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Die Schuld der Väter (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Die Schuld der Väter (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Die Schuld der Väter (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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meisten aus der Arbeiterklasse stammenden Menschen in New Orleans sprach er mit einem Tonfall und Dialekt, die eher nach Brooklyn als nach dem tiefen Süden klangen.
    »Weil er nichts mit dem Tod Ihrer Tochter zu tun hat«, erwiderte ich.
    »Aha? Wie viele Leute habt ihr denn hier in der Gegend, die zu so was fähig sind?«, sagte er. Er reckte das Gesicht hoch, als er sprach, sodass seine unteren Zähne vorstanden wie ein Raubfischgebiss.
    »Damit befassen wir uns gerade, Partner«, sagte ich.
    »Der junge Schwarze heißt Hulin. Bobby Hulin. Er wohnt irgendwo auf einer Insel.«
    »Richtig. Und Sie halten sich von ihm fern.«
    Er beugte sich über meinen Schreibtisch und drückte die Fäuste in den Tintenlöscher. Sein feuchter Atem schlug mir entgegen, ranzig und rauchgeschwängert, wie der Geruch, der einem frisch geöffneten Fettfang entweicht.
    »Meine Frau ist letztes Jahr an Leukämie gestorben. Linda war mein einziges Kind. Ich hab nicht mehr viel zu verlieren. Haben Sie mich verstanden?«, sagte er.
    »Reden Sie nicht so mit Leuten, die auf Ihrer Seite stehen«, sagte ich.
    »Ihr könnt froh sein, dass ich nicht mehr so wie früher bin.«
    »Ich bringe Sie zum Ausgang«, sagte ich.
    »Verarsch dich selber«, erwiderte er.
    Und so ging ich stattdessen zum Wasserspender auf dem Korridor, sah zu, wie Joe nach vorn ging, und wollte dann nach meiner Post schauen.
    Aber die Sache war noch nicht ausgestanden.
    Perry LaSalle war gerade in die Dienststelle gekommen. Joe Zeroski fuhr herum, als er hörte, wie Perry dem Diensthabenden seinen Namen nannte.
    »Sind Sie der Anwalt von diesem Hulin?«, fragte er.
    »Ganz recht«, erwiderte Perry.
    »Fühlen Sie sich wohl dabei, wenn Sie einen Abartigen, der junge Frauen umbringt, wieder freikriegen?«, fragte Joe.
    »Sieht so aus, als ob ich den falschen Zeitpunkt erwischt habe«, sagte Perry.
    »Linda Zeroski war meine Tochter. Wenn ich rausfinde, dass Sie den Scheißkerl rausgeholt haben, der meine Tochter totgeschlagen hat ...«
    Er brachte den Satz nicht zu Ende. Im nächsten Moment schoss ihm das Wasser in die Augen, dann fuhr er sich mit dem Unterarm über den Mund und starrte blicklos vor sich hin. Draußen schellte die Glocke am Bahnübergang und verhallte auf der menschenleeren Straße.
    Wally, unser gut drei Zentner schwerer, unter Bluthochdruck leidender Diensthabender in der Telefonzentrale, unterbrach seine Arbeit, schob die Hornbrille in das Lederfutteral, legte es auf den Schreibtisch und trat ins Foyer. Clete Purcel, der ein Hawaiihemd trug, in dessen Brusttasche sein nasser Kamm steckte, stand an der Anmeldung, hatte seinen hellblauen Porkpie-Hut schräg nach vorn geschoben und rührte sich nicht von der Stelle. Er klemmte sich eine Lucky Strike in den Mundwinkel und klappte sein Zippo auf, schlug aber den Feuerstein nicht an.
    »Kommst du klar, Joe?«, fragte Clete.
    Joe starrte Clete an; sämtliche Adern an seinen Schläfen pochten.
    »Was, zum Geier, machst du denn hier?«, fragte er.
    In diesem Augenblick wollte Perry zum Büro des Sheriffs weitergehen. »Mein tiefstes Beileid, Sir«, sagte er.
    Er streifte versehentlich Joes Arm.
    Joe schlug aus dem toten Winkel zu und verpasste ihm einen mörderischen Kinnhaken, der Perrys Kopf herumriss, dass sein Speichel bis an die Wand flog. Landete dann einen weiteren Treffer unter dem Auge und einen dritten auf dem Mund, bevor Clete ihn von hinten packte, die mächtigen Arme um Joes Brust schlang, ihn hochhob und mit dem Gesicht voran auf einen Schreibtisch schmetterte.
    Aber Joe bekam einen Arm frei und rammte Clete den Ellbogen an die Nase, dass ihm das Blut über die Backe spritzte. Wally und ich packten Joe, schleuderten ihn erneut gegen den Schreibtisch, traten seine Beine auseinander und drückten ihn mit der einen Gesichtsseite in einen schmutzigen Aschenbecher.
    »Legen Sie die Hände auf den Rücken, Joe! Und zwar sofort!«, sagte ich.
    Dann sank Joe Zeroski, der vermutlich neun Männer getötet hatte, mit zitternden Oberschenkeln auf die Knie, faltete die Hände wie ein Zeltdach über dem Kopf und versuchte die Scham und die Trauer zu verbergen, die ihm ins Gesicht geschrieben standen.

5
    Ich ging mit Perry LaSalle in die Herrentoilette und hielt seine Jacke, während er sich das Gesicht mit kaltem Wasser wusch. Er hatte eine rote Schwellung unter dem rechten Auge, und als er ausspuckte, war sein Speichel blutig.
    »Wollen Sie den Kerl laufen lassen?«, fragte er.
    »Solange Sie keine Anzeige

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