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Die schönste Zeit des Lebens

Die schönste Zeit des Lebens

Titel: Die schönste Zeit des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Langen Müller
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mit einem Lappen, bis sie weg sind.
    Sie trägt Gummihandschuhe, in denen man unangenehm schwitzt. Das ist Vorschrift wegen der Putzmittel, die Verätzungen und Hautausschlag verursachen können. Wenn sie die Büros staubsaugt, zieht sie sie trotzdem aus. In die Büros kann der Pförtner in seiner Loge nicht hineinsehen. Sie hat fünf Stunden Zeit für den Flur und für sechzehn Büros. Die Fenster braucht sie nicht zu putzen, aber die Fensterbänke, Schreibtische und Aktenschränke. Auch die Telefone und Computer wischt sie ab, leert die Papierkörbe und die Aschenbecher aus. Eine Pause von zwanzig Minuten steht ihr zu. Dafür steht ein Tischchen und ein Stuhl in der Gerätekammer bereit. Aber Edith macht keine Pause, weil sie sonst nicht fertig ist, wenn der Kleinbus kommt, um sie abzuholen und nach Hause zu bringen.
    Die Büros haben Verbindungstüren, die nicht verschlossen werden. Nur in der Mitte das Zimmer des Chefs und das dazugehörige Vorzimmer muss sie vom Flur aus betreten. Sieben Büros auf der einen und sieben Büros auf der anderen Seite, und in der Mitte die zwei Zimmer des Chefs, Edith hat sich ihre Zeit genau eingeteilt: zwei Stunden für je sieben Büros, das macht 17 Minuten pro Büro, für das Chefzimmer, wo der verglaste Bücherschrank, die Couch und die zwei Sessel mehr Arbeit machen, hat sie etwas mehr Zeit eingeplant: fünfundzwanzig Minuten für das Chefzimmer, fünfzehn für das Vorzimmer. Dazu kommen zwanzig Minuten für den Flur. Wenn der Fußboden keine hartnäckigen Streifen aufweist, kann sie den Flur in fünfzehn Minuten schaffen. Dann hat sie pro Büro fast achtzehn Minuten Zeit.
    Herr Wessels, der Besitzer der Reinigungsfirma, fährt selbst den Kleinbus, der die Frauen abholt und wieder nach Haus bringt. Nach der Arbeit bekommt Frau Markmann ihr Geld von ihm persönlich in bar überreicht. Bevor sie aus dem Bus steigt, reicht er ihr den Umschlag mit fünfunddreißig Euro.
    Ob Sie das dem Finanzamt melden, hat er ihr beim ersten Mal gesagt, geht mich nichts an. Bei mir jedenfalls ist alles legal.
    Edith besprach sich mit ihrem Mann, aber der war in dieser Angelegenheit keine große Hilfe. Mich musst du da nicht fragen, sagte er. Ich hab dich nicht zu diesem Halsabschneider geschickt.
    Und was heißt das nun? Muss ich das nun beim Finanzamt melden oder nicht?
    Egon zuckte mit den Achseln und sie schloss daraus, dass es wohl nicht nötig sei. Aber ein schlechtes Gewissen hat sie doch. Und weil sie ein schlechtes Gewissen hat, ist sie Herrn Wessels besonders dankbar für jeden Umschlag, den er ihr gibt.
    Edith ist mit dem ersten Büro fertig. Sie hat den Stecker des Staubsaugers in die Steckdose neben der Verbindungstür gesteckt, sodass das Kabel auch für das angrenzende Büro reicht. Auf diese Weise braucht sie den Stecker nur jedes zweite Mal umzustecken. Das spart Zeit. Sie arbeitet zügig, nicht hastig, sie weiß, dass sie unter der ihr zur Verfügung stehenden Zeit liegt. Eigentlich brauchte sie nicht auf die Uhr zu schauen. Sie schaut dann aber doch, stellt fest, dass sie mehr als zwei Minuten eingespart hat. Sie wird es wieder schaffen, rechtzeitig fertig zu sein, wird den blauen Müllsack in den Container auf dem Hof werfen, die Schlüssel beim Pförtner abgeben und vor dem Gebäude warten, bis Herr Wessels mit dem Bus vorfährt. Erst wenn sie zu Haus ist, wird sie merken, dass ihr Rücken schmerzt und ihre Beine schwer wie Blei sind.
    Aber bis dahin sind es fast noch viereinhalb Stunden, viereinhalb Stunden, die sie allein in dieser leeren Helle zubringt. Eingehüllt in das Geräusch des Staubsaugers, dringt sie von Raum zu Raum immer weiter vor, traumhaft sicher ihre Handgriffe, als würde sie von einer unsichtbaren Kommandozentrale geleitet. Es ist wie eine Trance, mit dem Staubsauger fährt sie über die Teppichböden, sie leert Papierkörbe und Aschenbecher, wischt über Schreibtischoberflächen und Fensterbänke, und währenddessen gleiten die Gedanken durch ihren Kopf, rückwärtsgewandte, besonnte Gedanken, ruhig dahinfließend wie ein mäandernder Strom: der Mann, der Sohn, das Haus, der Garten, der Ausflug an den Mittellandkanal, Roberts fünfter Geburtstag, seine leuchtenden Augen, als er den Roller mit den Gummireifen sah, die nächtliche Zugfahrt nach Verona, der Augenblick, als sie die Verdunklung des Abteilfensters nach oben schob und das Land in der Morgenpracht vor ihr lag, das Wohnzimmer im Halbdunkel, das Feuer im Kamin, im Flur die Stimmen ihres Mannes und

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