Die Schrift in Flammen
Kozárd. Ázbej hatte unterwegs die Äcker betrachtet. Gute, fruchtbare Parzellen im Zuflussgebiet des Szamos. Ein Bursche, der Hausdiener sein mochte, führte ihn hinein. Eine kleine Vorhalle, von der eine geländerlose Treppe zum ersten Stock hinaufführte. Die Wände waren nur verputzt, denn das Hochparterre im Schloss von Kozárd, der »bel étage«, war damals, als Lászlós Vater sich erschossen hatte, unvollendet geblieben; László selber wohnte in den Mansardenzimmern. Die Räume machten den Eindruck einer provisorischen Bleibe. Beliebige Möbelstücke, kreuz und quer, ohne System. Große Unordnung. Das Bett nicht gemacht. Auf dem Tisch Reste des Nachtmahls vom Abend zuvor auf einem Tablett, ferner eine halbleere Flasche mit Zwetschgenschnaps. Gyerőffy schritt im Zimmer auf und ab, als der igelartige kleine Anwalt zur Tür hereingerollt kam. Er hielt nur kurz inne, um dem anderen die Hand zu schütteln, und ging dann wieder hin und her, wie schon seit Tagen.
»Da bin ich«, sagte Ázbej dienstbereit, während er die auf einen Stuhl hingeworfenen Kleider wegschob und sich setzte. »Geruhen Sie, über mich zu verfügen.«
Der junge Mann antwortete nicht gleich. Er durchmaß das Zimmer noch einige Male, bevor er sprach: »Ich brauche 86.000 Kronen. Und zwar sofort!«, sagte er hart.
»Eine hohe Summe«, seufzte Ázbej, »das ist allerdings eine hohe Summe.«
»Ich weiß. Ich habe schon alles versucht, aber nichts erreicht. Ich weiß es wohl auch nicht anzustellen. Darum habe ich Sie hergebeten …«
Der kleine Anwalt schloss die pflaumenartigen, vorquellenden Augen.
»Wie groß ist das Gut?«, fragte er mit seinem kleinen, unter Haaren versteckten Mund.
»Das landwirtschaftliche Gebiet umfasst achthundert Joch.«
»Ist es belastet?«
»Ja. Mit sechzigtausend.«
»So, so«, wiederholte Ázbej, und er schien tief nachzudenken. Dann fragte er abermals: »Und wann brauchen Sie die Summe?«
»Sofort, ich habe es schon gesagt!«, schrie ihn Gyerőffy an. »Ich kann nicht warten! Ich halte das länger nicht aus!«
»Bitte, bitte«, wehrte sich der andere. »Ich weiß noch nicht … Wenn Sie mir erlauben, sehe ich mich ein wenig um … vielleicht … vielleicht finde ich eine Lösung.« Er stand auf, zog sich unter vielen Bücklingen zurück und verließ das Zimmer.
Er kehrte nach etwa einer Stunde zurück. Erneut verbeugte er sich, neigte den kleinen, dicken Leib, setzte sich, und jetzt ergossen sich die Worte aus seinem Mund.
Er wolle gern helfen, dienen, denn er sei ein Diener, ein Diener der gräflichen Familie, und auch Gyerőffy gehöre zu dieser Familie, er wolle also darum, einzig darum, ihm zuliebe und damit er ihm Nutzen bringen könne. Und nach den vielen Worten näherte er sich allmählich dem Gegenstand. Er zählte alle Hindernisse auf, dass es schwerfiele, einen Bankkredit zu bekommen, zumindest würde es dazu langer Verhandlungen bedürfen, und es ginge mit viel Lauferei und Kosten einher. Man müsse folglich eine andere Lösung suchen, das Gut vielleicht verpachten und die landwirtschaftlichen Geräte verkaufen, vielleicht nur einen Teil, obwohl das so nicht reichen würde, nicht einmal der Verkauf des Ganzen würde reichen, allenfalls könnte der Pächter im Voraus bezahlen, aber wo finde man so plötzlich einen solchen Mann? Schnell lasse sich das nicht machen, das würde er auch nicht empfehlen, denn er halte sich das Interesse des Herrn Grafen vor Augen; nein, das dürfe man nicht übereilen, er lasse das nicht zu!
»Aber wozu dann erzählen Sie mir dies alles?«, fuhr ihn László zornig an.
Ázbej blickte eine Weile in die Luft. Dann plötzlich, als hätte sich vor ihm etwas erhellt, weiteten sich seine braunen Augen, sie fielen ihm fast aus dem Kopf, und er rief aus: »Nun, ich tu es! Ich opfere mich! Ich pachte das Ganze, und ich werde, koste es mich, was es wolle, den Betrag erlegen.«
Noch gleichen Tags besiegelten sie den Vertrag. Ázbej übernahm das Gut in Pacht. Da er auf zehn Jahre im Voraus bezahlte, sollten fünf Kronen pro Joch doch ein angemessener Preis sein, nicht wahr? Das machte vierzigtausend Kronen. Die Ausstattung, die wirtschaftliche Gerätschaft, würde er für rund fünfzigtausend übernehmen, »obwohl sie, weiß Gott, nicht so viel wert ist«, aber das sei ihm gleichgültig, er wolle helfen, er wünsche, dass das Geld zusammenkomme. Und tags darauf übergab er in Klausenburg drei auf 87.000 lautende Sparkassenbüchlein sowie drei neue
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