Die schottische Braut
hochgezogen, und er begriff, dass alle wohl schon eine ganze Weile auf seine Antwort warteten.
Er fasste in seine Tasche und holte das kleine Silberkästchen heraus. Gestern hatte er Stunden bei dem
Goldschmied damit zugebracht, etwas zu finden, das Caledonia gefallen würde.
Die Aufgabe hatte am Anfang einfach genug ausgesehen, aber die große Auswahl hatte ihn verwirrt. Ringe gab es in allen Farben und Größen, und da erst hatte er bemerkt, wie wenig er von seiner Frau wusste.
Dennoch hatte er genau zugehört, was der kleine, dickliche Mann darüber erzählte, was Frauen sich gewöhnlich aussuchten und was Männer als Eheringe kauften. Nachher hatten ihm davon noch Stunden die Ohren geklungen.
Noch nie zuvor hatte er jemandem ein Geschenk gekauft, und er hatte keine Ahnung, was Callie mochte.
Nach einer Ewigkeit sorgfältigen Abwägens hatte er einen gefunden, der, wie er hoffte, vollkommen war.
Callie biss sich auf die Lippen, als Sin ihr den Ring an den Finger steckte. Als sie ihn anschaute, traten ihr Tränen in die Augen. Das zierliche Goldband war mit einem eleganten Muster aus Rosen und Disteln graviert, und der dunkelgrüne Smaragd leuchtete selbst noch im dämmerigen Licht der Kapelle. Die Rosen und Disteln waren eine perfekte Verbindung seiner englischen Herkunft und ihres schottischen Bluts.
Und noch besser war, dass ihr wieder einfiel, wie Simon sich nach ihrer Lieblingsfarbe erkundigt hatte. Wie umsichtig von Sin, seine Wahl aufgrund dieser Vorliebe zu treffen. Außerdem hatte ihre Mutter immer gesagt, dass Smaragde die Steine der Liebe wären. Dass sie für die Verbindung von Herz und Seele stünden und jedem, der sie trug, ewige Liebe brächten.
Die Freundlichkeit und Güte ihres Gemahls war wahrhaft unbeschreiblich.
Sin zuckte zusammen, als eine Träne auf seine Hand tropfte. Von Reue erfüllt zog er ihr den Ring instinktiv sogleich wieder vom Finger.
Er war in so etwas wie dem hier nicht gut. Ein Krieger durch und durch wusste er nichts von Frauen und Schmuck für sie. Sich selbst überlassen hatte er diesen wichtigen Moment natürlich verdorben.
»Verzeiht mir, Mylady«, erklärte er mit heiserer Stimme. »Ich dachte, er könnte Euch gefallen. Keine Sorge, ich werde etwas anderes ...«
Sie brachte ihn zum Verstummen, indem sie ihm die Finger auf die Lippen legte. »Es ist der allerschönste Ring, den ich je gesehen habe. Ich weine nur, weil mich der Gedanke bewegt, wie viel Mühe Ihr Euch gegeben habt. Danke.«
Wärme durchflutete ihn. Sie lächelte so strahlend, dass ihm die Knie weich und die Lenden schwer wurden. Kaum spürbar strich sie mit sanften Fingern über seine Wangen, bevor sie ihre Hand senkte und sich den Ring wieder ansteckte.
Vielleicht gab es für sie doch eine Chance ...
Nein, Sin. Denk noch nicht einmal daran. Denk am besten überhaupt nicht. Das ist alles nur ein Trugbild. Ein flüchtiger Augenblick. Früher oder später wird die Wahrheit ans Licht kommen, und sie wird dich hassen.
Mit schwerem Herzen hörte er dem Priester zu, der sie feierlich zu Mann und Frau erklärte.
Nachdem es vorüber war, führte Henry sie aus der Kapelle in die Halle, wo ein Fest vorbereitet worden war. In der Halle standen dicht gedrängt die Adeligen des Landes, die Callie voller Mitleid und Sin mit unverhohlenem Hass betrachteten.
Sin blieb stehen, während er sich kurz in dem kühlen Saal umsah. Zugegeben, niemand hatte vorher je viel Wert auf seine Anwesenheit gelegt, aber dies ging über die Zurückhaltung und Verachtung hinaus, die die Höflinge ihm üblicherweise zeigten.
Einer von Henrys Marschällen trat vor. Der ältere Mann im tadellosen grauen Waffenrock wirkte wie ein Abgesandter.
Er verneigte sich tief vor Henry und seiner Wache. »Vergebt mir, Majestät, aber es scheint, man hat Roger, den Earl of Warrington, heute Morgen tot in seinem Zimmer aufgefunden. Ermordet.« Der Mann warf Sin einen anklagenden Blick zu. »Mit durchschnittener Kehle.«
Verdammung ging von der versammelten Menge aus.
Taubheit breitete sich in Sins Körper aus. Er hörte hinter sich, wie Simon scharf einatmete, und spürte, wie Callies Hand in seiner eiskalt wurde.
Verurteilt ohne gehört worden zu sein. Wie typisch.
Er starrte mit leerem Blick in die Menge und erlag beinahe der Versuchung, sich auf alle viere fallen zu lassen und wie ein tollwütiges Tier auf und ab zu laufen. Schließlich war es das, was alle von ihm erwarteten.
»Gab es irgendwelche Zeugen?«, erkundigte sich
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