Die schoenen Hyaenen
nicht die geringsten Sorgen.
Bevor sie auch nur die Hand auf den Türknauf legen konnte, ging die Tür auf und der dickste Mann, den sie je in ihrem Leben gesehen hatte, stand vor ihr.
»Ich habe Sie erwartet. Nein, ich sollte besser sagen, ich habe gehofft, daß Sie kommen.« Er hielt Sharleen die Tür auf. Sie quetschte sich an ihm vorbei. Es war kühl und laut in dem Lokal. Die Männer und zwei weibliche Gäste sowie eine ältere Frau in Kellnerinnenuniform sahen Sharleen an. Offenbar hatte Sharleen richtig vermutet. Sie war beobachtet worden.
»Ich bin Jake, und das Lokal gehört mir. Darum heißt es auch >Jake's<.« Er brachte Sharleen zu einem etwas ruhigeren Ecktisch.
Sharleen lächelte. »Wetten, daß Sie wissen, warum ich hier bin?«
»Du bist eingestellt. Leg die Zeitung weg, und trink eine Tasse Kaffee mit mir. Dann erzählst du mir etwas über dich.« Er ging an den Tresen und kam gleich darauf mit zwei weißen Steingutbechern voll Kaffee und einem 'Teller Donuts zurück.
»Moment mal, Jake. Was soll das heißen, daß ich eingestellt bin? Sie haben noch gar nicht nach meiner Erfahrung gefragt.« Erleichtert machte Sharleen sich klar, daß sie nun vielleicht gar nicht lügen mußte. Ein so dicker Mann wie Jake würde auch kaum auf den Gedanken kommen, ihr nachzustellen.
Jake stemmte die fleischigen Arme auf den Tisch und lächelte breit. »Lady, schon als du ankamst, sah ich, daß du erfahren genug bist. Alle haben es gesehen.« Er wies auf die Handvoll Geschäftsleute und Truckerfahrer. »Das sind meine Stammgäste. Die möchte ich auch behalten. Und sie haben alle gemeint, daß du für uns richtig bist.« Er stopfte sich einen Donut in den Mund und wartete gar nicht, bis er ihn hinuntergeschluckt hatte, sondern nuschelte: »Wie heißt du?«
Sharleen lachte. Gottes Wege waren in der Tat oft unerforschlich.
Zwei Reihen weißer Plastikblumen, von Staub und Fettdünsten grau geworden, zierten die Fensterbretter des Lokals. Auf den 'Tischen lagen geblümte Plastiktischdecken. Um eine künstliche Topfpflanze auf jedem Tisch gruppierten sich Salz- und Pfefferstreuer, eine Flasche Barbecuesauce, ein Zuckerspender und eine Blechschachtel mit kleinen Papierservietten. Die Nischen an den Wänden hatten hohe, steile Lehnen. Die Sitzpolsterung bestand aus orangefarbenem Kunststoff, vielfach aufgerissen und mit grauem Klebeband geflickt, um die herausquellende Füllung zurückzudrängen. In jeder Nische gab es eine kleine Jukebox mit einer Liste der verfügbaren Platten, durchweg Country- und Westernsongs aus den 50er Jahren.
Am Tresen saßen die Truckerfahrer auf Barhockern. Ihre
breiten Hintern hingen über die runde Sitzfläche. Sie beugten sich tief über ihren Kaffee oder ihr Essen. Lautstark wurde über Baseball, Straßenzustand, Jagd und Fischen diskutiert. Nur die beiden Frauen hielten sich aus diesen Gesprächen heraus. Sie waren in ein ernstes Gespräch vertieft.
Die ältliche Kellnerin eilte zwischen Gästen und Küche hin und her. Sie schleppte Fleischgerichte mit viel Sauce und servierte Desserts, meist Obstkuchen. Ständig schrie sie der mexikanischen Köchin neue Bestellungen zu. Der Köchin in der kleinen Küche lief indessen der Schweiß übers Gesicht. Unter einer roten Heißluftlampe standen die fertigen, noch nicht von der Kellnerin abgeholten Tellergerichte.
Das ist besser als McDonald's, dachte Sharleen. Zumindest scheint es hier Trinkgelder zu gehen. Jake wischte sich mit dem Handrücken die Krümel von seinem letzten Donut aus den Mundwinkeln. »Wie heißt du?« wiederholte er.
»Sharleen. Wann soll ich anfangen?«
23.
Auszug aus den Akten von Laura Richie
Nachdem alle vorbereitenden Untersuchungen erfolgt waren, stellte Brewster Moore einen Zeitplan für Mary Jane auf. Er schlug ihr die anderen Ärzte vor, die die Operationen an ihrem Bauch, ihrem Gesäß und ihrer Brust vornehmen sollten. Er versprach ihr, deren Arbeiten stets mitzuverfolgen. Mit vielen arbeitete er ohnehin häufig in der Klinik zusammen, die er für mittellose Kinder gegründet hatte.
»Ist das nicht eine sehr deprimierende Tätigkeit?« fragte Mary Jane.
»Weniger deprimierend, als ein Gespräch mit einer Dame der gehobenen Gesellschaft zu führen, die sich ihr Gesicht bereits zum drittenmal liften lassen will. Möchten Sie einmal die andere Seite meiner beruflichen Tätigkeit sehen?«
Mary Jane entging der Vorwurf in Moores Stimme nicht, und so nahm sie die Einladung an. Seit sie Moore vor Wochen
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