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Die schoenen Hyaenen

Die schoenen Hyaenen

Titel: Die schoenen Hyaenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olivia Goldsmith
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Gesicht. Nein, er meinte es nicht ironisch. Er meinte es ernst. Raoul war das erste männliche Wesen, das sie hübsch fand.
    Häufig kam Brewster Moore am späten Nachmittag auf die Station und besuchte die Kinder oder sprach mit den verängstigten Eltern. Bei Raoul hielt Moore sich meist länger auf. Anschließend trank er eine Tasse Kaffee mit Mary Jane. Darauf freute sie sich. Wenn er einmal nicht erschien, schmerzte die Enttäuschung. Sie spottete über sich selbst: Na fein, jetzt bin ich schon so weit, daß ich wegen meiner Nase Komplexe und wegen meines Arztes Liebeskummer habe. Es wird Zeit, daß ich mich mit einem neuen Leben auseinandersetze.
    Zum erstenmal fand Mary Jane Freude an ihrem Pflegeberuf. Den Gedanken, daß sie eines Tages die Kinder würde verlassen müssen, wie diese armen Kleinen schon einmal im Stich gelassen worden waren, fand sie unerträglich. Sie sagte sich, daß sie sich möglichst schnell hier losreißen mußte, bevor sie sich zu tief verstrickte.
    So beschloß sie eines Nachts, nach der nächsten Operation in Richtung Kalifornien aufzubrechen. Es wurde Zeit, daß sie ihr enges, selbstgewähltes Gefängnis verließ.
    Sie würde einen neuen Namen brauchen. Ihr Alter wollte sie künftig mit vierundzwanzig angeben. Auch wenn sie sich davor fürchtete, erneut zu versagen, wich sie nun innerlich nicht mehr vor dem Neuanfang aus.
    Die Nasenoperation erfolgte in Etappen. Dr. Moore hatte eine Methode entwickelt, die es überflüssig machte, das Nasenbein zu brechen, was mit monatelangen starken Schwellungen bezahlt werden mußte. Der erste Teil der Prozedur lag nun hinter Mary Jane. Tagelang war sie den Blutgeschmack im Mund nicht losgeworden, wochenlang hatte sie nur unter Mühen Schlaf finden können. Das Lächeln schmerzte. Es verursachte Beschwerden, wie es hier diskret umschrieben wurde.
    Die letzte Operation dauerte kaum eine Stunde. Mary Jane erhob sich vom Operationstisch. Sie fühlte sich nur ein klein wenig schwindelig. Ein weißer Gazeverband bedeckte ihre Nase. Nach einer ruhelosen Nacht packte sie am nächsten Tag ihre Sachen und kündigte ihr Zimmer. Sie arbeitete noch eine Woche in der Klinik und verabschiedete sich dann von den Kindern.
    Monatelange Schmerzen, Warten auf Heilung und die nächsten Operationen hatten ein Ende gefunden. Nur der Verband auf der Nase mußte noch entfernt werden. Mary Jane fürchtete sich davor. Sie wagte es nicht allein, sondern ging damit zu Dr. Moore, ihrem einzigen Freund.
    In dem Behandlungszimmer überfiel Mary Jane eine solche Woge von Nervosität, daß sie Dr. Moore am liebsten gebeten hätte, ihre Hand zu halten. Natürlich verbot ihr das die Schüchternheit. Doch Dr. Moore schien zu ahnen, was in ihr vorging. Er trat hinter sie und legte die Hände auf ihre Schultern. So veranlaßte er sie, zu einem Spiegel zu gehen. Dort nahm er ihr den Verband ab.
    Mary Jane starrte ihr Spiegelbild an. Eine Fremde blickte ihr entgegen. Die Fremde hatte ein ovales Gesicht, ein festes Kinn, eine breite, glatte Stirn, dünne, leicht geschwungene Augenbrauen, feine Wangenknochen und eine edle, schmale Nase. Perfekt auch der scharfe Einschnitt unter der Nase und über der Oberlippe. Ja, Mary Jane war schön. Alles an ihr hatte sich verändert, bis auf ihre Augen.
    Unwillkürlich hob sie die Hände an ihr Gesicht, um sich zu vergewissern, daß dieses schöne Gesicht wirklich zu ihr gehörte.
    Dr. Moore ließ ihr viel Zeit. Mary Jane konnte sich von dem Spiegel kaum losreißen. Erstaunlicherweise empfand sie keine Befangenheit dem Arzt gegenüber. Vielleicht, weil er sie so intensiv ansah wie sie sich selbst.
    Am Ende brach er doch das Schweigen. »Sind Sie zufrieden?«
    Sie wandte sich ihm zu. »Danke! Ich danke Ihnen mehr, als ich es je in Worte fassen kann. Sie haben mir ein neues Leben geschenkt. Ihnen verdanke ich eine zweite Chance in meinem Leben. Ich werde immer in Ihrer Schuld stehen.«
    Er wich ihrem Blick aus. Vielleicht machte sie ihn verlegen. Doch dann lächelte er sie wenig später wieder an. »Sind Sie für Ihr neues Leben gerüstet?«
    Sie nickte stolz. »Ich habe alles fest geplant. Sogar einen neuen Namen. Ich werde nun Jahne heißen, Mary habe ich nie gemocht und Jane ohne das >h< wollte ich auch nicht.«
    »Jahne Moran.«
    »Nein, nicht Moran. Ich möchte auch einen neuen Nachnamen, wenn auch mit dem selben Anfangsbuchstaben. Ich würde mich gern Moore nennen. Oder macht Ihnen das etwas aus?«
    »Im Gegenteil. Ich fühle mich geehrt.«
    »Und

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