Die Schrift in Flammen
Mezővarjas … Sie war frisch und gutgelaunt.
»Wir gehen Schlittschuh laufen. Das Eis ist herrlich!«
»Aber es wird ja gleich dunkel!«
»Umso besser! Am Abend ist kaum jemand mehr dort. Oder ist das etwa nicht ›comme il faut‹? Nehmen auch Sie daran Anstoß, BA?«, fragte Adrienne herausfordernd.
»Ach, wo!«
»Und wir nehmen unsere Jause dort auf einer Bank. Bei minus zehn Grad erfriert jede Möglichkeit zur Verdächtigung, nicht wahr, Ádám Ádámowitsch?« Keck hob sie die leicht gebogene Nase und lachte Alvinczy an, dem sie, da dessen Vater auch Ádám hieß, einen Namen nach Russenart gegeben hatte, da sie zu der Zeit russische Autoren las. Der Angesprochene brummte etwas.
»Schade, dass Sie nie Schlittschuh gelaufen sind, BA, das ist so großartig!«
»In Schweden habe ich es mittlerweile gelernt …«
»Oh, dann kommen Sie mit uns hinaus!«, sagte Addy mit jäher Wärme. »Sie haben mich noch nie auf dem Eis gesehen. Kommen Sie, wirklich! Sie werden es nicht bereuen.«
»Gut. Ich laufe schnell nach Hause und hole meine Schlittschuhe. Vielleicht reicht die Zeit noch, um hinzugehen.«
Sie trennten sich. Bálint eilte nach Hause. Es dauerte ziemlich lange, bis er in Kästen und Truhen all das Notwendige – Schlittschuhe, Pullover – fand und bis er umgezogen bereitstand. Er bedachte bereits, dass sich der Weg hinaus kaum mehr lohne, doch dann schien ihm, er habe, nicht wahr, sein Kommen zugesagt, nun müsse er die Aufforderung honorieren und – ja, auch dies –, dass sie ihm nicht mehr böse sei.
Es war schon ganz dunkel, als er an der Promenade anlangte. Finstere Nacht. Die eine oder andere Bogenlampe nur brannte über der Eisbahn, die ein Bretterzaun umfasste. Bei der Eingangsbude kaufte er sich eine Karte und ging hinein. Ein Geländer befand sich beim Eintritt. Hier blieb er stehen. Einige Anfänger übten auf der entgegengesetzten Seite des Sees vor dem Pavillon, sie schoben aus Stroh geflochtene Stühle vor sich her. Im Vordergrund hielt sich außer Adrienne und den zwei jungen Leuten niemand auf.
Einer von ihnen hatte einen Leiermann organisiert, der für sie am Ufer musizierte. Das quiekende Werkel spielte einen einzigen uralten Walzer: »Nur für Natur – hegte sie – Sympathie …« 9 , und sie tanzten dazu, beschrieben riesige Dreierziffern auf dem weiß geritzten Eis.
Schade, dass Abády beim Eingang stehen geblieben war. Schade, dass er sich nicht gleich zu den anderen gesellte. Schade, dass er sich vor der dunklen Bude mit den Ellbogen auf das Geländer stützte. Aber es war schön, so aus der Ferne Adrienne zuzuschauen, zu sehen, wie sie vorbeiglitt – wie ein Schatten, der im Traum dahinrauscht. Sie trug ein ziegelrotes Kleid, das in der spärlichen Beleuchtung kaum heller wirkte als ihr schwarzes Haar, der kleine Kragen und die Mütze aus Seehundsfell oder der Pelzstreifen, der unten ihren trichterförmigen Rock säumte; dieser war ein wenig kürzer und anscheinend auch leichter als gewöhnlich. Blieb Adrienne stehen, dann reichte er ihr bis zu den Knöcheln, doch wenn sie lief, sich drehte oder zurückwarf, dann flatterte er breit um sie, wurde beinahe zum schwebenden Teller oder bloß zur flirrenden Draperie: In solchen Augenblicken zeichneten sich ihre in hohen zugeschnürten Stiefeln und rußfarbenen Strümpfen steckenden Füße frei, bis zu den Knien ab.
Sie war schön, schön ihre Bewegung, als wäre sie gewichtlos und unkörperlich schlank. Den Walzer tanzte sie mit beiden jungen Männern, indem sie einige Drehungen in den Armen des einen vollführte und dann, vom Schwung des Takts getragen, in einem rasanten Bogen zum anderen hinüberflog, um die Drehung an dessen Arm fortzusetzen. Der spielerische Tanz, bei dem sie auf dem Eis mit einem Satz, in einer einzigen Bewegung flugs und unerwartet zehn bis zwanzig Meter vorankam, wirkte mit der Kraft eines wunderbaren Balletts. So schwarz und schlank, erschien bei diesem weit ausholenden Schweben ihre Gestalt noch mädchenhafter und strenger als sonst. Doch jetzt, als sie, die Lippen leicht geöffnet und mit blitzenden Zähnen, aus den Armen des einen Kavaliers in die des anderen flog, als dieser sie wie eine Beute an der fliehenden Hüfte fasste, jetzt fiel Bálint dazu nicht die Göttin Diana ein, nicht die Männerfeindin.
Manchmal lief sie geradeaus, nach vorne geneigt, mit den Armen in Gegenrichtung zur Bewegung der Beine ausholend, manchmal drehte sie sich spiralförmig, die Glieder im Gleichgewicht haltend, um
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