Die Schuld der Väter (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
angeln«, sagte er. Er fing an zu grinsen, ließ es dann sein und ging hinaus.
Ich rief noch mal in Perry LaSalles Kanzlei an.
»Ist Perry schon zurück?«, fragte ich.
»Er ist zurzeit in einer Konferenz. Soll ich ihm noch eine Nachricht hinterlassen?«, sagte die Sekretärin.
»Nur keine Umstände. Ich erwische ihn ein andermal«, sagte ich.
Dann besorgte ich mir einen Streifenwagen und fuhr zu Perrys Kanzlei, bevor er mir wieder entwischen konnte. Ich setzte mich auf das Sofa unter der in einem Glaskasten aufgehängten konföderierten Kriegsflagge, nahm mir eine Zeitschrift und las etwa eine halbe Stunde lang. Dann hörte ich Schritte, blickte auf und sah Sookie Motrie und zwei bekannte Kasinoinhaber aus New Orleans und Lake Charles die mit Teppichboden belegte Treppe herunterkommen.
Die beiden Glücksritter sahen aus wie Pat und Patachon. Der eine war groß und stattlich, hatte ein kantiges Kinn, grobporige Haut und Fingerknöchel wie Vierteldollarmünzen. Sein Freund dagegen war zu kurz geraten, feist, hatte einen Bauch, der wie ein nasser Zementsack herunterhing, und sprach laut und schrill, mit einem Jersey-Akzent, der so klang, als würden einem Glassplitter ins Ohr getrieben.
»Das ist der Mann, der meine Doppelflinte ins Wasser geschmissen hat«, sagte Sookie und zeigte auf mich. »Allen Ernstes, er hat sie ins Wasser geschmissen. Wie ein Besoffener.«
Ich legte die Zeitschrift aufs Knie und schaute sie alle drei an.
»Nur eine kleine Warnung, was Sookie angeht«, sagte ich. »Vor etwa zehn Jahren musste er mit der Rettungsschere aus seinem zu Schrott gefahrenen Auto geschnitten werden. Drei Chirurgen im Iberia General haben die ganze Nacht lang gearbeitet und ihm das Leben gerettet. Als er die Rechnung bekam, wollte er sie nicht bezahlen. Ein Anwalt rief ihn an und versuchte an sein Gewissen zu appellieren. ›Ich bin keine zehntausend Dollar wert und bezahl auch nicht so viel‹, hat Sookie ihm erklärt. Das war das einzige Mal, jedenfalls soweit sich hier in der Gegend irgendwer erinnern kann, dass Sookie die Wahrheit gesagt hat.«
»Sie sind Polizist?«, sagte der zu kurz geratene Glücksritter.
»Hat euch das etwa Sookie erzählt«, sagte ich und lachte, nahm dann meine Zeitschrift wieder zur Hand und las weiter.
Aber als ich den dreien hinterherschaute, zusah, wie sie hinausgingen, sich wie harmlose Touristen umblickten, die Bäume und die alten Häuser entlang der Straße bestaunten, wusste ich wohl, dass man mit schlauen Sprüchen gegen Habgier und Profitstreben nicht ankam, dass man nichts ausrichten konnte gegen die politischen Verhältnisse in dem Staat, in dem ich geboren war, einem Staat, in dem so gut wie alles käuflich war.
Ich stieg die Treppe zu Perrys Büro hinauf.
»Wollen Sie im Bezirk Iberia Kasinos aufbauen?«, sagte ich.
»Nein, die hiesige Bevölkerung hat dagegen gestimmt«, antwortete Perry, der hinter seinem Schreibtisch saß.
»Warum sind dann diese Typen in der Stadt?«
»Eigentlich geht Sie das ja gar nichts an, aber in Lafayette gibt es ein paar Leute, die der Meinung sind, dass sich nicht nur in den Bezirken an der texanischen Grenze Spielsalons ansiedeln sollten«, erwiderte er.
»Spielsalons. Ein klasse Ausdruck. Sie sind wirklich bodenlos, Perry. Ich war heute Morgen bei Ladice Hulin. Sie haben Tee Bobby erzählt, dass Legion Guidry sein Großvater ist, und zwar am gleichen Tag, an dem Amanda Boudreau ermordet wurde. Er kam nach Hause, außer sich vor Wut, hat seine Schwester ins Auto geladen und sich auf die Suche nach Jimmy Dean Styles begeben. Sie haben das alles von Anfang an gewusst. Aber Sie lassen Tee Bobby eher durch die Giftspritze sterben, als dass Sie zusehen, wie die Leichen, die Ihre Familie im Keller hat, ans Tageslicht geholt werden.«
Reglos saß er da, in seinen weichen schwarzen Ledersessel eingesunken. Er trug einen cremefarbenen Anzug und ein himmelblaues Hemd mit offenem Kragen. Schürzte die Lippen, als saugte er an seinem Gaumen, sodass sich jede Falte an seinem Hals abzeichnete, hatte die Hände leicht gekrümmt auf die Sehreibunterlage gestützt, und er stierte wutentbrannt vor sich hin.
Seine Stimme klang belegt, als er wieder das Wort ergriff, so als hätte er einen Kloß im Hals.
»Ich weiß nicht, was Sie reitet, aber anscheinend müssen Sie mich jedes Mal abkanzeln, wenn wir uns begegnen«, sagte er. »Offensichtlich kann ich mit Ihnen nicht über meine Mandanten sprechen. Aber da Sie mich persönlich angegriffen haben,
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