Die schottische Rose
nicht ab, bis sein Pferd stand, sondern warf dem Mann die Lanze zu, die schmerzhaft gegen seine Rippen prallte und dann zu Boden rollte.
Wütend brüllte Albany den Unglücklichen an und ließ sich dann von seinen Pferdeknechten aus dem Sattel helfen. Mit einem letzten Blick in Connors Richtung verschwand er in dem kleinen Zelt, das er wie viele Adlige neben dem Turnierplatz hatte errichten lassen und vor dem sein Wappenschild an einem Pfahl hing.
Connor biss die Zähne zusammen. Die Wunde am Unterarm brannte zwar, schien aber harmlos. Doch in seinen glühenden Hass auf den Herzog hatte sich Verachtung über die Heimtücke des Mannes gemischt, gepaart mit einer eisigen Kälte.
Er kannte das Gefühl von den vielen Schlachten, in denen er gefochten hatte. Im Angesicht der größten Gefahr überkam Connor stets diese Eiseskälte, die jede Emotion dämpfte und es ihm ermöglichte, selbst in dem größten Chaos kalt und präzise abzuwägen. Und das tat er auch jetzt, als er sich vor dem König verneigte und der schreckensblassen Juliet zuwinkte, Mameluck sanft wendete, ihm auf den mächtigen, schweißnassen Hals klopfte und langsam zu dem kleinen, braunen Zelt am äußersten Rand des Turnierplatzes ritt, vor dem Buffon und ein sichtlich aufgebrachter Sir Archibald bereits auf ihn warteten.
Sir Connor McPherson, Earl von Glaschoire und Laird von Mandrake Manor, wusste, was er zu tun hatte. Der Herzog würde keine Ruhe geben, bis er eine Gelegenheit fand, Connor heimtückisch zu erledigen. Und es gab nur eine Möglichkeit, das zu verhindern. Connor musste ihm zuvorkommen.
[home]
24. Kapitel
D as ist doch nicht dein Ernst, Connor! Du bist verletzt! Deine Brust …« Juliet de Germont hatte Tränen in den Augen, als sie ihren Geliebten anflehte. Sie starrte in sein entschlossenes, versteinert wirkendes Gesicht und holte bebend Luft. Dann fuhr sie zu den anderen Männern herum, die in dem Zelt standen. »Buffon! Sir Archibald! Geoff … Ihr seid seine Freunde! Ihr wisst doch, dass das Wahnsinn ist. Ihr müsst es ihm ausreden!«
Genauso gut hätte Juliet die Brandung vor der Küste Schottlands anschreien können. Kein Muskel zuckte in den Gesichtern der Männer, obwohl wenigstens Sir Archibald den Anstand besaß, vor ihren Tränen den Blick zu senken.
Juliet fühlte, wie ihre Verzweiflung dem Zorn wich, der plötzlich und unerwartet in ihr hochschlug. Sie wirbelte zu Connor herum. »Du … Du bist ein … Du bist ein störrischer, dickköpfiger, eingebildeter, dummer, selbstmörderischer …!« Sie warf sich auf ihn und holte aus, um mit ihren Fäusten gegen seine Oberarme zu trommeln.
Sie fühlte, wie sich zwei starke Hände um ihre Handgelenke legten und sie spielend leicht nach vorn zogen, als wäre sie eine Puppe. Sekunden später lag sie an Connors Brust geschmiegt. Er ließ ihre Handgelenke los, legte einen Finger unter ihr Kinn und hob es sanft an. Als sie dem Blick seiner grauen Augen begegnete, wurden ihre Knie weich. Sie hatte alles erwartet, Zorn wegen ihrer Beschimpfungen oder gekränkte Eitelkeit, aber nicht diese Zärtlichkeit, mit der Connor sie ansah. Ihr blieb fast das Herz stehen, als ihr bewusst wurde, wie sehr sie diesen Mann liebte.
»So sehr liebst du mich?«, fragte Connor, als könne er ihre Gedanken lesen. Er schüttelte langsam den Kopf. »Und ich dachte …« Er lächelte, beugte sich vor und küsste ihr sanft die Tränen von den Augen. Dann glitt er mit seinen Lippen zu ihrem Mund und küsste sie erneut.
Juliet schwindelte, und sie musste sich an seinen Schultern festhalten, als die Welt um sie versank und nur noch sie und Connor übrig zu sein schienen.
Sie stöhnte leise und blinzelte, als er sie schließlich wieder losließ und sie sanft zurückschob.
»Was … was dachtest du?«, fragte sie heiser.
»Dass du Gefallen an dem Leben am Hofe gefunden hättest und vielleicht hier bleiben wolltest, statt mit mir nach Mandrake Manor zu kommen.«
Juliet brauchte eine Sekunde, bis sie die Bedeutung seiner Worte begriff. »Ich soll mit dir nach Mandrake Manor … Aber …«
»Als meine Frau, selbstverständlich«, fuhr Connor lächelnd fort. »Als Lady Juliet McPherson, Herrin von Glaschoire und Mandrake Manor.« Er zuckte mit den Schultern. »Immerhin bin ich jetzt Earl und eine gute Partie«, meinte er. »Allerdings wirst du weniger Samt und Seide auf Mandrake Manor finden als vielmehr selbstgemachten Tweed aus guter Wolle von unseren Schafen …«
Juliet lachte und weinte
Weitere Kostenlose Bücher