Die Schrift in Flammen
wirkenden Gebäude, wo man in Klausenburg die Duelle austrug. Man führte Abády in einen kleinen, schlecht geheizten Umkleideraum. Er wurde hier vom Fechtmeister und einem der Ärzte erwartet. Nachdem er sich bis zur Hüfte entkleidet hatte, wickelte ihn der Doktor um den Bauch, die Handgelenke, die Achselhöhlen und den Hals bis zum Kinn hinauf, reichlich in Watte, hernach in Gaze und darüber in schwarze Seide ein. Als dies getan war, betraten sie alle die eiskalte Fechthalle. Die Tür ging am anderen Ende auf, Kendys Sekundanten traten ein. Bogácsys Leib steckte ebenfalls in einem engen Franz-Joseph-Mantel, und auch er trug einen Zylinder. Wickwitz hatte seine Parade-Attila angezogen. Sie führten Pityu in ihrer Mitte, den Bálint im ersten Augenblick nicht einmal erkannte, da er mit der Bandage bis zu den Ohren und einer Bauchbinde am nackten Körper einen dermaßen unerwarteten Anblick bot.
Die beiden Gegner blieben stehen. Sie hatten einstweilen nichts zu tun. Nachdem die Sekundanten sich feierlich begrüßt hatten, zogen sie das Los, um zu entscheiden, welche beiden Säbel als Erstes benutzt werden sollten. Unterdessen legten die Ärzte in schöner Ordnung ihre Instrumente aus, sie stellten sie auf die Bänke, die die Wände entlang standen. Es waren allerlei Nickelklammern, Sägen, Beißzangen, zahllose seltsam geformte Messer – als wären es lauter Folterwerkzeuge –, dazu große, mit Flüssigkeit gefüllte Apothekerflaschen und Unmengen von Verbandsmaterial und Watte. Nachdem die Ärzte gemeldet hatten, dass sie bereit seien, schritt man zur Desinfizierung der Waffen. Man tauchte sie in Karbol, dessen an den Abort erinnernder Geruch sich in der kalten Luft verbreitete. Als all dies vorbei war, übernahm Bogácsy die Rolle des führenden Sekundanten. Er ergriff einen Duellsäbel. Mit schweren Schritten legte er die genaue Mitte der Halle fest und beorderte die Duellanten zu sich. Mit der Geste eines Imperators wies er ihnen ihre Plätze zu. Dann begann er zu sprechen: »Vor allen Dingen fordere ich die Kontrahenten gemäß meiner gesetzlichen Verpflichtung auf, sich zu versöhnen.«
Keiner der Gegner antwortete, da man zuvor schon jedem eingeschärft hatte, dass hierauf nichts erwidert werden durfte. Bogácsy wartete einige Sekunden, dann hob er wieder an: »Ich fordere die Kontrahenten zum zweiten Mal auf, sich zu versöhnen.«
Was für ein Schwachsinn, dachte Bálint, man bringt mich so lächerlich entblößt her, lässt mich mit nichts als einem Säbel in der Hand hier stehen, und hernach spielt man mir diese Posse vor. Und wenn ich jetzt sagen würde: Jawohl, ich bin zur Versöhnung bereit, dann würden sie mich disqualifizieren.
Beide Duellanten fröstelten in der Kälte, doch Bogácsy hob mit seinem Spruch von neuem an: »Ich fordere die Kontrahenten auch zum dritten Mal auf …«
Denn es gehörte zu seinen Grundsätzen, dreimal zu fragen. Vielleicht meinte er, so sei es gründlicher, oder es gefiel ihm, sein Amt als Sekundant beim Duell möglichst lange auszukosten.
Natürlich gab auch diesmal niemand eine Antwort. Ganz gewiss werde ich mich erkälten, wenn ich hier noch lange herumstehen muss, dachte Bálint, und er spürte, wie ihn etwas in der Nase zu kitzeln, zum Niesen zu reizen begann.
»Nachdem ich meine vom Gesetz vorgeschriebene Pflicht erfüllt habe und die Kontrahenten trotz meiner ernsthaften Aufforderung nicht willens sind, sich zu versöhnen …« Bogácsy richtete sich jetzt noch straffer auf, schob seinen riesigen Katerschnurrbart weiter vor, und er kommandierte schallend: »Meine Herren! En garde!« Und dann, nach einer Sekunde: »Los!«
Der Boden dröhnte unter vier Sohlen, zwei Klingen kreuzten sich klirrend. Bálint verspürte einzig, dass sein Säbel niederfuhr, als prallte er von einem Gummiball zurück. Dass auch er einen Hieb empfangen hatte, bemerkte er nicht einmal.
»Halt!«, rief Bogácsy bereits jetzt. »Halt!«, rief auch Tihamér, der, um hinter dem Major nicht zurückzubleiben, ebenfalls einen Fechtsäbel ergriffen und sich neben den Duellanten auf der anderen Seite aufgestellt hatte. Diese blieben am Ort stehen. Die Ärzte eilten mit Wattebäuschen herbei, sie kümmerten sich um beide. Mit vorzüglichem Eifer tamponierten sie Pityu an der Schulter und Bálint an der Armbeuge, obwohl die Hiebe gerade nur die Haut geritzt hatten. Denn die schwungvoll ausholenden Säbel hatten einander berührt und dabei ihre Kraft verloren. Mehr als einige Tropfen Blut
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