Die schönsten Sagen Österreichs (German Edition)
Schneestürmen und Wärmeverlust zu bewahren. Im Spätsommer wurde das Knappenhaus im Sonnblickgebiet während eines 48 Stunden dauernden Schneesturms völlig eingeschneit. Der Abstieg zum Tal war dadurch unmöglich, ebenso die Versorgung der oben Eingeschneiten. Die Lebensmittelvorräte verringerten sich täglich. Nagender Hunger brachte die Eingeschlossenen auf den Gedanken, den „Leibigsten“ unter ihnen – es war der Schmied – zu verzehren. Dieser ahnte die Gefahr und arbeitete sich heimlich durch den Kamin aufs Dach hinauf, von wo es ihm unter unsagbaren Mühen gelang, sich durch die Schneemassen bis ins Tal hinunterzuarbeiten. Irgendwie schafften es später auch noch die anderen, vom Dach bis nach Kolm-Saigurn hinunterzugelangen. Als Dank stifteten sie die Schneestangen in der Rauriser Kirche. Ihre Höhe zeigt jene des damals gefallenen Schnees. Die Knappenstube wurde in der Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts von einer mächtigen Lawine vernichtet, ist aber heute noch in den Grundmauern erkennbar.
Warum der Goldbergbau in Kliening stillsteht
Hemma von Gurk war erst wenige Tage Witwe, da galt es auch schon, die Geschäfte ihres Mannes weiterzuführen. Ihr verstorbener Ehemann, Wilhelm Graf von Friesach und Zeltschach, begraben unter dem Altar der Kirche in Gräbern bei Preblau, hatte ihr auch den Goldbergbau in Kliening bei St. Leonhard im Lavanttal hinterlassen. In diesem Bergwerk waren viele Knappen beschäftigt, die von überallher kamen, um sich unter Tage ihr Geld zu verdienen. Die harte Arbeit ließ die Männer zu Menschen werden, die ebenso hart im Nehmen waren wie im Austeilen. Hemma ließ die Knappen nun nicht wie üblich nach geleisteter Stundenzahl, Arbeitserfahrung und Rang bezahlen, sondern jeder durfte sich am Zahltag eine Handvoll Goldmünzen aus ihrer gefüllten Schürze nehmen. Die Gräfin vertraute darauf, dass ein guter Arbeiter mit seinem festen Griff mehr Lohn erfasste als ein Faulenzer, der es nicht gewohnt war fest anzupacken.
Bald ging der Übermut mit den Knappen durch und sie wurden wild und zügellos, und als Gottesstrafe versiegten plötzlich alle Goldquellen. So sehr man sich auch abmühte – in dem zuvor überreichen Hemmastollen war kein Gold mehr zu finden.
Einzig den beiden Söhnen Hemmas, Wilhelm und Hartwig, gelang es noch immer, Gold aus dem stillgelegten Bergwerk herauszubringen. Die zwei wussten von einem Glöcklein im Stollen, und sooft sie daran läuteten, kam sofort ein Zwerglein, das ihnen bei der Suche nach Gold half. Nach der Arbeit war jede Spur des Abbaus verschwunden und für andere unauffindbar.
Das kam den Knappen natürlich komisch vor, und um hinter ihr Geheimnis zu kommen, hielten sie sich an das alte Sprichwort „Wein plaudert“. Sie luden die ahnungslosen und noch dazu im Kopf nicht besonders hellen Söhne Hemmas zum Wein ein und schenkten immer kräftig nach. Wenige Stunden später hatten sie den betrunkenen Brüdern ihr Geheimnis entlockt. Da die Knappen nun endlich eine Antwort hatten, wie die zwei das Gold im Stollen fanden, schlugen sie ihnen einfach die Köpfe ab und machten sich daran, mit ihnen ein Kegelspiel zu beginnen.
Als Hemma die furchtbare Nachricht vom Tod ihrer Söhne überbracht wurde, verwünschte sie das Bergwerk, das die Ursache ihres Unglücks war. Die Knappen kannten jetzt zwar das Geheimnis vom Glöcklein, doch konnten sie immer noch nicht die geringste Spur von Gold finden. Für die trauernde Witwe und Mutter gab es nur mehr eines – weg von diesem schrecklichen Ort –, und sie zog über die Saualpe nach Friesach. Bevor sie Kliening verließ, sprach sie zu den Menschen, die alle vom Bergbau abhängig waren:
„Wenn ich am Hohenwart ankomme, werde ich eine kohlschwarze Henne dort absetzen und ihr eine „Milchrein“ mit Mohnkörnern vorsetzen. Jedes Jahr wird die Henne von nun an ein Körnlein daraus fressen und dann ein kupfernes Ei legen. Dieses Ei wird sie in verborgenen Winkeln auf dem ausgedehnten Almgebiet legen. Wenn die Henne dann das letzte Körnlein aus der Schüssel gefressen hat, dann wird der ursprüngliche Bergsegen des Stollens wieder erblühen. Wer diese unendlich lange Zeit aber nicht abwarten will, der kann einen ebenso kohlschwarzen Hahn auf den Hohenwart bringen und versuchen, nachdem der Hahn dreimal gekräht hat, die herannahende Henne zu fangen. Dazu müssen alle bis dahin gelegten Kupfereier gefunden und mit der Henne zum Stolleneingang gebracht werden und von diesem Augenblick an wird im
Weitere Kostenlose Bücher