Die Schrift in Flammen
was ich deshalb getan habe?«
»Was?«, fragte Bálint, dem das Gesagte ein Lächeln entlockt hatte, da er vorerst nur die merkwürdige Seite des ganzen Falles zu erkennen vermochte.
»Ich habe die Zusammenkunft eines Ehren- und Waffengerichts verlangt«, teilte Tihamér triumphierend mit. »Das bringen wir möglicherweise bis zur Mittagszeit hin oder spätestens bis zum frühen Nachmittag. So kann das Duell vielleicht noch vor Einbruch der Dunkelheit stattfinden. Wo finde ich dich gleich nach dem Mittagessen?«
Sie einigten sich darauf, sich punkt drei Uhr im Casino zu treffen.
Bálint nahm das Mittagsmahl zu Hause mit seiner Mutter ein. Er erzählte über viele lustige Begebenheiten auf dem letzten Ball, welche Róza Abády herzhaft amüsierten. Nach dem schwarzen Kaffee, als der Sohn dabei war, sich zurückzuziehen, winkte er hinter dem Rücken der Mutter Frau Baczó, ihm zu folgen. Sie legte ihre Stricknadeln nieder und erhob sich. Doch sie ging nicht auf ihn zu, sondern verließ den Salon durch die innere Tür. Sie tat dies aus Vorsicht, denn als Bálint im Vorzimmer stand und sich gerade fragte, ob die alte Haushälterin wohl verstanden habe, dass er sie zu sprechen wünsche, und ob er nun doch jemanden um sie schicken müsse, da kam, siehe da, Frau Baczó bereits vom Mädchentrakt her.
»Zu Ihren Diensten, gnädiger Herr Graf«, sagte sie und sah ihn mit ihren verfettet zugewachsenen Augen fragend an.
»Schauen Sie, Frau Baczó«, sprach der junge Mann, nach Worten suchend, »kann sein, dass man manches … manches herumerzählt … ich möchte also nicht, dass ohne Grund …«
»Oh, allerdings, ich weiß, die ganze Stadt weiß es, halten zu Gnaden. Oh, es wäre ja doch schrecklich, wenn ein Duell oder was, da sei Gott vor!«
»Soweit ich sehe, hat meine Mutter bisher von der ganzen Sache keine Kenntnis. Sie beide sollen also dafür besorgt sein, dass sie nichts erfährt.«
»Oh, allerdings, natürlich! Wir lassen das nicht zu, bitte inständigst! Wir haben bereits alle Bediensteten angewiesen, das Maul zu halten, und unten passt auch der Hausmeister auf, er lässt heute zu der herzensguten Gräfin keine Menschenseele herein. Wir geben allerdings acht!«
Über den Stand der Dinge auf dieser Seite beruhigt, begab sich Bálint ins Casino. Unmengen von Mänteln und Hüten hingen im Vorzimmer. Die vielen Leute hatten sich gewiss wegen der Duell-Affäre eingestellt, um frische Nachrichten zu vernehmen. Da er sich dem Kreuzfeuer der neugierigen Augen nicht aussetzen und deshalb das Billardzimmer und den Rauchsalon nicht durchqueren wollte, betrat er die Bibliothek durch die hintere Tür. Dort setzte er sich an das unterste Ende des Lesetisches, und zwar so, dass sich durch die offen stehenden Doppeltüren die ganze Zimmerflucht überblicken ließ und auch er für seine Sekundanten sichtbar war, wenn sie ihn suchen sollten. Um die Zeit irgendwie totzuschlagen, begann er in einer illustrierten Zeitschrift zu blättern. Kaum war er einige Minuten dort gesessen, da ging die äußere Eingangstür auf und Pityu Kendy trat herein. Offensichtlich war auch er vor den Neugierigen hierher geflüchtet. Pityu blieb beim Anblick seines Gegners überrascht stehen. Er zögerte. Wäre er weitergegangen, hätte er an Abády vorbeigehen müssen. Das widerstrebte ihm, folglich setzte er sich ans andere Ende des Tisches und blickte Bálint traurig an, was er getrost tun konnte, denn niemand sah ihn, nicht einmal Bálint, der sich in das illustrierte Blatt tief vergraben hatte. So saßen sie lange einander gegenüber.
Drinnen im Rauchsalon ging es sehr lebhaft zu. Eine heftige Debatte war im Gange. Diskutiert wurde darüber, welche Waffe, die Pistole oder der Säbel, ernsthafterer Art sei. In die Bibliothek drang nur der Lärm herüber, denn die ganze Gesellschaft hatte sich in der Kaminecke versammelt, sodass die Wand und der offen stehende Türflügel die Töne dämpften. Nur manchmal drang ein lautes Wort durch oder ein schriller Satz, wenn etwa der alte Zakata von Zeit zu Zeit rief: »Das ist Blödsinn, mein Vögelein!«, oder der gemütliche Bariton von Onkel Ambrus ertönte: »Säbel gehört in die Hand des Ungarn, damit kann ich jeden so in die Pfanne hauen, dass dem …« Die unanständigen Schlussworte gingen im Chor des Gelächters unter, und die Antworten waren nicht mehr zu vernehmen.
Es gab im Rauchsalon einen Einzigen, der an nichts teilnahm: Pali Uzdy. Er lehnte im Lehnstuhl am anderen Ende des Raums. Bálint
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