Die Schrift in Flammen
einander an. Der Blick währte etwas lang … Gezwitscher ertönte schrill in der Höhe.
»Rebhühner!«, rief man irgendwo.
László sprang mit dem Gewehr in die Richtung, aus der die Vogelschar mit Windeseile nahte. Hastig gab er zwei Schüsse auf die Rebhühner ab, dabei beugte er sich zurück, fast als wollte er sich unter sie legen, dann wechselte er jäh die Waffe und feuerte noch zweimal hinterher, als der Schwarm schon über ihre Köpfen gesaust war. Drei Rebhühner stürzten herunter und überschlugen sich einige Male bei der fürchterlichen Geschwindigkeit, mit der sie auf die Erde gefallen waren. Ein Huhn landete unmittelbar vor Kláras Füßen.
Das Mädchen bückte sich und hob es auf. Sie hielt den Vogel in der Rechten, und mit der fein behandschuhten freien Hand strich sie über ihn.
»Wie schön. Und gar kein Blut. Als schliefe er.« Sie hob den Vogel zum Mund und küsste mehrmals langsam und lächelnd sein von weichen Federn bedecktes graues Kröpfchen, während sie László ins Gesicht blickte.
»Schau, wie merkwürdig!« Und sie blies leicht die flaumigen Federn, die kitzelnd um ihren Mund schwirrten. Unbewusst Sinnliches lag hierin, in der suchenden Geste, an den sich küssend öffnenden Lippen, in ihren fragenden Augen.
Doch nun erhoben sich Wolken von Fasanen. Die Arbeit rief. Man musste aus ihrer Masse die Hähne herunterholen, die Pflichten des Jagdgasts erfüllen.
Als das Treiben vorbei war, ging das Mädchen weiter, sie setzte sich von László ruhig und wortlos ab. Sie gesellte sich zu den anderen Damen. László blieb noch am Ort; er verweilte dort längere Zeit. Sein Patronen- und sein Gewehrträger, zusammen mit den herbeigeströmten Treibern, sammelten das erlegte Wild. »Ein Hahn ist hierher gefallen.« »Dort liegen noch zwei, dort hinter dem Busch!« »Dieses Rebhuhn gehört auch uns!« Und sie legten sich sehr ins Zeug, denn jeder, den man einem Schützen zugeordnet hat, dient eifrig dem Ruhm des Mannes, neben dem er steht, und wacht über die Beute, als ob er das Wild selber erlegt hätte.
Gyerőffy kümmerte sich um nichts. Stumm stand er da. Die Leute glaubten, er zähle das Wild, das man ihm in einer Reihe zu seinen Füßen legte. Dabei bemerkte er es nicht einmal. Sein Herz schlug heftig.
Die Luft schien am hereinbrechenden Abend von einem geheimnisvollen Duft erfüllt …
Tiefe Dunkelheit herrschte, als die Gesellschaft nach langer Rüttelfahrt wieder im Schloss anlangte. In den Salons servierte man reichlich Tee. Doch sie blieben nicht lange beisammen, denn unter dem Vorwand, sich umkleiden zu müssen, zog sich jedermann gern in sein Zimmer zurück, war doch eine solch große Jagd eine ermüdende Angelegenheit.
6 Deutsch im Original (A. d. Ü.)
7 Deutsch im Original (A.d.Ü.)
IV.
Fürstin Ágnes war mit ihrer Toilette früher fertig geworden als die Damen, die an der Jagd teilgenommen hatten, denn sie erschien am Abend zum Tee bereits frisiert und musste nur noch das Kleid wechseln.
»Richten Sie Fürstin Klára aus, zu mir zu kommen, sobald sie bereit ist«, sagte sie ihrer deutschen Kammerdienerin, nachdem sie sich umgezogen hatte. Die Dienerin eilte fort. Fürstin Ágnes blieb in ihrem Schlafzimmer allein. Sie setzte sich genau in die Mitte des Sofas, das sich den Fuß des französischen Betts entlangzog. Von diesem Möbelstück aus regierte sie ihre Familie. Hier pflegte sie Platz zu nehmen, wenn ihr Mann oder die Kinder Ärger verursacht hatten. Sie wurden bei solcher Gelegenheit hierher zitiert, um vor ihr zu erscheinen. Bestimmt wählte sie stets denselben Ort ohne Vorsatz; doch vielleicht spürte sie, dass es ihre Autorität betonte, wenn sie steif in der Mitte saß, die Atlaswüste des langen Sofas rechts und links zur Seite. Der Angeklagte ihr gegenüber konnte dagegen nur auf einem leichten Stuhl Platz finden, allenfalls stehen oder vor ihr auf und ab gehen, sie aber befand sich in dieser zentralen und unzugänglichen strategischen Stellung unbedingt im Vorteil.
Sie wartete. Dabei vergegenwärtigte sie sich, wie zielbewusst sie daran gearbeitet hatte, die Verheiratung ihrer Stieftochter mit dem jungen Montorio in die Wege zu leiten. Sie zählte für sich auf, dass sie schon im Frühjahr, vor der Derbysaison, als sie zu den Bällen nach Wien gefahren waren, mithilfe einer Freundin die Idee gegenüber der Mutter des Principe hatte andeuten lassen. Ferner, dass sie auch die so schön gelungene Gardenparty im Park des Palais Kollonich veranstaltet
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