Die Schrift in Flammen
Tausenderbanknoten.
»Ich bin äußerst glücklich, dass ich Eurer Gnaden habe dienen können«, sagte er, als sie sich trennten. »Und wenn Sie später eine bessere Lösung finden sollten, Herr Graf, dann trete ich gern zurück.«
So kam László in den Besitz der Summe, die es zur Auslösung von Frau Berédys Perlen brauchte. Er fuhr tags darauf zur Mittagszeit ab und raste nach Budapest. Mit so viel Geld in der Tasche, sagte er sich, sei es vielleicht besser, am Tag zu reisen.
VIII.
Adrienne saß an ihrem Schreibtisch. Sie schrieb nicht, sondern blickte hinaus in den schon schneelosen Garten, auf die wackelige Brücke, über welche Judith zehn Tage zuvor geflüchtet und Bálint schon einige Male geschlichen war. Auch diese Nacht hatte er sie besucht.
Dies darum, weil es wegen Judith als ausgeschlossen galt, sich zu einer anderen Stunde zu treffen. Wenn Judith auch nur Abádys Namen hörte, fuhr sie schon zusammen, ihr Gesicht verkrampfte sich in Schrecken, als hätte er ihre entsetzliche Enttäuschung verursacht. Sonst ging sie in dumpfer Gleichgültigkeit herum, antwortete einsilbig und mechanisch, einzig die Erwähnung Bálints löste bei ihr einen grundlosen Hass aus, der ihr ganzes Wesen peinvoll wachzurütteln schien. Nein, sie durften sich zu keiner anderen Zeit treffen, solange die Schwestern hier bei ihr wohnten. Und das würde noch lange dauern: Die Mutter hielt sich nach wie vor in Baden im Sanatorium auf.
So konnte das nicht weitergehen. Nein! Das durfte man nicht fortsetzen …
Man durfte nicht. Die nächtlichen Treffen mussten ein Ende nehmen. Nicht nur darum, weil sie lebensgefährlich waren. Etwa vier Tage zuvor, Bálint hatte sich noch kaum eingestellt, kehrte Pali Uzdy unerwartet vom Land zurück. Ein Glück, dass sie das Stampfen der Pferde draußen im Hof vernommen hatten. Abády fand gerade noch Zeit, in den dunklen Salon hinauszuschlüpfen, wo er unbeweglich hinter der Tür stehen blieb, da doch jedes Knarren des Fußbodens ihn verraten hätte; Adrienne wiederum schaffte es noch, die Kerze wieder auf den kleinen Tisch zu stellen, da trat Uzdy, im Mantel, den Hut auf dem Kopf, bereits ein.
»Sie sind noch wach? Warum?«, fragte er von der Tür her.
»Meine Schwestern sind soeben erst weggegangen.«
»Ja. Natürlich. Natürlich …« Seine winzigen Augen schauten prüfend in die Runde. Auf dem unteren Brett des Tischleins erblickte er den kleinen Browning. »Sie haben sogar einen Revolver? Seit wann?«
Adrienne antwortete nicht. Sie richtete, bis zum Kinn zugedeckt, den Blick unentwegt auf ihren Mann. Uzdy lachte auf: »Gut so. Und klug. Hier am Stadtrand. Natürlich! Wer immer nur will, kann über den Mühlgraben hierherkommen. Jeder Einbrecher. Wer auch immer!« Während einiger Minuten durchmaß er das Zimmer mit seinen langen Beinen, er ging langsam auf und ab, dann trat er jäh zur Salontür und öffnete sie. Er schaute spähend in den dunklen Raum. Vielleicht horchte er. Dies dauerte einige Sekunden. Adrienne schien es eine Ewigkeit. Ihr Herz schlug heftig, aber sie rührte sich nicht.
Uzdy schloss wieder die Tür. »Sie haben recht«, sagte er, »von dort kann jeder hereinkommen. Wollen Sie, dass ich am Wasser einen Stacheldrahtzaun ziehen lasse? Oder soll man vielleicht Wolfsfallen aufstellen? Was? Fallen? Die sind gut. Die sind sehr gut.« Und ohne Grund lachte er wieder von seiner turmhohen Größe herab, als hallte es von der Decke. Die Frau gab auch diesmal keine Antwort. »Na. Ich gehe jetzt. Schlafen Sie nur, schlafen Sie, schlafen Sie.« Mit zurückgeworfenem Kopf und gemessenen, langsamen Schritten entfernte er sich; bei der Tür wandte er sein auf satanisch stilisiertes Gesicht zurück. »Auf Wiedersehen!«, sagte er und verzog sich gemächlich, wie er gekommen war.
Zur Mittagszeit tags darauf verreiste er von neuem. Und in der nächsten Nacht war Abády wieder da und berichtete, wie er hinter der Tür gestanden war, als Uzdy sie öffnete. Sie lachten über den ganzen Vorfall und bereuten nichts. Keiner der beiden hatte Angst um das eigene Leben. Nicht deshalb mussten die Treffen aufhören, nein … das Leben zählte nicht …
Letzte Nacht jedoch war etwas geschehen, was Adrienne erschreckt hatte. Ein neues Gefühl hatte sich ihrer ganzen Fraulichkeit bemächtigt, das sie das Fürchten lehrte. Etwas Neues, Unerwartetes. Bisher hatte sie ihre Ruhe stets bewahrt, selbst wenn Bálint sie streichelte. Es war angenehm und lullte ein. Es kam auch vor, dass sie
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