Die schottische Rose
Königs, Robert Stewart. Sein Blick flog zu dem jungen Mann, der sich bei Angus’ Worten gelassen verbeugte und dann Connor ansah.
»Willkommen zurück in Schottland, McPherson. Und meinen Glückwunsch.« Er hatte eine angenehme, melodische Stimme, und wenn Connor sich nicht allzu sehr täuschte, funkelten die Augen des Stewarts amüsiert. Connor nahm sich vor, ihm im Laufe des Abends auf den Zahn zu fühlen. Was wollte dieser Stewart hier? War er in einer offiziellen Mission für seinen Onkel oder seinen Vater unterwegs? Stand er auf der Seite des Herzogs?
»Danke«, sagte Connor gelassen. »Nun, wie gesagt, Ihr seid eingeladen, an unserer Feier teilzunehmen, wie es die Gesetze der Gastfreundschaft gebieten …«
»Ich verzichte!« Argyll von Albany war sichtlich am Rand seiner Beherrschung. Er starrte Connor wütend an, doch dann flog ein schwer zu deutender Ausdruck über sein Gesicht. »Ich würde Euch allerdings bitten, meine Tochter und den jungen Stewart zu beherbergen, bis ich von meiner Reise zum Earl von Atholl zurückkehre. Das dürfte spätestens morgen der Fall sein.«
»Durchlaucht …«, begann Sir Rupert, aber der Herzog brachte ihn mit einem grimmigen Blick zum Schweigen. »Ich will meiner Tochter die Strapazen dieser Reise nicht zumuten«, fuhr Argyll fort, »und was wäre ich für ein Vater, wenn ich mein einziges Kind vollkommen unbehütet irgendwo zurückließe.«
Connors Blick flog kurz zu Aylinn, die ihn mit hochroten Wangen musterte, und dann zu Sir Rupert, dem die Situation sichtlich unbehaglich war. Offenbar hat der Herzog die beiden ziemlich überrascht, dachte er. Es gefiel ihm zwar nicht, dass Aylinn hier bleiben sollte, schon gar nicht jetzt …
Connor fasste einen Entschluss und verbeugte sich knapp vor dem Herzog. »Wie Ihr wünscht, Durchlaucht. Erlaubt meinen Stallburschen, Eure Pferde zu tränken und zu füttern, bevor Ihr weiterfahrt.« Er wartete nicht auf die Erwiderung des Herzogs, sondern fuhr rasch fort: »Und jetzt entschuldigt mich bitte, Herzog. Hamish wird Euch gewiss gern Gesellschaft leisten, bis Ihr abreisefertig seid. Wie ich sehe, habt Ihr noch jemanden mitgebracht. Ich möchte meine Pflichten als Gastgeber nicht länger vernachlässigen, indem ich die Damen über Gebühr warten lasse.« Er nickte dem Herzog zu, verbeugte sich etwas tiefer vor Aylinn und sah dann den jungen Stewart an. »Sir Rupert, wenn Ihr so freundlich wärt, Lady Aylinn in die Große Halle zu führen. Meine Mutter und meine Schwester werden Euch dort willkommen heißen. Ich bin in wenigen Minuten ebenfalls bei Euch.«
Mit diesen Worten drehte er sich um, nahm die letzten zwei Stufen der Treppe mit einem langen Satz und zwang sich, langsam hinüber zur Kutsche zu gehen.
»Er … das ist er, stimmt’s? Juliet, ist das nicht …?«
Juliet de Germont fühlte, wie ihr die Knie weich wurden, als der Mann auf sie zukam. Sie öffnete den Mund, um etwas zu sagen, aber ihr drang nur ein leises Stöhnen über die Lippen. Das konnte einfach nicht sein! Wie war das möglich? Und doch … tief in ihrem Inneren hatte sie es geahnt, ja, fast herbeigesehnt! Sie hatte ihn wiedersehen wollen, diesen Fremden vom Teich, das gestand sie sich ein. Aber doch nicht so! Nicht unter diesen Umständen. Und keinesfalls jetzt! Es durchfuhr sie siedend heiß. Wie sah sie aus? Nach dieser Fahrt war sie gewiss verschwitzt, ihre Frisur war unmöglich, und sie roch zweifellos …
All diese Gedanken waren plötzlich wie weggewischt, als der Mann vor ihr stehen blieb und sie ansah. Sie erwiderte seinen Blick so gebannt wie das sprichwörtliche Kaninchen vor der Schlange, und ihr wurde gleichzeitig heiß und kalt. Sie musste sich zusammenreißen, dass ihre Knie nicht unter ihrem Körper nachgaben. Doch als sie in seine grauen Augen blickte, welche die Färbung eines stürmischen Novemberhimmels hatten und die sie niemals vergessen würde, ganz gleich, wie sehr sie es auch versuchte, durchströmte eine süße Hitze ihren ganzen Körper.
Der Fremde vom Teich. Ihr Elfenkönig.
Connor McPherson. Der Chieftain der McPhersons, Chief der vereinigten Clans der McPhersons und der Mann, von dem möglicherweise das Schicksal des zukünftigen Königs von Schottland abhing. Auf jeden Fall jedoch, und das wusste Juliet mit einer Sicherheit, die sie noch nie zuvor in ihrem Leben empfunden hatte, ihr eigenes Schicksal.
»Milady.«
Seine Stimme klang tief und dunkel, so wie damals am Teich, doch der Blick, den er ihr zuwarf, war
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