Die Schokoladendiät
wäre inzwischen nur noch eine klebrige Pfütze am Boden.
«Es ist nur ein Rückschlag», versicherte sie ihm. Seine Brustverletzung hatte zum Kollaps der Lunge geführt, wahrscheinlich begünstigt durch sein vom Drogenkonsum geschwächtes Immunsystem. «Du musst dich nur ausruhen, dann wirst du eben zwei Wochen später entlassen.»
Richard packte ihr Handgelenk. «Ich
habe
keine zwei Wochen mehr.»
«Du musst doch nirgendwohin», erklärte sie ihm. Autumn wollte nicht darauf herumreiten, aber es wartete schließlich weder ein Job noch eine Freundin, noch eine Familie auf ihn.
«Die Männer …», sagte Richard, bevor ihm die Stimme versagte. Mit trockner Zunge versuchte er, seine rissigen Lippen zu befeuchten. «Die Männer, die dir aufgelauert haben und die mir das hier angetan haben, werden sich nicht mehr so lange gedulden können.»
Sie zuckte mit gespielter Lässigkeit die Achseln. «Ich schätze, sie werden sich wohl gedulden
müssen
.»
Eine Welle von Zorn und Frustration flackerte in den Augen ihres Bruders auf. «Bei solchen Leuten gibt’s kein ‹müssen›», sagte er. Trotz seines schlechten Zustands hatten seine Worte einen drohenden Unterton, der ihr nicht gefiel. «Ich habe Schulden bei ihnen, Autumn. Und du bist auch erst sicher, wenn sie haben, was sie wollen.»
«Na, das klingt ja berauschend», sagte sie tonlos.
«Du musst einen Botengang für mich machen.»
«Einen Botengang?» Autumn konnte ein Lachen nicht unterdrücken. «Du redest ja schon wie in einem miesen Hollywood-Schinken.»
«Das ist nicht witzig», sagte er knapp. «Mein Leben könnte davon abhängen. Und deines auch.»
Das ließ ihr das Lachen augenblicklich vergehen. Autumn schüttelte traurig den Kopf. «Ist es legal?»
Richards Lachen war hohl und löste einen Hustenanfall aus. Sie wartete, bis er abklang, reichte ihm dann ein Glas Wasser und passte ihre Atemzüge den seinen an, als würde ihm das helfen weiterzuatmen.
Er blickte sie mit seinen dunkel umschatteten Augen an und gab ihr das Glas zurück. «Wann war je irgendetwas, was ich getan habe, auf der richtigen Seite des Gesetzes, liebste Schwester?»
«Warum ziehst du mich da mit rein? Können deine Drogikumpel das nicht für dich tun?»
Er seufzte, und es klang, als wäre sein ganzer Körper mit Luft gefüllt. «Es gibt heutzutage keine Ehre unter Dieben. Du musst mir helfen, Autumn. Ich kann niemand anderem trauen.»
Sie dachte daran, wie oft im Leben sie schon für Richard gekämpft hatte. Sie wollte sich nicht in diese Sache hineinziehen lassen, und das wusste er auch. Doch wie konnte sie ihn jetzt im Stich lassen, wo er sie am dringendsten brauchte?
«Na gut, ich mach’s», sagte sie schweren Herzens.
Ihr Bruder lächelte schwach. «Braves Mädchen.»
«Aber das ist das letzte Mal, Richard. Ich schwöre es. Danach bist du auf dich gestellt.»
«Du musst die Nummer hier anrufen.»
«Sie haben mir ein Handy gegeben, das ich dir mitbringen soll.»
«Behalt du es und ruf sie damit an», wies er sie an. «Wenn wir uns kooperativ zeigen, wird es vielleicht nicht so schlimm.»
Autumn hörte die gespielte Tapferkeit aus seinen Wortenheraus. Sie holte ein Blatt Papier aus ihrer Einkaufstasche und kramte lange nach einem Stift. Richard leierte die auswendig gelernte Nummer herunter, und sie schrieb sie auf.
«Melde dich bei ihnen, sobald du hier raus bist; sie sagen dir dann, was du tun musst.»
«Wer sind diese Leute?», fragte sie.
«Sie sind dein schlimmster Albtraum. Vermassel das nicht, Autumn. Mach alles genau so, wie sie es dir sagen, sonst geht’s uns beiden schlecht.»
«Soll das heißen, ich könnte in dem Bett neben dir landen?»
«Ich hoffe, so weit kommt es nicht.»
Sie überlegte, was Addison sagen würde, wenn sie ihm erzählte, was ihr Bruder diesmal ausgeheckt hatte. Vielleicht war es um der Beziehung willen besser, sie enthielt ihm diese spezielle Information vor.
«Mein Kleiderschrank zu Hause hat einen doppelten Boden.»
«Du hast Mummy und Daddy da mit reingezogen?»
Richard schüttelte den Kopf. «Sie wissen nichts, Autumn.» Er warf ihr einen warnenden Blick zu. «Und sie werden auch nie etwas erfahren.»
Sie schwieg.
«Darin ist eine Reisetasche versteckt», fuhr ihr Bruder fort. «Schau bloß nicht rein. Nimm sie nur und bring sie zur verabredeten Zeit zum Treffpunkt. Dann geh weg, dreh dich nicht mehr um, und alles wird gut.»
Autumn stützte den Kopf in die Hände. «Nicht zu fassen, dass ich da mitmache.»
«Du
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