganzen Tag?«
Sie sagte es ihm.
»Gut. Aber sie müssen mehr rohes Gemüse essen und sehr viel Wasser trinken. Austrocknung ist für die Haut gefährlich. Wenn Sie dieses etwas unnatürliche Gewicht und die Vorzüge der Chirurgie bewahren wollen, können Sie von jetzt an nur zwei fettarme Mahlzeiten pro Tag zu sich nehmen. Sie versuchen, ein nicht naturgegebenes Ideal zu erreichen, ein Ideal, das eigentlich keine Frau nach ihrer Jugend mehr erreichen kann. Seit ein großer Busen zu einem abgemagerten Körper gehört, werden solche Korrekturen vorgenommen, denn es gibt praktisch keine Frau, die diese beiden Erfordernisse von Natur aus mitbringt.«
»Verhelfen Sie den jungen, überschlanken Models zu Brüsten nach Wunsch?« fragte Mary Jane.
»Ich nehme überhaupt keine Operationen am Körper vor. Nur im Gesicht. Ich kenne auch keinen Arzt, der gute Ergebnisse am Busen vorzeigen kann. Ich empfehle immer eine Ärztin. Sylvia Wright. Im Grunde ist es ja auch logisch und nachvollziehbar, daß eine Frau ein besseres Gespür für die Brust einer Frau hat als ein Mann. Aber auch Dr. Wright lehnt Implantate ab. Vor neun Jahren wurde in Fachzeitschriften erstmals über Silikonprobleme geschrieben. Aber Sie brauchen ja kein Implantat. Sie brauchen nur eine Veränderung und ein Liften.«
Mary Jane sah auf ihre Hängebrust. Nach dem Gewichtsverlust sah sie noch schlimmer aus als vorher. Doch alles zu seiner Zeit. Wichtig war für Mary Jane nur, daß Mr. Moore sich ihres Falles annahm und daß er an den Erfolg seiner Bemühungen glaubte.
22.
Sharleen parkte den Datsun, den Dobe ihr und Dean geschenkt hatte, vor einem Schnellrestaurant an der Ming Avenue. Sie griff nach der Zeitung und schlug die Seite mit den Stellenangeboten auf, obwohl sie die Anzeige längst kannte.
Leider wurde auch hier eine »erfahrene Kraft« gesucht. Dieses Lokal war bereits das achte an diesem Tag. Alle anderen Restaurants hatten abgesagt, weil ihr die Erfahrung fehlte, oder man hatte ihr zweideutige Angebote gemacht.
Wieviel Erfahrung braucht man, um Lastwagenfahrern Spiegeleier und Eintopf zu servieren? fragte Sharleen sich. Inzwischen hatte sie in so vielen Schnellrestaurants gegessen, daß sie wußte, wie es hier zuging. Und Sharleen brauchte Arbeit. Ohne Arbeit gab es kein Geld und keine Möglichkeit zu übernachten. Sie hatte nur zwei Alternativen: Entweder mußte sie lügen, was ihre Erfahrung anging, oder sie mußte diesen Typen erlauben, an ihr herumzumachen.
Sharleen blickte in den Rückspiegel. Sie zwickte sich in die Wangen, weil das ihre Mutter immer gemacht hatte, wenn sie kein Geld für Make-up hatte.
Sharleen preßte die Lippen zusammen, bis sie rot wurden. Sie zupfte an ihrer mexikanischen weit ausgeschnittenen Bluse, die immer wieder über die eine Schulter zu rutschen drohte.
»Lieber Gott, hilf mir!« betete sie.
Sie verließ den Wagen, schloß ihn ab und zog den Cowboygürtel noch ein Loch enger. Dann fühlte sie sich gerüstet.
In ihren enganliegenden Jeans ging sie entschlossen auf das Lokal zu. Dabei schwang sie ein wenig die Hüften, für den Fall, daß die Kunden sie kommen sahen. Sie wollte lieber den Eindruck erwecken, als habe sie
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