Die Schrift an der Wand
oder ich schraub ihn dir ab!« zischte er als
Antwort. Laut sagte er: »Er ist okay, Birger!« Dann entfernten
sich seine Schritte wieder.
Das Adrenalin, das durch meine Adern jagte, verursachte
einen inneren Sog, eine Art Schwindelgefühl, als sei ich völlig
überdreht. Ich spürte, wie sich der fast neutrale Nachgeschmak
der Kopfschmerztabletten mit etwas Neuem und Saurem
mischte, das direkt aus dem Magen kam.
Ich wandte mein Gesicht langsam wieder in Birger Bjellands
Richtung. »Was wollt ihr?«
»Ich dachte, es würde Sie interessieren, von meinen Plänen zu
hören, Veum.« Die Predigerstimme war dieselbe wie immer,
aber der Ton war von jemandem, der mich entweder in die
Verbannung oder zur Hölle schicken wollte.
»Was für Pläne?«
Er schwang die Lampe herum. Der Lichtstrahl lief die Wände
entlang, über die Betontreppe, die nach oben führte, und über
die Eindrücke im Boden, die die abgebauten Maschinen hinterlassen hatten, um dann wieder auf meinem Gesicht zu landen.
»Meine Hotelpläne. Ich dachte, Sie hätten davon gehört? Ich
denke, ich nenne es Ufer-Hotel, und das wird vielleicht ein
Hotel, kann ich Ihnen sagen! Aussicht auf den Byfjord, überdachter Swimmingpool in der Dachetage mit Schiebetüren aus
Glas, die man zu einer Sonnenterrasse erster Klasse öffnen kann,
wenn das Wetter dazu einlädt …«
»Diesen einen Tag?«
»Luxussuiten und normale Touristenzimmer, Tanzlokal und
Feinschmeckerrestaurant, Spielräume im Keller, alles im legalen
Rahmen, versteht sich –«
»Versteht sich.«
»Aber wir fangen nicht an, bevor wir die Finanzierung geregelt haben, die Konzession und die volle Unterstützung aller
kommunalen Instanzen auf dem Tisch liegen.«
»Das sollte Ihnen doch nicht so schwerfallen, wo Sie doch
genug Bestechungsgelder zur Verfügung haben.«
»Es wird jeden verdammten Tag schwerer, an dem solche wie
Sie in der Stadt rumlaufen und meinen Ruf in den Dreck
ziehen.«
»Darüber wollten Sie also mit mir reden.«
Der Lichtkegel begann wieder zu tanzen. »Jeden einzelnen
Tag, an dem dieses Loch leersteht, verliere ich Geld!«
»Fehlinvestitionen macht jeder mal. Größere oder kleinere
natürlich.«
Er kam näher heran, und das Licht wurde stärker. »Jedesmal,
wenn Sie mich bei den Bullen anschwärzen, wird es schwieriger
für sie, mich für die Schankrechtbewilligung zu empfehlen. Und
ich erfahre es, wenn Sie da waren, Veum, nur daß Sie es
wissen!«
»Isachsen, ist der mit in Ihrer Pokerrunde?«
»Jedesmal, wenn in den Zeitungen Mist über mich steht, wird
es schwerer, bei den großen Kreditinstituten Geld zu leihen.«
»Aber Journalisten kann man aus dem Weg räumen,
stimmt’s?«
Als er nicht reagierte, fügte ich hinzu: »Außerdem dachte ich,
Sie seien selbst ein großes Kreditinstitut, mit einem Zinsniveau,
das weit höher liegt als die Kniescheiben, die Sie zertrümmern,
wenn die Raten nicht gezahlt werden.«
»Sie können reden, soviel Sie wollen, Veum, von Ihnen wird
sowieso keiner mehr etwas hören.«
»Ach nein? Sie sollten sich da nicht so sicher sein! Sie haben
doch sicher schon mal was von Briefen gehört, oder?«
Nach einer winzigen Pause fragte er: »Und an wen haben Sie
geschrieben? An den König?«
»Sie können jedenfalls sicher sein, daß der Brief in die richtigen Hände kommt, wenn mir was passieren sollte.«
»Wenn Ihnen was passieren sollte? Ich kann keine Verantwortung dafür übernehmen, was passieren kann, wenn Sie an einem
dunklen Winterabend draußen herumlaufen.«
»Anders ausgedrückt, Bjelland, Sie haben jetzt ganz einfach
die Verantwortung. Denn scheißegal, was passiert, und scheißegal, wer die Schuld daran hätte, in jedem Fall müssen Sie es
ausbaden. So gesehen sollten Sie eigentlich von jetzt an auf
mich aufpassen.«
Es war ganz deutlich eine Unsicherheit in seiner Stimme zu
erkennen. »Und was sollte in dem Brief stehen, Veum?«
»Ein ausführlicher Bericht, von A-Z. Wollen Sie die Kurzfassung hören?«
Er antwortete nicht. Ich faßte es als Zustimmung auf.
»Unter anderem handelt er von dem System, das Sie um die
Achse Jimmy-Pastell aufgebaut haben. Wie Sie die Mädchen
ranziehen, wie sie arbeiten, wer die Kunden sind …«
»Darüber wissen Sie verdammt noch mal gar nichts, Veum!«
»Sind Sie sicher? Ich weiß nämlich recht viel. Ich weiß alles
über die ›sichere Liste‹. Sie waren selbst am Telefon, als ich mit
Doktor Evensen gesprochen habe. Ich habe auch mit Robert im Pastell, mit Kalle Persen im Jimmy
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