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Die Schrift in Flammen

Titel: Die Schrift in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miklós Bánffy
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Graf, kostet das ja nur ein Wort.«
    Der frühe Nachmittag verging mit demselben Geschäft. Gegen sechs Uhr endlich schwang sich Bálint in den Sattel, um den Rückweg anzutreten. Er ritt wieder bergaufwärts, da er beschlossen hatte, die Milóths zu besuchen, wenn er sich schon hier in ihrer nächsten Nähe aufhielt; sie sollten nicht glauben, er habe sie im Herbst einzig wegen Adrienne aufgesucht. Es geziemte sich so, und Papa Milóth, der alte Zakata, war ja sehr sympathisch. Und vielleicht würde er auch etwas von Adrienne vernehmen … und … und über sie sprechen können, und man sollte schließlich auch andere Beziehungen pflegen, nicht nur jene, bei denen eigene Interessen im Spiele waren. Er nahm sich vor, in Varjas zu übernachten und Dinóra erst morgen zu besuchen, das würde reichen, zur Eile gab es keinen Grund … gar keinen … wozu sollte er zu ihr hasten?
    Nun befanden sie sich erneut auf dem Bergrücken. Hier mussten sie sich gegen Norden und dann gegen Nordwesten wenden. Nach einem kaum halbstündigen Ritt erblickte er Mezővarjas. Für eine Weile blieb er auf einer Erhöhung stehen. Schöne, sanft gebogene Fluren. Alles war von hier aus gut sichtbar: Die dichte Akazienreihe dort rechter Hand dem Berghang nach hatte man zur Markierung der Grenze gesetzt, von dort waren im letzten Herbst die lustigen Wegelagerer herausgestürmt, um ihn zu überfallen; und das dort ist die kurvenreiche Straße den See entlang, wo sie dem entflohenen Zugpferd nachgejagt waren … Addy in seinem Wagen … wie knabenhaft sie da wirkte … Und unterhalb des Gartens der Milóths auf dem kleinen Hügel und daneben, das ist der aufgelassene Friedhof, ebenso gut sichtbar, er sah selbst die Bank, auf der er Adriennes Arm geküsst hatte – er spürte noch immer den Duft ihrer Haut –, dort war das erste Wort über Liebe gefallen, das Adrienne damals so erzürnte. Und dort weiter unten, neben der Scheune war er an jenem Abend eingebogen, als er nach Hause kutschierte. Wie finster und verzweifelt er damals war. Er glaubte, alles sei zu Ende … Dabei kam es gar nicht so. Ganz im Gegenteil! Man konnte diese Frau bekommen, und er würde sie auch bekommen …
    Er ertappte sich bei diesem Gedanken und bei einem leicht grausamen Lächeln um die Lippen. Das ist unerlaubt! Eine Niedertracht! Schäme dich!, sprach in ihm empört das richtende Bewusstsein, und während er sein Pferd mit dem Absatz anspornte, fiel er in rasenden Galopp, um auf dem federnden Teppich der Heuwiese den Hang hinunterzureiten. Er trieb sein Pferd fest an, als wollte er die eigenen bösen Gedanken verjagen.

    Er ritt zwischen den Obstbäumen in den Garten hinein, an der Stelle vorbei, wo sie damals um den Heuhaufen Burgbelagerung gespielt hatten und wo Adrienne in seine Arme gestürzt war … Ja, da stand der Haufen. Oder dort weiter seitwärts? Nein, doch hier, denn von hier zogen wir zum Meierhof, hier brachte man das Telegramm … Ja, dies ist der Pfad …
    Nun langte er vor dem Herrensitz der Milóths an. Kaum hatte er seine Pferde im Stall für die Paraderosse abgegeben, als die Stimme Zakatas von den Scheunen her bereits ertönte: »Ihr Rindviecher! Ein Gast kommt an, und mir sagt niemand etwas! Ich werde euch alle so durchprügeln, dass ihr bis zu eurem letzten Tag Krüppel bleibt! Wo bist du, mein Vögelein?« Breit fuchtelnd kam er zwischen den Fliederbüschen zum Vorschein, während er sich immer wieder brüllend zurückwandte: »Ihr Esel, ihr Schweine«, um dann erneut lächelnd Bálint zuzurufen: »Lieb, dass du gekommen bist, du machst mir wirklich große Freude!«
    Auch Mama Milóth empfing ihn für ihre Verhältnisse freundlich, die Töchter ebenso. Selbst das Gesicht Mademoiselle Morins erhellte sich ein wenig. Alles war dennoch anders als damals, als er hier zum ersten Mal einen Besuch gemacht hatte.
    Die Mädchen verzogen sich nach dem Nachtessen in eine Ecke, um dort miteinander zu flüstern, Frau Milóth und das französische Fräulein widmeten sich ihrer Handarbeit, der Papa einzig befand sich in seinem Element: Endlich fand sich jemand, dem er als einstiger Garibaldist seine Soldatenerinnerungen ungestört erzählen konnte. Als dann Frau Milóth aufstand, gute Nacht wünschte und sich mit den Frauen zurückzog, war Zakata beim Schildern schon dermaßen in Schwung gekommen, dass er nicht innehielt und Bálint zum Ausharren zwang. Zu zweit blieben sie noch lange im Salon. Der alte Herr ging auf und ab, er lachte breit über die eigenen

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