Die schoenen Hyaenen
Privatleben. Und kein Autostop. Das ist Schrott. Setzt sie auf Motorräder. Das ist sexy. Außerdem sprechen wir damit die männlichen Zuschauer an. Wir verkaufen ihnen auf die Weise die Parfums, die sie ihren Freundinnen zu Weihnachten schenken.«
»Welche Parfums, Mutter?« fragte Hyram.
»Die neuen. Die nach den drei Heldinnen benannt werden. Wie, zum Teufel, heißen die überhaupt?«
»Cara, Crimson und Clover«, schlug Sy vor.
»Glänzend.« Monica schmunzelte zufrieden.
»Aber Mutter, die Kosten! Drei neue Duftnoten in einem Jahr zu entwickeln und auf den Markt zu bringen habe ich nicht eingeplant.«
»Wenn du die Zeit dafür nicht aufbringst, Hyram, werde ich das übernehmen«, ließ Monica ihn abblitzen.
Sie stand wieder auf. Ihre Hand mit den zahllosen Altersflecken umfaßte den Goldknauf ihres Stockes. Sie bleib noch einen Moment stehen und sah sie alle an. »Wir sind uns über die Hauptdarstellerinnen klar. Keine Drogenabhängigen, keine Huren. Sauber. Holen Sie sie aus Kanada, wenn nötig. Angeblich gibt es dort ja noch Jungfrauen.«
2.
Jahne traf mit einem Koffer in Los Angeles ein. Weil man in L.A. nicht ohne ein Auto auskommt, lieh sie sich für zwei Wochen den billigsten Wagen, den sie bekommen konnte und mietete sich in einem kleinen Hotel ein, in dem sie 286 Dollar pro Woche im voraus zu entrichten hatte. In dem Zimmer fehlte jeglicher Komfort. Doch es war sauber und hatte gute Schlösser an der Tür. Außerdem hörte man keine Betrunkenen grölen und streiten. Ein ruhiges Haus. Einer ihrer Nachbarn war ein netter junger Mann mit langem blonden Haar.
Jahne lag auf dem Bett, neben sich einschlägige Zeitschriften: Daily Variety, The Hollywood Reporter , Weekly Variety und einige andere. Gewissenhaft notierte sie alle Vorsprechtermine und das, was dabei verlangt wurde. Nach so vielen Berufsjahren mußte Mary Jane nun nach etwas ganz anderem Ausschau halten als bisher: Rollenangebote für junge, attraktive Darstellerinnen.
Die Arbeit machte Durst. Mary Jane hätte gern kaltes Mineralwasser oder ein Bier getrunken, doch es gab keinen Automaten im Star Drop Inn . Dafür hätte sie quer über den heißen Parkplatz zum nächsten Supermarkt gehen müssen.
Vor ihrer Abreise nach Los Angeles hatte Jahne fast zweitausend Dollar ihres Vermögens — der Scheck des Anwalts war rechtzeitig eingetroffen — für einen Fotografen rausgegeben. Dafür hatte er hervorragende Arbeit geleistet, und so war das Geld gut angelegt gewesen. Jahnes dichter Schopf dunkles Haar, von hinten beleuchtet, ließ ihr Gesicht noch vollkommener erscheinen. Immer wieder betrachtete sie die Bilder fasziniert. Wenn also kein persönliches Interview mit den entscheidenden Leute zustande kommen sollte, wollte sie wenigstens eine Foto und ihre Karte hinterlassen können.
Im Hollywood Reporter fand sie einen Hinweis auf Neils Show. Sie seufzte. Sie kannte diese Show. Gut fand sie sie nicht. Eine Ironie des Schicksals hatte es so gefügt, daß Jahne nur zwei Leute in L.A. kannte: Sam und Neil. Weder mit dem einen noch dem anderen konnte sie sich in Verbindung setzen. Mit dem einen, weil er sie liebte, mit dem anderen, weil er sie nicht liebte.
Es klopfte. Jahne sprang auf. Sie öffnete die Tür nur einen Spalt. Vor ihr stand der blonde junge Mann von nebenan. »Hallo. Ich bin Pete Warren.« Er hielt ihr eine Dose Bier hin. »Wollen Sie?«
»Nein, danke.« Er sah nett aus. Sie schätzte ihn auf zwei-oder dreiundzwanzig. Seine schönen Zähne blitzen. Schöne Zähne schien überhaupt jeder hier zu haben.
»Moment, ich will ja gar nichts. Hab nur eine Dose übrig«, sagte er und reichte sie ihr durch den Spalt. »Bis bald«, verabschiedete er sich. Er hatte breite Schultern. Unter seinem Hemd spielten die Muskeln.
»Danke!« rief sie ihm nach. Dann schloß sie die Tür. Dankbar trank sie einen langen Schluck. Unwillkürlich stellte sie sich die Frage, ob Pete Warren sie als Mary Jane überhaupt zur Kenntnis genommen hätte. Sicher nicht. So wertete sie das Bier als gutes Vorzeichen.
Im Gegensatz zu den letzten zwei Jahren, die ihr wie ein beklemmender Traum erschienen, war L.A. ein schöner Traum. Nach dem düsteren New York endlich Sonne, Strand. In ihrer neuen Schönheit paßte sie nach L.A.: hochhackige Pumps, schlank, attraktiv. Schon beim Aufwachen fühlte sie sich super. Das Anziehen machte Freude. Mit Genugtuung trug sie ihr Make-up auf. Nur gelegentlich juckten die Narben noch. Abgesehen davon war Jahne voller Optimismus
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