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Die Schrift an der Wand

Die Schrift an der Wand

Titel: Die Schrift an der Wand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Staalesen
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wie er notierte. »Noch etwas?«
»Noch nicht. Aber wenn man mir bestätigt, daß sie es ist, dann
hab ich vielleicht noch ein paar zusätzliche Informationen.«
»Können wir das nicht gleich erledigen?«
»Ich muß sie selbst erst überprüfen, Paul. Wenn ich ganz
ehrlich bin, hab ich so gut wie nichts rausbekommen.«
»Merkst du langsam das Alter, Varg?«
»Nicht mehr als du, hoffe ich. Danke dir, soweit.«
»Gleichfalls, alter Wolf.«
Ich legte auf und verschob wieder ein paar Papierhaufen. Einer
der Zettel glitt auf den Boden. Als ich mich hinunterbeugte, um
ihn aufzuheben, klingelte das Telefon.
Ich griff nach dem Zettel, legte ihn vor mich hin, nahm den
Hörer ab und sagte: »Hallo?«
»Hier ist Muus. Wie ich höre, haben Sie angerufen?«
»Ja, ich … Ist sie identifiziert?«
Er räusperte sich. »Vielleicht sollten Sie vorbeikommen,
Veum.«
»Und wann?«
»Ich seh schon zur Tür.«
»Bin in fünf Minuten da.«
Als ich den Hörer auflegte, fiel mein Blick auf das Blatt vor
mir.
Ich zuckte zusammen. Das hatte ich in all dem Durcheinander
fast vergessen.
Vor mir lag meine eigene Todesanzeige, datiert auf fünf Tage
später.
13
    Wir waren einander in den letzten Jahren so konsequent aus dem
Weg gegangen, daß mir, als ich Dankert Muus nun traf, plötzlich auffiel, wie merklich älter er geworden war.
    Nicht nur hatte er beträchtlich zugenommen. Zusätzlich war
sein Haar sowohl grauer, als auch dünner geworden. Der bissige
Zug um seinen Mund war eingewachsen, aber dafür hatte er eine
neue, irgendwie ruhige Ausstrahlung bekommen. Es schien
nicht mehr so, als drohte er, über den Schreibtisch zu springen
und einen in den Boden zu stampfen, wenn man ihm widersprach. Vielleicht würde er gerade noch die Schreibmaschine
nach einem werfen.
Er begrüßte mich durch die offene Tür mit einer schweren
Handbewegung. »Kommen Sie rein. Veum. Setzen Sie sich.«
    Ich tat, was er sagte und sah mich schnell im Raum um. Dem
Büro war deutlich anzumerken, daß die ganze Abteilung im
Laufe des nächsten Jahres in den neuen Flügel umziehen sollte,
der an der Ecke Allehelgensgate und Nygate gebaut wurde.
Jedenfalls hatte er die letzten fünf, sechs Jahre keinen Malerpinsel mehr gesehen. Und das hatte Dankert Muus gewissermaßen
auch nicht.
    Er sah mich unter schweren Lidern an. »Jensen hat gesagt,
irgendwie hätten Sie nach diesem Mädchen gesucht?«
»Ich habe nach einem Mädchen gesucht, ja. Das ist richtig.«
Er holte tief Luft und stieß sie langsam wieder aus. »Ich
fürchte, ich kann bestätigen, daß es sich um dieselbe … Wenn
der Name stimmt, den Jensen sich notiert hat.«
Mein Körper fühlte sich plötzlich schlapp an, als käme ich
nach einem viel zu kalten Frühsommertag nach einem etwas zu
langen Tauchgang wieder an die Oberfläche. »Torild
Skagestøl.«
Er nickte. »Ihr Vater hat sie soeben identifiziert. Ich war mit
ihm in der Gerichtsmedizin, und wir haben eine vorläufige
Erklärung von ihm bekommen, bevor er nach Hause mußte zu
seiner Frau.«
Ich sah blitzartig Sidsel Skagestøl vor mir in dem großen
Wohnzimmer mit Aussicht nach Osten. Jetzt würde ihr etwas
von der Aussicht verlorengehen, für ziemlich viele der kommenden Wochen. Vielleicht würde sie sie nie wieder richtig
genießen können.
»Er hat erzählt, sie sei seit Ende letzter Woche verschwunden
gewesen, und seine Frau habe Sie engagiert, um nach ihr zu
suchen.«
»Ja, aber erst am Mittwoch, und ich bin erst gestern so richtig
mit den Nachforschungen in Gang gekommen.«
»Und was haben Sie herausgefunden?«
»Nicht viel. Ich habe mit ein paar Klassenkameradinnen von
ihr gesprochen. Sie waren am Donnerstag zusammen in der
Stadt; zum Rumlaufen und Gucken, Schaufenster ansehen, und
waren wahrscheinlich kurz in einem Lokal, das Jimmy heißt,
kennen Sie das?«
Er nickte.
»Da wurden sie gesehen, die Freundin Åsa, sie selbst und ein
Kavalier.«
»Åsa …« Er hielt den Kugelschreiber bereit.
»Furubø. Sie waren früher dick befreundet und hielten immer
noch zusammen. Ich glaube nicht, daß Åsa mir alles erzählt hat,
was sie weiß. Sie kann euch zum Beispiel sicher den Namen von
diesem Kavalier sagen.«
»Weiter?«
»Und dann eine weitere Schulfreundin von ihr, Astrid Nikolaisen.« Ich wartete, während er sich den Namen und die genaue
Adresse notierte. »Sie war es, die mir erzählte, sie habe die drei
im Jimmy gesehen, wahrscheinlich letzten Donnerstag.«
»Und dieser Kavalier …«
»Mit dieser

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