Die schoenen Hyaenen
Stimme gesagt: »Du bist nicht wie dein Vater.« Das lief kaum auf eine Umarmung hinaus, doch Sam nahm es auf wie eine Segnung.
Sein Vater hatte seine Hand ergriffen, kaum daß sie außerhalb der Hörweite seiner Frau waren und hatte auf den schicken Leinenanzug seines Sohnes gedeutet, auf die Sonne über L.A., die Palmen und die Limousine, mit der Sam sie zum Flughafen gebracht hatte. »Mach keinen Scheiß, und erhalt dir das.« Daraus sprach nicht unbedingt Vertrauen in Sams Fähigkeiten, doch in gewisser Hinsicht ließ es sich schon als Anerkennung auslegen.
Was Sam unbedingt vermeiden wollte, war »Scheiß zu machen.« Je weiter er sich aus dem Sumpf der Anonymität herausarbeitete und in die Sonne des Erfolges eintauchte, um so entschlossener war er, nicht einmal einen halben Schritt rückwärts zu gehen. Er wollte nicht nur den Erfolg, sondern auch alles, was dazugehörte: den richtigen Tisch in der Polo Lounge, ein standesgemäßes Haus, Personal das seine Anrufe entgegennahm. Das Geld spielte für ihn eher eine Nebenrolle. Mehr lag ihm an der Macht und dem, was mit ihr zusammenhing.
Sam fuhr die kurvenreiche Strecke nach Laurel Canyon hoch. Die Zufahrt wurde von Sträuchern und hohen Pinien verborgen, die eine natürliche Flora vortäuschen sollten, doch tatsächlich von der Kunst des Gartenarchitekten zeugten. Sams Haus war nicht groß, doch originell mit hellem Lehm verputzt und mexikanisch eingerichtet. Viel indianisches Kunsthandwerk, bunte Decken und Läufer, große, unglasierte Töpferwaren. Um den gekachelten Innenhof und den Swimmingpool ragten riesige Kakteen in den Himmel. Sam betrat sein Haus vom saphirblau gefliesten Platz um den Pool aus und warf sein Jackett auf das Sofa. Wie immer führte ihn sein erster Gang zur Bar. Auf dem Weg dahin drückte er eine Taste seines Anrufbeantworters. Er warf einige Eiswürfel in seinen Drink und schickte sich an, die zwei besonderen Freuden seines Tages zu genießen: den Drink und seine Anrufe.
Nachdem das Band zurückgelaufen war, stellte er es auf Vorlauf. »Hallo, Sam, hier spricht Bethanie. Ich habe eine tolle Aussicht auf eine Rolle in Marty DiGennaros Projekt, aber es gibt da einen kleinen Haken, und ich weiß nicht, ob ich deinen Namen benutzen darf. Würdest du mich bitte zurückrufen unter...«
Sam schaltete auf schnellen Vorlauf und kam zur nächsten Nachricht. Sam hatte aus Bethanies Nachricht sofort den falschen Unterton herausgehört. Ein leiser Zweifel blieb trotzdem. Denn Sam bewunderte Marty DiGennaro mehr als jeden anderen amerikanischen Produzenten. Das wußte Bethanie natürlich und machte es sich zunutze.
»April Irons' Büro hier. Bitte rufen Sie sie heute abend unter folgender Nummer an.«
Sam notierte sich die Nummer. Er hatte sich vorgenommen, den Abend mit Crystal zu verbringen, um das Ende der Dreharbeiten mit ihr zu feiern. Doch er konnte April auf dem Weg zu Crystal von seinem Autotelefon aus anrufen.
»Sam, hier spricht Molly. Wir haben lang nichts voneinander gehört. Geht's dir gut? Hast du von Mary Jane gehört?«
Sam seufzte und stellte den Apparat wieder auf den Schnellgang. Molly sollte sich zum Teufel scheren. Molly und Chuck und die anderen von früher erzeugten bei Sam nur Schuldkomplexe. Zudem ödeten sie ihn an. Er wußte ja, daß er sie im Stich gelassen hatte. Doch gleichzeitig erinnerte Molly ihn daran, wie eingeengt sein Leben einmal verlaufen war.
Wieder ein Anruf. »Sam, ich bin's Crystal. Heute abend klappt es leider nicht. Ein anderes Mal.«
Das enttäuschte ihn. Doch es war nicht nur die Enttäuschung, sondern noch etwas. Angst? Crystal führte ein kompliziertes Leben. Sie hatte ein Kind und einen Mann. Sie hatte schon mehr als einmal kurzfristig Verabredungen abgesagt. Doch nun ließ er das Band zurücklaufen und hörte sich wieder an, was sie gesagt hatte. Und da beschlich ihn ein ungutes Gefühl. Mit Dialogen kannte er sich aus. Er verfasste sie ja oft genug. Und diese Nachricht hörte sich ein bißchen zu unpersönlich an. »Ein anderes Mal«. Das klang irgendwie endgültig...
Noch einmal ließ er das Band laufen. Nein, verdammt noch mal, er bildete sich nichts ein. Er spürte es, daß da etwas nicht stimmte. Sam war ein sehr sensibler Mann. Das machte ihn auch zu einem guten Regisseur. Er wählte Crystals Nummer. Ein Mädchen antwortete und versuchte ihn abzuwimmeln, doch er bestand darauf, durchgestellt zu werden.
»Crystal, es geht um heute abend«, sagte er schnell. »April möchte mich
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