Die Schrift in Flammen
wandte sich zurück zu seinen Begleitern, streckte seine große, schulterlose Gestalt, musterte die anderen mit seinen schrägen, glimmenden Augen, dann warf er den Kopf zurück und führte sie lachend den Berg hinab. Sie bogen rechts in einen kleinen Talkessel ein. Ein Steilhang, von einem Erdrutsch gebildet, erhob sich gegenüber, darauf oben ein Drahtzaun, der quer verlief und an den beiden Enden um die Ecke hinab in die Wiese zurückreichte. Vor der lehmigen Wand steckten Zielscheiben in verschiedener Entfernung; auf der kleinen Wiese hatte man im Abstand von etwa dreißig Metern fächerartig die Wurfscheibenmaschinen aufgestellt; diesseits lag ein langes, weißes Brett, während sich bei der Einmündung des Wegs Gestelle mit Patronenkisten und Pistolenständer befanden sowie zwei Bänke und ein kleineres Teleskop auf einem Stativ.
»Das ist es!«, rief der Hausherr. »Großartig, nicht wahr? Hier übe ich mich jeden Vormittag im Wettschießen. So wählt euch ein Gewehr, bitte. Da sind sie.«
Die jungen Leute traten zu den Gewehrschränken und entdeckten überrascht, dass dort in einer Reihe lauter Kugel-Karabiner standen. »Ich habe keine anderen Waffen, und nur so ist es wirklich schön! Ihr werdet sehen, das ist richtiger Sport! Wählt euch welche, wählt! Zuerst kann man einige Probeschüsse auf die Fünfzig- oder auf die Hundert-Meter-Scheibe abgeben.«
Adrienne setzte sich wortlos auf eine Bank. Die Gäste schossen auf die Zielscheiben. Der Erfolg ließ sich sehen, da doch die Siebenbürger die Jagd eher mit Kugeln als mit Schrot betreiben.
»Gut so! Es wird schon gehen. Na, lasst uns anfangen!«, lärmte Uzdy, der die Resultate mit dem Teleskop kontrolliert hatte. Ein kleiner Bauernjunge, der bisher gewartet hatte, kroch in den Graben hinter den Wurfmaschinen. Er verschwand ganz darin, man sah nur seine Hände, als er die winzigen, tellerartigen Scheiben in die Apparate legte.
Uzdy machte den Anfang.
»Bereit!«, rief er, und eine der Maschinen schleuderte senkrecht eine Schreibe hoch. Uzdy schoss. Das Tellerchen zerbrach in der Luft. Hernach versuchten sich seine Begleiter einzeln an der Aufgabe. Mit wenig Erfolg. Von fünf Würfen traf einzig Ádám einmal, die anderen noch nicht einmal so viel, während Uzdy kaum etwas verfehlte. Die Gäste sahen allmählich von weiteren Versuchen ab, doch Adriennes Mann hörte nicht auf. Er geriet immer mehr in Feuer. Barhäuptig, hemdsärmelig tanzte er auf dem Brett hin und her. Er wirkte jetzt, hochgestreckt, wie eine Riesenspinne, deren Beine kreuz und quer zappelten; seine üblichen beherrschten Bewegungen waren verschwunden, wie wenn etwas, was sein Wille sonst im Zaum hielt, sich in seinem Inneren befreit hätte. Es begann schon zu dämmern, er aber machte immer noch weiter. Laut kommandierte er, ließ auf einmal zwei Scheiben hochschleudern und traf oft beide, da er mit der Waffe tatsächlich vortrefflich umzugehen verstand; er brauchte den Bruchteil eines Augenblicks zum Zielen und schoss sofort. Seine Gestalt und sein auf satanisch stilisierter Kopf, wie sie sich dort oben vor dem abendlich beleuchteten Hügel dunkel abzeichneten, wirkten jetzt fast furchterregend. Die drei jungen Männer und Adrienne sahen ihm wortlos zu. Der eine oder andere sagte manchmal »Bravo«, oder er applaudierte höflich. Es hätte womöglich noch lange gedauert, wäre nicht Maier, der Butler, unerwartet aufgetaucht. Mit dem ihm eigenen ruhigen Gang näherte er sich seinem Herrn und berührte ihn an der Schulter: »Bitte, es ist Zeit zum Umkleiden, in einer Viertelstunde werden wir servieren.«
Die Tür zur Terrasse wurde an diesem Tag nach dem Nachtessen geöffnet – zum ersten Mal, seit Bálint hier weilte. Tags zuvor hatte der Wind geweht. Heute indessen gab es eine stille Mondnacht, so weiß wie Milch.
Adrienne führte Ádám und Bálint hinaus, und zusammen setzten sie sich neben das Steingeländer. Die Frau verblieb im Schatten der Tür. Leise, mit spärlichen Worten unterhielten sie sich. Eher Ádám sprach, der neben Adrienne saß. Abády ließ sich weniger vernehmen, da er, weiter entfernt, kaum hörte, was die beiden anderen sich zuraunten. Drinnen wechselten Gräfin Créscence und der ältere Alvinczy Worte ohne Bedeutung. Auch Uzdy war drinnen geblieben. Er saß in einem Lehnstuhl und blickte geradeaus ins Licht der Lampe. Ganz bewegungslos, nahm er an nichts teil. Man hätte meinen können, er sei müde, die Schießerei am Nachmittag habe ihn erschöpft. In
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