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Die Schrift in Flammen

Titel: Die Schrift in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miklós Bánffy
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Finger des Mannes mit symbolischer Forderung zwischen ihre Finger geschoben …
    Schauder durchlief sie bei diesem Gedanken.
    Ja, sie, sie hatte das zugelassen! Sie, die weder Ádám Alvinczy noch Pityu Kendy je erlaubte, sich ihr näher als üblich zu setzen oder sie beim Tanz enger zu umschlingen, sie, die selbst die geringste Anspielung sexueller Art stets mit frostigen Augen zurückwies. Doch, oh, das war ein Leichtes! Spiel, Scherz, Verlockung, Vergnügen. Auch die beiden sind womöglich verliebt, besonders Pityu. Doch darum hatte sie sich nicht gekümmert, es gar nicht bedacht. Sie spielte mit ihnen, als wären sie größere Porzellanpuppen oder zu ihrer Unterhaltung erfundene Maschinen. Selbst wenn die zwei Männer, jeder auf seine Art, manchmal sogar mit Tränen in den Augen, ihre Gefühle beteuerten, sie hatte daran doch nur ihren Spaß, und es machte ihr umso mehr Vergnügen, je stärker ihre kühle Koketterie die beiden reizte. Und jetzt …? Und letzte Nacht …?
    Letzte Nacht hatte sie all das Lügen gestraft. Sie sah lebhaft vor sich, wie sie und Bálint zu zweit dasaßen. Wieder hörte sie das Echo des Zaubers, der sie gebannt hatte. Es war lieblich und bestrickend gewesen. Dabei erklangen doch Sehnsucht und Begehren hinter jedem Wort, in allem, was er sagte, worüber er auch immer sprach. Unmissverständlich klang es, als er von den Flammen erzählte, während er mit der einen oder anderen scherzhaften Wendung für einen Augenblick den fordernden Sinn tilgte, nur um mit zunehmend heißen Worten gleich wieder dazu zurückzukehren. Sie hatte all dies wohl verstanden. Sie konnte sich nun nicht vormachen, sie habe nicht begriffen. Nein, nein! Es war klar, worüber er sprach, als er so schön und farbig vom Wasserfall berichtete; vor allem aber war es seine Stimme, die gedämpfte, verhaltene Stimme, die sie fesselte, und sein Blick, der auch den scheinbar unschuldigen Wörtern einen aufblitzenden Sinn verlieh. Und dann …? Als er es aussprach! Wie hat er es gesagt? »Ich liebe Sie schrecklich«, so lautete es. Und daraufhin war sie nicht aufgestanden, hatte ihn nicht zurückgewiesen wie damals auf der Bank, nein, sie blieb sitzen und hörte stumm und mit pulsierender Freude den vielen, vielen Worten zu, die er hernach wie Zaubersprüche wiederholte, wirr wiederholte er sie, doch ach, so feurig … »immer nur Sie, immer nur Sie, nie eine andere … niemals«. Dort und damals schien es, als säßen sie in einem dichten, rosaroten Nebel, zu zweit allein, als gäbe es nichts, nichts anderes mehr auf der ganzen Welt. Auch hier, im verdunkelten Zimmer, als sich in der Rückschau all dies aneinanderreihte, durchlief sie jetzt die Süße der Verzauberung. Doch nun war sie wach und ihrer bewusst geworden. Sie erschauerte, als sie dasselbe Gefühl neu verspürte, sie fühlte das Verlangen aufzuspringen, um sich davon zu befreien. Und scharf wie ein Nadelstich meldete sich die Erinnerung an die liebe, kleine Dinóra, die bei ihrem Anblick all das gleich erkannt hatte, und – was hat sie gesagt? Ja, dass Bálint »lieb und gut« sei, und dann: »Ich kann ihn dir sehr empfehlen«, welche Schande!
    Niederträchtig! Niederträchtig bin ich! Und BA glaubt jetzt, er könnte glauben … dass mich …! Er könnte glauben, dass ich das scheußliche Tun … dass ich … ich! Nicht einmal in Gedanken sprach sie aus, formulierte sie das, wovor sie tief Abscheu empfand.
    Denn es war Abscheu, der sich ihrer bemächtigte. Dies nicht allein wegen ihrer verwickelten Lage, nicht nur darum, weil sie eine verheiratete Frau war, die, da sie es beschworen und sich gebunden hatte, einem anderen angehörte. Nicht nur darum, weil es unvorstellbar war, dass Uzdy, der sie auf seine Art, auf seine widerliche Art liebte, sich von ihr je trennen würde, nicht nur wegen des Kindes oder wegen der gesellschaftlichen Folgen empfand sie es als eine drohend heraufziehende Gefahr, dass sie in Bálint Abády verliebt sein könnte. Nein! Es gab anderes, das bei diesem Gedanken jede Nervenfaser ihres Frauenlebens noch viel tiefer aufwühlte. Sie hatte ihren Mann ohne Liebe geheiratet, sich damals von ihrer häuslichen Umgebung befreien wollen. Und Pál Uzdy sprach zu ihr, als er sie umwarb und um sie anhielt, nur von Berufung, gemeinsamer Arbeit, der erwarteten Hilfe sowie davon, dass er immer allein sei. Hierin trafen sie sich, denn dem Mädchen erging es nach ihrem Empfinden ebenso. Während ihrer Bekanntschaft und Verlobungszeit umarmte er sie ein

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